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Solarmodulhersteller vor dem AusSolarworld stellt Insolvenzantrag

Schon länger kämpft Solarworld mit sinkenden Preisen für Solarmodule und einer bedrohlichen Klage in den USA. Nun will die Firma Insolvenz anmelden.

Geht nichts mehr? Solarworld-Firmengebäude in Bonn Foto: dpa

Bonn dpa | Der Solarmodulhersteller Solarworld AG will Insolvenz anmelden. Der Vorstand sei zu der Überzeugung gelangt, dass „keine positive Fortbestehensprognose mehr bestehe, die Gesellschaft damit überschuldet sei und somit eine Insolvenzantragspflicht bestehe“, teilte das Bonner Unternehmen am Mittwoch in einer Pflichtmitteilung an die Börse mit.

Der Vorstand werde vor diesem Hintergrund unverzüglich einen Insolvenzantrag beim zuständigen Amtsgericht stellen, kündigte das Unternehmen an.

Solarworld kämpft mit stetig sinkenden Preisen für Solarmodule und einer bedrohlichen Klage in den USA. 2016 gab es tiefrote Zahlen. Der Solarkonzern hatte noch Ende März angekündigt, mit einem scharfen Sparprogramm bis 2019 wieder aus der Verlustzone kommen zu wollen.

Mit dem Abbau von 400 Stellen und zahlreichen Einzelmaßnahmen sollten die Kosten um ein Fünftel verringert werden. Ein Sozialplan wurde an den deutschen Standorten in Arnstadt (Thüringen) und Freiberg (Sachsen) bereits verhandelt. 2016 hatte das Unternehmen unter dem Strich knapp 92 Millionen Euro Verlust ausgewiesen.

Für die Tochtergesellschaften der Solarworld AG werde die jeweilige Insolvenzantragspflicht geprüft, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Das Unternehmen begründete seinen Schritt, Insolvenz beantragen zu wollen, mit dem „aktuellen Geschäftsverlauf“ und „weiter voranschreitenden Preisverwerfungen“.

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12 Kommentare

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  • Die ganze Philosophiererei über das nationale Wesen des Solarmoduls bringt eigentlich kaum weiter. Man kann heute fast alles fast überall herstellen, darunter neben modernen Smartphones, Autos, Eisenbahnen und Flugzeugen eben auch hochperformante (und für den globalen Klimaschutz und die Luftqualität in Städten entscheidende) Solarmodule. Lohnkosten spielen in der hochautomatisierten Fertigung eher eine Nebenrolle, Kapitalausstattung, Kapitalkosten und Absatzmarkt dagegen die Hauptrolle. Auch die meisten der großen chinesischen Solarkonzerne sind durch eine offizielle oder inoffizielle Insolvenz gegangen und wurden (teils durch staatliche Banken) rekapitalisiert. Meist hängt es in einem technologisch derart dynamisch fortschreitenden und unvorhersehbaren Markt von einer Kette von Zufällen ab, ob ein Anbieter oder eine Marke überlebt (hat). Bei Solarworld spielte ein zu Boomzeiten bei weltweitem Silizium- bzw. Wafermangel abgeschlossener langfristiger Liefervertrag, der Solarworld verpflichtete, weit über Weltmarktpreis abzunehmen und in Bezug auf den Solarword bereits in mehrere Instanzen vor einem amerikanischen Gericht zu sehr hohem Schadensersatz verurteilt wurde, eine wichtige Rolle. Niemand rekapitalisiert schließlich ein Unternehmen, was zu einer Zahlung von 800 Millionen Dollar verurteilt wurde. Solarworld hatte nach der politisch induzierten Zerstörung des europäischen Marktes vor allem (und diesbezüglich erfolgreich) auf den nordamerikanischen Markt gesetzt. Hohe Absatzzahlen werden daneben aber vor allem in Asien erreicht, wo andere Platzhirsche mit zudem besseren politischen Beziehungen agieren, die man insbesondere für Großprojekte braucht.

    • @Stromrealist:

      anmerken möchte ich, dass man sich in der Sache "Schadensersatz" in Vergleichsgesprächen befand, weil der Prozessgegner auch wusste, dass er nichts von einem Sieg hat, der Solarworld sofort zum Konkursrichter zwingt. Und so war die Lage.

       

      Insgesamt kann man auf diversen Börsenseiten nachlesen, dass die Module von Solarworld weder durch ihre Qualität noch durch ihren Preis besonders hervorstachen. Bessere gibt es aus den USA, billigere aus Asien. Und dass dort billiger produziert wird, sieht man ja auch in allen anderen Bereichen von Produkten für den Endverbraucher, Handy, TV, Kameras - alles mit Technik wird kaum noch in Deutschland hergestellt, Ausnahme das Auto (weshalb es extrem wichtig für die hiesige Wirtschaft ist).

      • @Dr. McSchreck:

        Solarworld hat bestimmt keine schlechten und auch innovative Produkte gemacht (z.B. extrem robuste Doppelglas- und bifaziale Module mit sehr langer Lebensdauer) und hätte beim anstehenden nächsten Generationswechsel der vollautomatisierten Fertigungsanlagen als größter (und einziger) europäischer Fertiger im GW-Bereich hier durchaus in der 1. Liga mitspielen können. Hier geht es schließlich nicht um irgendein elektronisches Gadget, was nach einem Jahr in der Mülltonne landet, sondern um die primäre Energiequelle der Menschheit (so wäre es zumindest mit rational und verantwortlich denkenden Akteuren). GW-Photovoltaik-Fabriken werden, falls die Menschheit sich entscheidet, das Klimaproblem anzugehen und nicht nur darüber zu reden (Ansätze dazu gibt es in vielen Städten, Regionen und Ländern der Welt), weltweit wie Pilze aus dem Boden schießen müssen. Eine Erfahrung beim Aufbau und Betrieb von GW-Fabriken ist demnach ein äußerst wichtiges Know-how für das Überleben der Menschheit. Vielleicht sind ja französische Firmen interessiert, die können sich in Sachen Klimaschutz in den letzten Jahren über mehr Rückenwind ihrer Regierenden freuen.

        • @Stromrealist:

          Wow, der Schritt von "unternehmerisches Versagen" zu "Überleben der Menschheit" war heute mal wieder besonders kurz bei Ihnen...

           

          Wie schon unten gesagt: ein Blick auf die verblüffend niedrigen Forschungsausgaben von Solarworld (und anderen deutschen Unternehmen der Branche) zeigt schon, wo die Probleme lagen.

          • @TurboPorter:

            Beim Vorläufer der Arnstädter Produktion, Bosch Solar E. waren die Foschungsausgaben sehr hoch und noch zu Ende führte dadurch der Hersteller im Segment Monokristallin bzgl Leistungsdichte die Weltrangliste an. Im CZ- Verfahren waren sie absolute Weltspitze und entwickelten sogar eigene Anlagenteile zu den EKZ- Ziehmaschinen. Ursache für das Aufgeben der Produktion war der Preisverfall des Wafers unter 4,50 € das Stück. Da spielten staatl. Subventionen für die chin. Konkurrenz eine große Rolle.

            Auf letzterem Klavier wollte Asbeck auch spielen, aber in D so nicht möglich. Er fror den Entwicklungsstand auf dem Niveau der Firmenübernahme ein- mit allen Folgen.

            Ehemalige Betriebsrätin bei Bosch Solar E.

  • 2G
    21272 (Profil gelöscht)

    Die staatliche Foerderung hat das Unternehmen zu lange in Sicherheit gewogen. Finanzielle Förderungen gegen die ökonomische und technische Vernunft befriedigen in der Regel nur rot-grüne Wunschvorstellungen und verhindern das Ziel der (allgemeinen) Wohlstandsmehrung.

    • @21272 (Profil gelöscht):

      Unsinn. Die Förderung ist schon vor fünf Jahren praktisch ausgelaufen.

       

      2011 erlebte die Branche weltweit eine schwere Krise. Einerseits ein Preisverfall für den Rohstoff Silizium aufgrund großer Überkapazitäten um etwa 80-90% innerhalb weniger Monate, andererseits hoher Konkurrenzdruck und Preisverfall für Module aufgrund massiver Verlagerung von Arbeitsplätzen nach Asien, wo sehr billig produziert werden kann, dank niedriger Lohnkosten, fehlender Umweltstandards und zusätzlicher hoher staatlicher Subventionierung. Gerade die Konkurrenz aus China betreibt auf dieser Basis eine aggressive Preispolitik.

       

      Die unerwartete Kürzung der EEG-Zulage 2012 spielte da nur eine untergeordnete Rolle, sorgte aber für eine zusätzlich abflauende Nachfrage.

       

      Zudem brachen offenbar chinesische Hacker-Spione in das amerikanische Werk Hillsboro ein, stahlen Unterlagen über ein laufendes juristisches Verfahren wegen unlauterer Geschäftspraktiken und beschafften sich nebenbei vermutlich auch Zugang zu Firmengeheimnissen bezüglich Produktionsverfahren und -techniken.

       

      Der Preisverfall bei Silizium führte dazu, dass SolarWorld aufgrund langfristiger Lieferverträge sehr viel größere Mengen des Rohstoffs abnehmen musste, als verarbeitet werden konnte. Als SolarWorld den Abnahmeverpflichtungen ab 2012 auch wegen der gesunkenen Nachfrage nicht mehr nachkam, wurden sie von einem amerikanischen Zulieferer verklagt und unterlagen in erster Instanz mit ihrer Ansicht, bei Dumpingpreisen sei ein außerordentliches Kündigungsrecht auch in den USA gegeben. Ein Einzelrichter in Michigan verurteilte SolarWorld Ende Juli 2016 zu einer Zahlung von rund 800 Mio US-Dollar. SolarWorld kündigte an, Rechtsmittel dagegen einzulegen.

       

      2014 konnte der angeschlagene Konzern aufgrund eines tiefgreifenden Schuldenschnittes noch einmal ein bilanztechnisches Plus verbuchen. Jetzt stehen rund 3000 Arbeitsplätze vor dem Aus.

       

      Den Preis für den Verlust von Schlüsseltechnologien werden unsere Kinder zahlen.

  • Unbequem...

     

    So ist das mit den grünen Ideen: Sie funktionieren oft nicht. Sie sind meist nicht markttauglich und rechnen sich daher nicht.

    Das ist die un bequeme Wahrheit für die "Grünen"...

    • @Hartz:

      kann man so nicht sagen. Grundsätzlich ist die Herstellung von Solarmodulen ja ein sehr großer Markt. Das Problem ist nur, dass es auch eine relativ primitive Produktion ist, die man im Ausland genausogut hinbekommt - aber günstiger, wegen des Lohnniveaus.

       

      Was man daraus lernen kann - dass in Deutschland das produzierende Gewerbe nur eine Chance hat, wo es um besonders hohe Qualifikation der Mitarbeiter geht oder um lokalen Bezug (ob Bäcker oder TV-Produktionen). Massenware wird im Ausland hergestellt, da kann Deutschland nicht mithalten.

       

      Das sollte man aber auch in allen anderen Politikbereichen im Auge behalten (Zuwanderung, Bildung usw.). Wir brauchen Leute, die wirklich richtig gut sind. Und Bäcker und Handwerker.

      • @Dr. McSchreck:

        Primitive Produktion? Was wissen Sie über diese Technologie?

        Das Problem ist vielmehr, dass diese Hochtechnologie dahin exportiert wurde, von wo aus die deutsche Solarindustrie am Weltmarkt heute attackiert wird. Lohnkosten, hohe Subventionen und Standortvorteile, bzgl Energie und Umweltstandards, wie bspw in China sind da relevanter.

        Stahlkochen ist dagegen sehr primitiv, aber die Lobby scheint noch größer zu sein.

        Und glauben Sie nicht, dass China ein technologisch primitiver Standort ist.

        • @lions:

          Na ja, Massenproduktion halt. Das können die Chinesen (mittlerweile) besser.

           

          Erinnert sich jemand daran, wie vor ein paar Jahren, noch zu Hochzeiten der Solarbranche, einmal die Forschungs- und Entwicklungsausgaben der Industrien aufgezeigt wurden? Schon damals lag die deutsche Solarproduktion ganz hinten mit ihren Investitionen.

           

          Die Kennzahl Forschungsintensität lag bei Solarworld im Schnitt bei 2.8% (https://finanzberichte.heureka.de/solarworld/konzernbericht-2014/konzernlagebericht/wirtschaftsbericht/innovationsbericht/)

           

          Das ist ganz weit unten über alle Branchen.

           

          Ruhte man sich auf den sicher geglaubten Subventionen aus?

           

          Oder ist das ein Indikator für eine sehr reife, d.h. leicht kopierbare, Industrie?

        • @lions:

          Die Arbeiter in einer Solarfabrik müssen keine Ingenieure sein und der Export der Maschinen - die sehr teuer sind - hat natürlich zum "Exportweltmeister" beigetragen. HIER ist Deutschland wettbewerbsfähig, im Maschinenenbau. Endprodukte zusammenbauen ist dagegen nicht so komplex, dass Deutschland da eine Chance hätte.

           

          Das gilt auch für Stahlkochen, hier ist neben der Frage der Qualität des Stahls ein Standortvorteil, dass Stahl sehr schwer zu transportieren ist und daher besser nicht zu weit reisen muss. Trotzdem hat man im internationalen Wettbewerb nicht gerade Marktanteile gewonnen zuletzt.

           

          Ihre Lösung wäre doch wohl nicht, den Maschinenexport zu verbieten. Es hat eben nicht Solarworld die Geschäfte gemacht, sondern die, die die Maschinen bauten.