piwik no script img

Unsterbliches VerlangenDer Urnen-Dildo

Die Trauer um den verblichenen Liebsten kann auch freudvoll sein. Um intime Momente nachzuerleben, gibt es jetzt den Urnen-Dildo.

Die konventionelle Urne (Bild) hat Konkurrenz bekommen. Bild: dpa

„21 Gramm“ ermöglicht eine ganz neue Form der Erinnerungskultur. Das Produkt des niederländischen Designers Mark Sturkenboom sieht aus wie eine Schmuckschatulle. Der Inhalt soll „die verschiedenen nostalgischen Momente vereinen“, die man mit dem verstorbenen Partner verbindet.

Und das funktioniert so: Ein Flakon samt Zerstäuber verströmt den vertrauten Duft des Verblichenen, via anschließbarem iPhone umschmeichelt durch vergissmeinnicht-förmige Lautsprecher der gemeinsame Lieblingssong das Ohr. Aber das ist noch nicht alles. Um größtmögliche Intimität herzustellen, liegt in der Mitte der Schatulle ein transparenter Dildo. In dem Dildo befindet sich eine goldene Kapsel, und in der Kapsel ist die Asche des Dahingeschiedenen.

Mit dem Produkt könne man „den Moment, in dem er ihr den Ring gegeben hat, wiedererleben“. Während man sich einen Urnen-Dildo einführt? Weiter ist auf der Webseite des Herstellers zu lesen: Es „ermöglicht ihr eine intime Nacht mit ihrem Sweetheart“. Warum eigentlich nur „ihr“?

21 Gramm entsprechen laut Duncan MacDougall dem Gewicht der menschlichen Seele. Der US-Arzt wog 1907 mehrere Sterbende. Direkt nach dem Eintritt des Todes wogen diese 21 Gramm weniger. Beweis genug. Mit dem Urnen-Dildo erlebt man also „intime Momente“, indem man sich die Seele des Verblichenen einführt. Erinnerungskultur 6.0.

Die Schatulle ist übrigens abschließbar. Der goldene Schlüssel wird an einer Halskette geliefert – damit sich niemand anderes mit dem „Sweetheart“ vergnügt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • 9G
    970 (Profil gelöscht)

    Dass das ein Kunstwerk ist, welches nicht in Serie produziert wird, sollte man schon irgendwie erwähnen - oder macht das den Artikel kaputt?

  • Ganz schön schräg, geht vll noch schräger; Ein Plastinat des originalen "Körperteils" verleiht dem ganzen Ritual vielmehr Authentizität. Oh Mann(Frau)....

    • @lions:

      dieses Plastinat gibt´s. Sah ein entsprechendes Set zur Herstellung eines solchen vor einer Weile in einem dieser einschlägigen Shops.

      • 9G
        970 (Profil gelöscht)
        @Jaehn:

        Ich denke, Anamolie meinte ein Plastinat im Sinne der "Körperwelten". Igitt.