Ukrainische Rechtsextreme protestieren: Rücktritt des Innenministers gefordert
Die Regierung überlegt ein Verbot des „Rechten Sektors“. Der wiederum will Arsen Awakow aus dem Amt jagen. Die Maidan-Allianz zerbröckelt.
BERLIN taz | Der Ton zwischen dem vor einer Woche als Partei registrierten ultranationalistischen „Rechten Sektor“ und der ukrainischen Regierung verschärft sich. Am Freitag forderten 1.000 Demonstranten des Rechten Sektors vor dem Kiewer Parlament den Rücktritt des Innenministers Arsen Awakow.
Sie werfen den Behörden vor, sie hätten Alexander Musytschko, einen Koordinator der Gruppe in der Westukraine, gezielt ermorden lassen. Die Leiche Musytschkos war Anfang der Woche in der Nähe der westukrainischen Stadt Riwne gefunden worden.
Nach Darstellung des Innenministeriums habe Musytschko bei einem Festnahmeversuch selbst das Feuer auf die Beamten eröffnet und sei bei der Schießerei tödlich verletzt worden. Der Rechte Sektor fordert die Aufklärung der Todesumstände. Innenminister Awakow kündigte an, alle Dokumente und Videoaufnahmen zu dem Fall zu veröffentlichen.
Bereits am Donnerstag Abend hatte der Rechte Sektor gemeinsam mit Maidan-Aktivisten vor dem Parlament demonstriert. Einige der rund 2.000 Demonstranten versuchten ins Innere des Parlaments zu gelangen, Scheiben gingen zu Bruch. Die Demonstranten verließen den Platz erst, als der Vizesprecher des Parlaments, Ruslan Koschulinski, verkündete, ihre Forderung nach dem Rücktritt Awakows ernst zu nehmen und eine Aufklärung des Mordes an Musytschko versprach.
Krawtschuk gegen ein Verbot
Während eines Treffen mit dem Vorsitzenden des Nationalen Sicherheits- und Verteidiungsrates, Andrij Parubij, und dem Fraktionsvorsitzenden der Swoboda-Partei, Oleg Tjagnibok, verkündete Innenminister Arsen Awakow, er wolle den Rechten Sektor verbieten lassen. Parubij stimmte zu, Tjagnibok äußerte sich nicht.
Leonid Krawtschuk, von 1991 bis 1994 erster Präsident der Ukraine nach der Unabhängigkeit, sprach sich derweil im Interview mit dem russischen Oppositionssender TV Doschd gegen ein Verbot des Rechten Sektors aus. Er befürchtet, die Gruppe werde nach einem Verbot in den Untergrund abwandern. Mitglieder des Rechten Sektors hatten sich während der Maidan-Proteste bei der militanten Verteidigung des Platzes hervorgetan.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird