Umstrittene M*Straße in Berlin: Eine Feier für die Umbenennung
Am Humboldt Forum freuen sich etwa 300 Menschen, dass die M*Straße in Mitte bald Anton-Wilhelm-Amo-Straße heißen soll. Ein Etappenziel.
Namen klingen über den Platz vor dem Humboldt-Forum. Es sind Namen von Todesopfern rassistischer Gewalt, die eine Frau, inmitten einer Ansammlung von Menschen, voller Ernst und voller Ärger, ins Mikrofon spricht.
Das Umbenennungsfest für die M*Straße in Berlin-Mitte, auf dem die Künstlerin spricht und zu dem insgesamt etwa 300 Menschen gekommen sind, jährt sich zum siebten Mal. Doch es ist das erste, das tatsächlich die Änderung des mit Kolonialismus und Rassismus belasteten Straßennamens feiern darf. Denn die Straße soll zukünftig Anton-Wilhelm-Amo-Straße heißen. So entschied die Bezirksverordnetenversammlung am Donnerstag.
Amo, der erste Gelehrte afrikanischer Herkunft in Deutschland, wurde 1703 im heutigen Ghana geboren. Als versklavtes Kind wurde er nach Europa und an den Hof in Braunschweig-Wolfenbüttel gebracht. Dort wiederum wurde Amo gefördert und studierte an der Universität Halle. Später wurde er Rechtswissenschaftler und Philosoph, der den Sklavenhandel kritisierte und für illegal erklärte.
Die Umbenennung, die auch die U-Bahnstation M*Straße betrifft, setze ein wichtiges Zeichen, so eine Demonstrantin. Über fast 30 Jahre lang sei dafür gekämpft worden. „Es ist etwas sehr Verletzendes und Triggerndes, an der Haltestelle vorbei zu fahren und zu merken, wie normal es insbesondere für viele weiße Menschen ist, den Begriff zu verwenden“, sagt sie auf dem Fest im Lustgarten, wo es gleichzeitig um Kritik am Gesamtkonzept des Humboldt Forums gehen soll.
Man erwartet Klagen
Hinter dem ausdauernden Einsatz für eine Umbenennung der M*Straße steht das Bündnis „Decolonize Berlin“. Einer der Organisatoren, der ebenfalls auf der Kundgebung spricht, freut sich über die Änderung des Straßennamens, weist aber auch darauf hin, dass jetzt noch ein politischer Prozess folgen werde. Man erwarte Klagen von Anwohner*innen. Es wird noch dauern, bis die M*Straße tatsächlich aus dem Berliner Stadtbild verschwunden ist.
Auf der Kundgebung zur Umbenennung der M*Straße kommt außerdem die Menschenrechtsaktivistin Elisabeth Kaneza zu Wort. „Auch in Deutschland stellen wir fest, dass der Rassismus nicht plötzlich mit der Abschaffung der Versklavung geendet hat.“, sagt Kaneza. Mit der Umbenennung sei zwar ein wichtiges Etappenziel erreicht.
„Dennoch möchte ich auch zur Zurückhaltung aufrufen“, meint sie, als Applaus und Jubel darüber verebbt sind. Denn trotzdem ende das koloniale Erbe nicht, sagt Kaneza. Es brauche weiterhin Konfrontation und kritische Begleitung. „Wir müssen dafür einstehen, dass Schwarze Leben nicht erst zählen, wenn sie ausgelöscht sind.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen