Schachweltmeister Magnus Carlsen: Blutjunger König der Denker
Magnus Carlsen holt sich in Chennai den Weltmeistertitel – eine gute Woche vor seinem 23. Geburtstag. Sein Gegner Anand zeigte Angst.
BADEN-BADEN/CHENNAI taz | Magnus Carlsen bricht weiter Rekorde. Acht Tage vor seinem 23. Geburtstag ist der Norweger nun Schach-Weltmeister geworden. Er deklassierte Titelverteidiger Viswanathan Anand in dessen indischer Heimatstadt Chennai mit 6,5:3,5.
In der zehnten Partie kämpfte Anand noch einmal. Erst als das Brett nach 65 Zügen leergefegt war, fügte sich der 43-Jährige mit einem Remis in das „Ende einer Ära“, wie der frühere Vizeweltmeister Nigel Short twitterte.
Bis zu 200 Millionen Fans verfolgten die Partien via Internet täglich live. Sie sahen, wie sich Anand, gern „Tiger von Madras“ genannt, als arg zahmes Kätzchen erwies. „Sein Hauptproblem war, dass er riesige Angst vor Carlsen zeigte. In der dritten Runde besaß er mit Schwarz einen schönen Vorteil – doch anstatt solch eine Chance zu nutzen, remisierte er“, meint Anands Baden-Badener Bundesligakamerad Arkadij Naiditsch. Als Carlsen dann mit zwei Siegen mit 4:2 in Führung ging, habe Anand „zwei leblose Remis-Partien folgen lassen, anstatt aggressiv zu Werke zu gehen“.
Erst ab Durchgang neun bewies der Weltmeister Kampfgeist. „Ich hatte keine Wahl mehr und musste alles auf eine Karte setzen“, wusste er endlich. Doch eine vermeintlich geniale Opferkombination hatte ein Loch. „Ich hatte riesiges Glück, dass Anand patzte“, gestand Carlsen nach seiner präzisen Verteidigung, die ihm das 6:3 bescherte.
Er ist erst der zweite Herausforderer in der WM-Historie seit 1886, der dem Gegner keinen einzigen Sieg gönnte. Bisher gelang dies nur José Raúl Capablanca 1921 gegen Emanuel Lasker – der Kubaner galt auch als Wunderkind und war ähnlich glamourös wie Carlson.
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