Simulation: Braune Überraschung
Bei der Bundestagswahl für Kinder und Jugendliche erhält die NPD in Brandenburg zum Teil ein Drittel der Stimmen.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) ist besorgt über das gute Abschneiden der NPD bei einer Testwahl für Kinder und Jugendliche. In Spremberg im Süden Brandenburgs hatte die rechtsextreme Partei bei der simulierten Bundestagswahl vergangene Woche 33,7 Prozent der 95 abgegebenen Stimmen erhalten. Dies sei ein „alarmierendes Signal“, sagte Woidke der Lausitzer Rundschau. Im Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenhass gebe es keine Entwarnung.
In Brandenburg kam die NPD bei der bundesweit simulierten Testwahl auf 5,7 Prozent – das ist etwa doppelt so viel wie bei der letzten richtigen Bundestagswahl 2009. Von den insgesamt gut 483.000 Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahren in Brandenburg gingen 6.671 an die Wahlurnen – das entspricht einer Beteiligung von nur 1,4 Prozent. Allerdings konnte nicht überall gewählt werden.
Brandenburgs Jugendministerin Martina Münch (SPD) äußerte sich beschwichtigend. Den vergleichsweise hohen Zuspruch für Rechtsextreme an einigen Orten bedaure sie sehr, landesweit sei er jedoch zurückgegangen. Bei der vorangegangenen Testwahl für Jugendliche im Jahr 2009 hatte die NPD noch 6,1 Prozent der Stimmen erhalten.
Rechtsextreme Geschichte
Susanne Kschenka vom Mobilen Beratungsteam Cottbus hat das Spremberger Ergebnis nicht sehr überrascht. „Die Stadt hat eine Geschichte, was das betrifft“, sagte sie. „Seit 20 Jahren gibt es hier eine rechtsextreme Szene, die zu den schwierigsten und härtesten zählt.“ Es habe einen Bürgermeister gegeben, der rechte Gruppen gewähren ließ. Der neue Bürgermeister, Klaus-Peter Schulze (CDU), engagiere sich gegen die Szene. Seit den Anschlägen auf die Lausitzer Rundschau im vergangenen Jahr, bei denen das Redaktionsgebäude mit Parolen beschmiert wurde, hätten die Schulen viel zur Prävention von Rechtsextremismus getan.
Das Testwahl-Ergebnis sage allerdings wenig über das spätere Wahlverhalten der Jugendlichen bei Bundestagswahlen aus, sagt Kschenka: „Das lässt sich nicht einfach übertragen.“ Sie merke, „dass es generell bei Schülern viel weniger ein Tabu ist, die NPD zu wählen, als bei Erwachsenen.“
Die NPD macht für das gute Ergebnis ihre gezielte Ansprache von Jugendlichen verantwortlich: „Nicht umsonst widmet die NPD und ihre Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten dieser Gruppe schon seit Jahren eine hohe Aufmerksamkeit“, schreibt die Partei auf ihrer Webseite. Sie verweist dabei auf CDs mit rechtsextremer Musik, die sie vor Schulen verteilt hatte, und Propagandaschriften für Jugendliche.
Martina Weyrauch von der Brandenburgischen Landeszentrale für Politische Bildung sagt, dass es sich bei der Wahl auch um „gezielte Provokation“ der jungen Wähler handeln könne. Zudem sei das Ergebnis nicht repräsentativ – angesichts der sehr niedrigen Wahlbeteiligung. Diese ist jedoch nicht als Politikverdrossenheit zu deuten, sondern auch den Strukturen der Testwahl geschuldet.
Ein Testwahllokal konnten unter anderem Schulen, Sportvereine und Freiwillige Feuerwehren aufstellen, wenn sie sich dafür vorher anmeldeten. In Berlin findet die Wahl bereits seit 1996 statt. Dort gibt es über lange Zeit aufgebaute Strukturen, entsprechend hoch ist die Wahlbeteiligung mit 7,4 Prozent, verglichen mit anderen Bundesländern.
Wachsendes Interesse
Für Brandenburgs Jugendliche sind die 1,4 Prozent Wahlbeteiligung sogar noch gut. Bei der letzten Testwahl vor vier Jahren hatte ein Drittel weniger Kinder und Jugendliche abgestimmt. „Das zeigt, dass das Interesse an Demokratie und Wahlen gewachsen ist“, meint Ministerin Münch.
Die meisten Stimmen in Brandenburg erhielt die CDU, die auf 28,7 Prozent kam. Die Sozialdemokraten erreichten 17,5 Prozent, die Piraten kamen auf 15,6 Prozent, die Grünen auf 12,3 Prozent, die Linke auf 11,3 Prozent.
Bei den Berliner Kindern und Jugendlichen holten die Grünen mit 21,8 Prozent die meisten Stimmen, dicht gefolgt von der SPD mit 20,8 und der CDU mit 20,3 Prozent. Die NPD kam hier nur auf 2,5 Prozent.
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