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UN-Chef über Krieg in Syrien„Symbol unseres Versagens“

Seit mehr als vier Jahren wird in Syrien getötet. Einen Schuldigen hat UN-Generalsekretär Ban ausgemacht: Die Vereinten Nationen – wegen unterlassener Hilfeleistung.

Tägliche Zerstörung: Aleppo kurz nach einem Bombenangriff im Juni. Foto: reuters

New York dpa | In Syrien sind seit Ausbruch der Gewalt vor gut vier Jahren nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als 250.000 Menschen ums Leben gekommen. „Mindestens eine Viertelmillion Syrer wurde getötet“, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am Mittwoch vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. „Nach mehr als vier Jahren des Tötens ist der Syrien-Konflikt ein beschämendes Symbol unserer Spaltung und unseres Versagens“, sagte Ban. „Ich bin tief enttäuscht, dass die Resolutionen dieses Rates nicht umgesetzt wurden.“

Der Syrien-Konflikt begann im März 2011 mit der Niederschlagung friedlicher Proteste durch das Regime in Damaskus. Mehrere Resolutionen zu Syrien waren trotz großer Mehrheit im Sicherheitsrat gescheitert, weil Russland jedes Mal sein Veto eingelegt hatte.

„Fast die Hälfte der Syrer, zwölf Millionen Männer, Frauen und Kinder, wurden aus ihren Häusern vertrieben.“ Die Menschen seien Giftgas, Fassbomben und anderen geächteten Waffen ausgesetzt. „Und der Konflikt hat terroristische Gruppen wachsen lassen, nicht nur in der Region selbst.“ Der Konflikt sei eine klare Bedrohung für den internationalen Frieden.

UN-Sondervermittler Staffan de Mistura kündigte an, regionale Arbeitsgruppen in Syrien einsetzen zu wollen. Die sollten auf lokaler Ebene mit den kämpfenden Parteien verhandeln und die Waffenstillstandsvereinbarungen von Genf umsetzen.

Die Arbeitsgruppen sollen vier Bereiche ansprechen: Sicherheit und Zugang zu Menschen in Not, politische Fragen, Fragen des Militärs und der Terrorismusabwehr sowie regionale Entwicklung. Damit will De Mistura der Friedensinitiative neuen Schwung geben.

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5 Kommentare

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  • Man hat 2003 G.W.Bush sogar mit Hitler verglichen, weil er damals im Irak Saddam stürzte und demokratische Wahlen ermöglichte. Man warf ihm die 165.000 Opfer zwischen 2003 und 2008 vor, obwohl die meisten davon durch die Kämpfe zwischen Sunniten und Schiiten starben.

    In Syrien wollte niemand militärisch eingreifen, selbst wenn Russland den UN-Sicherheitsrat nicht erneut blockiert hätte. Obama verriet sogar seine "Roten Linien", selbst als Assad Giftgas einsetzte. Man sieht nach wie vor tatenlos zu, wie inzwischen eine Viertelmillion Opfer des Bürgerkrieges wurden, wie 6 Millionen Syrer um ihr Leben flüchten und wie eine ganze Region im Blut versinkt,

    Vor allem auch die Medien sollten sich nach ihrer Mitschuld fragen. Während im Irakkrieg fast täglich kritisch über jedes Opfer der US-Angriffe berichtet wurde, sind die Opfer in Syrien kaum noch einer Meldung wert - selbst wenn verbotene Waffen wie Splitterbomben oder Chlorgas Zivilisten töten.

    Es ist Krieg und keiner interessiert sich dafür.

    • @Richard Kotlarski:

      Ja, die Medien haben in jedem Fall eine Mitschuld. Man beachte die Sprachwandlung beim Spiegel. Vor ein paar Jahren noch waren es "Assads Schärgen". Heute sind es Regierungstruppen.

       

      Eine neutrale Berichterstattung von Kriegsschauplätzen gibt es in Deutschland nicht. Entweder Pro oder Contra. Mir fehlt da die sachliche Analyse.

    • @Richard Kotlarski:

      Sorry, aber dem völkerrechtswiedrigen amerikanischen Überfall auf den Irak irgend etwas positives abzugewinnen fällt mir schwer, sehr schwer. Demokratie im Irak? Da sollten Sie besser noch einmal genauer hinschauen. Und bei der Gelegenheit vielleicht gleich noch einen Blick nach Lybien und Afganistan werfen. Alles gescheiterte Versuche mit Waffengewalt "demokratische Verhältnisse" zu schaffen. Vielen Dank dafür!

       

      Übrigens hat Hitler für den 2.WK eine Lüge als Kriegsgrund benutzt (Beschuss durch Polen). Und im Irak?

    • @Richard Kotlarski:

      Ich kann verstehen, dass Sie wütend sind. Ich bin auch wütend. Sehr, sehr wütend.

       

      Anders als Sie glaube ich allerdings nicht, dass Gewalt mit noch mehrt Gewalt gestoppt werden kann. Mit meiner Meinung bin ich nicht allein. Leider gibt es ziemlich viele sehr einflussreiche Menschen, die genau die gegenteilige Ansicht vertreten. Und diese Leute sind nicht bereit zur Zusammenarbeit mit denen, die Gewalt als Mittel zur Konfliktlösung ablehnen. Das ist der eigentliche Grund für das Versagen der Vereinten Nationen: Sie haben bisher keinen Weg gefunden, mit denen, die Gewalt für ein legitimes Mittel zur Durchsetzung von Interessen halten, umzugehen. Wer keine Kriege führen will gegen Leute, die genau darauf schwören, der hatte bisher einfach keine Chance.

       

      Manchmal frage ich mich ernsthaft, wie viele Menschen noch sterben müssen, bevor die Waffennarren genug haben vom Sterben und vom Töten. Der letzte große Krieg (65 Millionen Tote, davon die Hälfte Zivilisten) scheint irgendwie schon viel zu lange her zu sein.

       

      Es war Krieg und keiner interessiert sich mehr dafür. Auch Sie nicht, scheint mir.

      • @mowgli:

        Marieluise Beck sagte anlässlich des Jugoslawienkrieges:"Auschwitz wurde von Soldaten befreit".

        Krieg ist eine Katastrophe und doch manchmal unumgänglich, um eine noch größere Katastrophe zu beenden.