piwik no script img

Schwarzers feministisches ArchivDer FrauenMediaTurm wackelt

Das Land NRW hatte die Fördermittel für den FMT bereits gekürzt. Ab 2014 werden sie komplett gestrichen. Alice Schwarzer wirft Regierungschefin Kraft Wortbruch vor.

So geht das aber nicht: Alice Schwarzer in Sorge um ihr Archiv. Bild: dpa

KÖLN dpa | Das Bundesland Nordrhein-Westfahlen streicht die bereits deutlich gekürzten Fördermittel für das feministische Archiv FrauenMediaTurm (FMT) von Alice Schwarzer ab 2014 komplett. Das teilte Schwarzer (70) am Donnerstag in Köln mit und warf Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) Wortbruch vor.

Anfang 2012 habe die Regierungschefin die Halbierung der Landesmittel auf 70 000 Euro (für 2012) in einem Brief an die Frauenrechtlerin als notwendig bezeichnet, zugleich aber an die Absicht einer „jeweils hälftigen Finanzierung zwischen Bund und Land“ erinnert. Nun zahle Nordrhein-Westfalen dem bundesweit einzigen feministischen Universalarchiv mit Zehntausenden von Büchern, Zeitschriften und Bilddokumenten ab 2014 aber gar nichts mehr.

Ein Sprecher des Wissenschaftsministeriums sagte auf Anfrage in Düsseldorf, Schwarzer sei über die Entscheidung bereits im März 2013 informiert worden. Mit Blick auf die nötige Konsolidierung des Landeshaushalts sei eine weitere Förderung nicht möglich. Das habe die rot-grüne Regierung auch in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der CDU-Landtagsfraktion im September dargelegt.

Da der FMT auch Fördermittel des Bundes erhalte, könne man die Fördersituation des Archivs als „gut“ bewerten, heißt es weiter in der Antwort. Die Landesregierung weist zudem ausdrücklich darauf hin, dass sie von Anfang an niemals eine Zusage-Garantie für die Zukunft gegeben habe.

Schon Anfang 2012 sah die Kölner Publizistin – Schwarzer ist auch Chefin der feministischen Zeitschrift Emma – das Archiv auf der Kippe, als die Halbierung der Landesfördersumme auf 70 000 Euro (2012) bekannt wurde. Einst hatte der FMT – im Jahr 2008 – noch 210 000 Euro vom Land bekommen. Schwarzer zufolge sind mindestens 250 000 Euro jährlich für das Zentrum erforderlich. Im vergangenen Jahr war Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) mit einer Zusage von je 150 000 Euro für vier Jahre eingesprungen.

Kürzungen bereits seit Frühjahr bekannt

In der kommenden Emma-Ausgabe für November/Dezember heißt es nun, man habe die Hiobsbotschaft aus Düsseldorf zwar bereits im Frühjahr erhalten, das Thema aber aus dem Wahlkampf heraushalten wollen. Deshalb gehe man erst jetzt an die Öffentlichkeit. Mit dem Bund laufen laut Emma bereits Verhandlungen über eine weitere Förderung. Ohne den Bund und die stets eingeworbenen Drittmittel müsse die FMT-Bibliothek schließen.

Schwarzer hatte das Dokumentationszentrum dank langjähriger Millionenförderung von Mäzen Jan Philipp Reemtsma vor knapp 30 Jahren gegründet und seitdem ausgebaut. Seit etwa zehn Jahren ist der FrauenMediaTurm, in dem man Bücher ausleihen oder – nach Anmeldung – vor Ort lesen kann, auf öffentliche Unterstützung angewiesen. Das Archiv ist seit 1994 im mittelalterlichen Bayenturm am Kölner Rheinufer untergebracht, wo auch die Emma ihre Redaktionsräume hat.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

9 Kommentare

 / 
  • Dass Frau Schwarzer den Fortbestand ihrer kleinen FeministInnen-Festung jetzt schon hauptsächlich dem als völlig unfähig geschmähten Hassobjekt Kristina Schröder zu verdanken hat, sollte sie eigentlich vor Scham im Boden versinken lassen. Aber wahrscheinlich wertet sie diese Schmach in der ihr eigenen Bescheidenheit schlicht als Verwirklichung ihres gottgegebenen Rechts auf Meinungsführerschaft (und möglicherweise sogar als verspäteten Kotau von Frau Schröder). Jedem seine Weltsicht...

     

    Wenn nun die weiblich geführte Landesregierung von NRW die Förderung ganz einstellt, sollte frauenpolitisch nicht überbewertet werden. Zwar merkt man auf diese Weise, dass auch linke emanzipierte Frauen mit der schwesterlichen Kameradschaft im Geschlechterkrieg nichts mehr am Hut haben. Aber eigentlich entledigt sich die Landesregierung nur - ziemlich unverhohlen - eines Problems. Sie reicht den Schwarzen Peter endgültig an den Bund weiter, sich mit der berufsmäßigen Anspruchsstellerin aus dem Bayenturm und ihren finanziellen Nöten herumschlagen zu müssen - Föderalismus-Kleinkrieg vom Feinsten, und weiter eigentlich nichts.

  • R
    ridicule

    "…FrauenMediaTurm, in dem man Bücher ausleihen oder – nach Anmeldung – vor Ort lesen kann,…"

    daß Rapunzel dafür weiter ihr Haar herablassen kann,

    fehlts an Kohle? - sach bloß, Alice;

    nix mehr mit - alles Emma - oder was?

     

    tja - das rot-grüne Frauentandem hat wohl etwas genauer hingeschaut als weiland RP Antwerpes.

  • G
    Gast

    Frau Schwarzer könnte endlich mal in Rente gehen.

    Ihr bi-polares Mann/Täter - Frau/Opfer Weltbild behindert einen konstruktiven Diskurs wie nichts anderes.

  • NS
    Na sowas

    Mit dieser Streichung ist ein hoffnungsvoller Anfang gemacht.

  • Ich freue mich, daß die Finanzierung einer männerfeindlichen Ideologie durch Steuergelder endlich beendet wird. Die Verwendung dieser Gelder war wohl keineswegs sauber gestaltet:

     

    "Den meisten Menschen ist Alice Schwarzer eher ein Begriff, wenn es um die Emanzipation in Deutschland geht. In mehreren Artikeln zeigten wir bereits erhebliche Diskrepanzen auf, bei der Förderung mit Steuergeldern. Es geht insgesamt um Millionenbeträge und derer möglicherweise zweifelhaften Verwendung. In den Ministerien gab man sich sehr zugeknöpft, ging es um den FMT und Frau Schwarzer. Wir mussten in einem Fall einen Anwalt einschalten und in einem anderen Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz(IHG) verlangen."

     

    http://gleichstellungdergeschlechter.wordpress.com/2013/01/18/alice-im-wunderland-das-forderlabyrinth-der-frau-schwarzer/

  • Die Streichung der Mittel für den FrauenMediaTurm ist nachvollziehbar. Seien wir ehrlich: Das feministische Archiv war nichts Halbes und nichts Ganzes, untergebracht unter einem mittelalterlichen Dach in Colonia, zusammen mit der EMMA-Redaktion. Meine Idee: Frau könnte eine Art Wiki-Fem gründen, wo Interessierte Zugriff haben auf das Archiv mit vollständiger Transparenz und ständiger Aktualisierung der Beiträge entsprechend dem Stand der soziologischen Forschung. Zweimal im Jahr ruft Alice Schwarzer dann in einem traurigen öffentlichen Brief zu Spenden auf, der nur sehr umständlich weggeklickt werden kann. Aber das wird es wohl schon deshalb nicht geben, weil ein Mann auf die Idee kam...

    • @Christoph Hillmick:

      Da brauchen die Feministinnen nicht mal ein eigenes Wiki. Da können Sie auch die normale deutsche Wikipedia benutzen. Die ist genauso ideologisch unterwandert. Aus diesem Grund ist auch ein Gründungsmitglied der Wikimedia-Deutschland "zurückgetreten":

       

      "Ziel von uns Gründungsmitgliedern der Wikimedia Deutschland war die Förderung freien Wissens, mit besonderem Focus auf die Enzyklopädie Wikipedia. Unser Ziel war es keinesfalls, Pseudowissenschaften wie die sogenannten Gender-Studies mit fünfstelligen Beträgen zu finanzieren, um Vorschläge zu erarbeiten wie innerhalb der Wikipedia-Community Probleme gelöst werden sollten, die keine sind. Im Gegenteil: Wikipedia und Wikimedia waren der Aufklärung verschrieben. Das scheint Geschichte zu sein."

       

      http://ef-magazin.de/2013/10/09/4561-dokumentation-wikipedia

  • WL
    Wo liegt...

    Westfahlen?

    • L
      Leo
      @Wo liegt...:

      In der Nähe soll ja der berühmte Nordrein sein ...