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Video von Occupy-BerlinAuch Polizisten dürfen mitreden

Bei Occupy Berlin wollte der Polizeiführer auch mal was sagen - und er durfte. Die Demonstranten wollten ihn gleich zu ihrem Leiter machen.

Muss in das menschliche Mikrofon eingewiesen werden: Polizeiführer Mansfeld. Bild: Screenshot youtube.com

BERLIN taz | "Ich merke, Sie sprechen's mir nach", sagt Polizeiführer Manske am Sonntag vor dem Bundestagsgebäude. Er will die versammelten Menschen auf der Wiese ansprechen, die sich wie an vielen Orten auf der Welt der kapitalismuskritischen "Occupy"-Bewegung angeschlossen haben. Jeder Satz, den der belustigte Polizist spricht, wird von allen wiederholt.

"Das hier ist kein... Gebet," klärt ihn einer der Anwesenden in kurzen, wiederholbaren Sätzen auf. "Das dient... dass auch die Schwerhörigen... in der letzten Reihe... jedes ihrer wichtigen Worte... verstehen." Polizeiführer Manske verspricht auch in kurzen Sätzen zu sprechen.

Das "menschliche Mikrofon" ist eine New Yorker Erfindung. Dort dürfen die Wall-Street-Besetzer keine elektrischen Geräuschverstärker nutzen, und nutzen deshalb natürliche Verstärkung. Will jemand etwas durchsagen, ruft die sprechende Person "Mic Check", die Umstehenden wiederholen die Worte bis die Aufmerksamkeit aller gesichert ist. Dann wird die Rede Satz für Satz von allen wiederholt.

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Das gilt auch für Polizeiführer Manske, der aber keine Protestrede hält, sondern behauptet, dass auch die Spontandemonstration einen Leiter brauche – fälschlicherweise, wie er den Hinweisen der Berliner Polizei zum Demonstrationsrecht hätte entnehmen können. "Wir sind die 99 Prozent", antworten die Versammelten. "Wollen Sie unser Leiter werden?" "Ich bin doch schon der Leiter der Polizei", gibt er charmant zurück.

Als sich kein Leiter findet, will Polizeiführer Manske die Versammlung auflösen. Doch dann machen die Menschen auf der Wiese ihren Gegenvorschlag: "Wenn Sie die Versammlung, die keine Versammlung ist, auflösen wollen... dann haben Sie sicherlich auch Polizeikräfte... zur Verfügung... uns auf einem Spaziergang zu begleiten... Wir wollen nämlich gerade... alle zusammen... zum Pariser Platz laufen... vor das Brandenburger Tor."

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12 Kommentare

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  • I
    Irre!

    Hat Monty-Python-Qualität. Für mich als bipolare HSP mit ADHS stellt diese neue Massenkommunikationsform ein Werkzeug psychologischer Kriegsführung dar, Stichwort "Gehirnwäsche".

  • W
    Warhead

    @Webmarxist

    Doch...ich werde diskriminiert

    Ich hab adhs und Asperger,und als solcher eine ganz andere Wahrnehmung und Informationsaufnahme,wenn alle alles nachbeten was der Vorquatscher vorquatscht,dann ist meine Birne nach ner Viertelstunde so matschig als hätt ich ein vierstündiges Plenum hinter mir.Und ich behaupte die ganzen NTs...NT steht für neurologisch typisch...haben nach kurzer Zeit keinerlei inhaltlichen Überblick mehr

     

    @Floda Nashir

    Ja,da hast du als Einzelindividuum eben Pech gehabt,da musst du deine Wahrnehmung abstimmen,weisst du,in neoliberalen Zeiten ist auch der Widerstand neoliberal

  • C
    christine

    Auch wenn ich diese Bewegung unterstütze, ist es doch sehr gewöhnungsbedürftig. Ich käme mir erstmal veräppelt vor, als Aussenstehnder.

     

    Was man jedoch so im Hintergrund immer wieder hört, wie ein bisschen abwertend über den Polizisten gesprochen wird. Er ist ebenfalls einer der 99% und macht seinen Job. Wenn er nicht im Dienst wäre, würde er vielleicht sogar mitdemonstrieren. (Kenne ähnliches aus der Verwandtschaft)

  • V
    vic

    "Aber ich bin doch schon Leiter", süß.

  • W
    Webmarxist

    Eine neue Art der Kommunikation klar und verständlich und keiner wird diskriminiert. Denn sie sprechen den Redbnr Ja laut nach ,so dass es jeder versteht.

  • GD
    Geht doch

    "Geht doch !", sagt mein Neffe (20 Monate), wenn er seine Mama kommandiert und diese seinen Weisungen folgt. Lange micht mehr so über einen TAZ-Artikel geschmunzelt.

  • Y
    yolanda

    @ mic check:

    1. war die gruppe vor dem reichstag bisher immer zu groß als dass ein_e sprecher_in allein ausreichend verständlich gewesen wäre,

    2. das human-mic ist einfach, immer und überall anwendbar, verzichtet auf eine präsentationsplattform/ bühne und technik und darüber hinaus sehr viel integrativer als herkömmliche kommunikations- & infostrukturen bei demos/kundgebungen.

    meiner meinung nach sollte es nicht nur eine notlösung darstellen sondern eine neue horizontale form der kommunikation.

  • T
    TheRedAgent

    Human mic ist super, so können nicht einzenlne personen ihre meinung anderen aufzwingen, wenn man nicht mit dem eins ist was der sprecher sagt wiederholt man es nicht. In sofern ist es sogar ein demokratisches instrument

  • MC
    mic check

    Lots of laughing. Ich finde dieses human microphone ist wirklich nur eine Notlösung, wenn man sonst keine Technik zur Verfügung hat. Es hat auch was albernes, besonders bei kleinen Gruppen, bei denen ein Sprecher problemlos auch so verständlich ist. Man sollte daraus keinen Kult machen. Ich muss da auch immer an das Leben des Brian denken: "Ihr seid alle Individuen!" "Wir sind alle Individuen!" "Ich nicht!" etc. Nützlich ist es nur in einigen Situationen.

  • M
    mirantes

    Mich würde immer noch eine Stellungnahme der Polizei dazu interessieren, warum die Versammlung am Samstag (15.10.) vor dem Reichstag aufgelöst wurde. Es wurde argumentiert, dass es sich um eine Bannmeile (=befriedeter Bezirk handle). Im "Gesetz über befriedete Bezirke für Verfassungsorgane des Bundes" heißt es jedoch: "§3 (1) Öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge innerhalb der nach § 1 gebildeten befriedeten Bezirke sind zuzulassen, wenn eine Beeinträchtigung der Tätigkeit des Deutschen Bundestages und seiner Fraktionen, des Bundesrates oder des Bundesverfassungsgerichts sowie ihrer Organe und Gremien und eine Behinderung des freien Zugangs zu ihren in dem befriedeten Bezirk gelegenen Gebäuden nicht zu besorgen ist. Davon ist im Falle des Deutschen Bundestages und des Bundesrates in der Regel dann auszugehen, wenn die Versammlung oder der Aufzug an einem Tag durchgeführt werden soll, an dem Sitzungen der in Satz 1 genannten Stellen nicht stattfinden. Die Zulassung kann mit Auflagen verbunden werden."

    Meinem Wissen nach fand am Samstag, den 15.10. gegen 22 Uhr keine Sitzung des Bundestages statt.

    Die Polizei möge sich in Zukunft bitte vorab informieren, wie der gesetzliche Status quo aussieht und dementsprechend FRIEDLICH handeln. Die Aktionen am Samstag (Diebstahl von Essen im Wert von rd. 300 Euro, Diebstahl von Isomatten, Decken, Schlafsäcken, Einsatz von Pfefferspray, gewaltsames Bugsieren, etc.) waren einfach nur traurig mitanzusehen und einer DEMOKRATIE unwürdig. Wessen Rechte verteidigt ihr eigentlich?

  • E
    emil

    schon blöd, wenn man der schlange nicht einfach den kopf abschlagen kann :)

     

    da stolpert die bürokratie aber ganz erheblich!

  • FN
    Floda Nashir

    Entschuldigt mal, aber ich als Schwerhöriger verstehe überhaupt gar nichts mehr, wenn so viele Leute durcheinander reden.