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Regierung konzipiert Zivilschutz neuGedankenspiel mit der Wehrpflicht

Das Papier der Bunderegierung zur zivilen Verteidigung beschäftigt sich nicht nur mit Tipps zur Vorratshaltung. Es thematisiert auch eine reaktivierte Wehrpflicht.

In Reih und Glied Foto: dpa

Berlin dpa | Die Bundesregierung spielt in ihrem neuen Konzept zur zivilen Verteidigung auch Schritte für ein mögliches Wiederaufleben der vor fünf Jahren ausgesetzten Wehrpflicht durch. Das geht aus einem Unterpunkt des Konzepts des Innenministeriums hervor, in dem es um zivile „Unterstützung der Streitkräfte“ für den Fall geht, dass Deutschland etwa im Rahmen von Nato-Einsätzen das Bündnisgebiet an dessen Außengrenzen verteidigen muss. Der vertrauliche Entwurf des Konzepts, das am Mittwoch vom Kabinett verabschiedet werden soll, liegt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor.

In dem Streitkräfte-Passus heißt es unter dem Stichpunkt Post: „Die schnelle und sichere Zustellung von Postsendungen mit besonderer Bedeutung für die Bundeswehr (beispielsweise Einberufungs- und Leistungsbescheide bei Wiederaufleben der Wehrpflicht) wird im Rahmen des Post- und Telekommunikationssicherstellungsgesetzes gewährleistet“.

Auch an die bei einer Wiedereinführung der Wehrpflicht notwendigen Unterkünfte wird gedacht: In diesem Falle entstehe ziviler „Unterstützungsbedarf der Bundeswehr bei Heranziehungsorganisation und Unterbringungsinfrastruktur“. Im Klartext: Zivile Firmen müssten wohl im Rahmen der Musterung und dem Bau oder der Instandsetzung von Kasernen beteiligt werden.

Die Wehrpflicht war zum 1. Juli 2011 nach 55 Jahren ausgesetzt worden, weil die Bundesregierung keine sicherheitspolitische und militärische Begründung dafür mehr sah. Der Pflichtdienst ist aber weiterhin im Grundgesetz verankert und könnte mit einem einfachen Gesetz wieder eingeführt werden. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte erst Ende Juni betont, trotz der Spannungen mit Russland und des islamistischen Terrors sehe sie keinen Grund, die Wehrpflicht wieder einzuführen.

Ziviler Unterstützungsbedarf

In ihrer neuen „Konzeption Zivile Verteidigung“ (KZV) schreiben die Experten, die zivile Seite unterstütze die deutschen Streitkräfte und ihre Verbündeten bei der Herstellung und Aufrechterhaltung der Verteidigungsbereitschaft. Besonderen Bedarf an ziviler Unterstützung sehen die Planer in mehreren Bereichen. Wohl vor dem Hintergrund einer möglichen Cyber-Attacke auf Telekommunikationsunternehmen heißt es etwa, um den Austausch von Informationen abzusichern, seien „geeignete Maßnahmen in Verfügung zu halten, welche die elektronische Kommunikation ersetzen können“. Details werden nicht genannt.

In einem weiteren Unterpunkt heißt es außerdem, im Rahmen bestehender Gesetze sei zivile Unterstützung für die Bundeswehr vorzubereiten, damit die Soldaten ihre Einsatzgebiete erreichen könnten. Als Einzelpunkte möglicher ziviler Hilfe werden die Mitwirkung bei der Lenkung des zivilen und militärischen Straßenverkehrs genannt oder die Bereitstellung von Treibstoffen. Zudem könne es darum gehen, zivile Verkehrsmittel, –leistungen und einrichtungen zur Verlegung der Truppen zur Verfügung zu stellen.

Auch über zivile Hilfe bei der Verpflegung der Soldaten machen sich die Zivilschutzplaner Gedanken. So gebe es bei den Streitkräften „lediglich eine begrenzte Vorhaltung von Verpflegung für die Durchführung von Einsätzen, die eine durchhaltefähige Versorgung der Kräfte der Bundeswehr insgesamt nicht sicherstellt“. Zusätzlicher Bedarf sei bei den Planungen zu berücksichtigen „und über die privatwirtschaftlich organisierte Lebensmittelwirtschaft über den freien Markt zu organisieren“.

Für den Fall, dass eine Versorgung der Soldaten über den freien Markt nicht mehr gewährleistet werden könne, verweisen die Autoren auf einen anderen Punkt des Konzepts. Darin wird festgehalten, dass die Bundesregierung eine Ernährungs-Notfallvorsorge im Krisenfall per Rechtsverordnung sicherstellen können soll. Dabei gehe es unter anderem um „Verfügungsbeschränkungen und Abgabepflichten hinsichtlich des Anbaus, der Verarbeitung, Verteilung und des Verkaufs von Lebensmitteln“ – auf deutsch: eine Rationierung.

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7 Kommentare

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  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Und natürlich mal wieder typisch, dass die Wehrpflicht weiterhin nur für Männer gelten soll und somit einen eglatanten Verstoss gegen die Gleichberechtigung darstellt. Aber so ist das mit der Gleichberechtigung, sie wird nicht ernstgenommen....

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @4845 (Profil gelöscht):

      ...besser gesagt die Gleichberechtigung wird ist nicht ernst gemeint, auch von Seiten derer, die angeblich für diese Kämpfen. Denn Gleichberechtigung kann es nur geben, wenn für beide Seiten nicht nur die gleichen Rechte, sondern auch die gleichen Pflichten gelten!

  • 3G
    33710 (Profil gelöscht)

    Hinter der Trommel her

    Trotten die Kälber

    Das Fell für die Trommel

    Liefern sie selber.

    Der Schlächter ruft: Die Augen fest geschlossen

    Das Kalb marschiert. In ruhig festem Tritt.

    Die Kälber, deren Blut im Schlachthaus schon geflossen

    Marschiern im Geist in seinen Reihen mit. Usw.......... Ein Klassiker stirbt nie

  • Kleine Formulierungshilfe

     

    SINGULARPLURAL

    NOMINATIVder Landsturmmanndie Landsturmmänner

    GENITIVdes Landsturmmannes, Landsturmmannsder Landsturmmänner

    DATIVdem Landsturmmannden Landsturmmännern

    AKKUSATIVden Landsturmmann

     

    Ordentliche Rechtschreibung - Jawoll!

    Sonst geht die Bildung&Alles - im Arsch!

    Muß sein!

     

    Quelle:http://www.duden.de/rechtschreibung/Landsturmmann

     

    & Ab geht die Post!

    La Tuffa Uschi v.d. Lie-ing steht ihren Mann!

    &Schreitet mit FrozenThomas SeitanSeit - Voran!

    Zum Weltmarsch alles prima aufgestellt -

    Bisses in die bekannten Scherben fällt!

  • Das haben sie ja gleich gesagt, die Kritiker der Wehrpflicht-Aussetzung! Das war noch nie das Ende der Geschichte. Es war nur ein erforderlicher Zwischenschritt.

     

    Nach 1945 hieß es noch, es solle "nie wieder eine Waffe in die Hand eines Deutschen" gelangen. Dann hieß es, Deutschland läge an der Außengrenze der Freien Welt und müsse sich notfalls verteidigen können gegen das Böse. "Der Westen" hat also der Wiederbewaffnung zugestimmt. Unter der Bedingung, dass die deutschen Militärs, die ja oft ne Geschichte hatten, von "Bürgern in Uniform" in Schach gehalten werden. Das haben sie auch brav getan Jahrzehnte lang. Sie hatten halt die Schnauze voll vom Großmacht sein. Dann ist der Ostblock eingegangen. Die Kriegserfahrenen sind weggestorben und Deutsche, die sich irgendwie zu klein vorkamen, haben "ihr" Land zu einer Mittelmacht erklärt. Als solche musste Deutschland eine Freiheit, die nicht seine war, sogar am Hindukusch verteidigen - was die Bevölkerung daran erinnert hat, dass Krieg nicht unbedingt ein Spaß sein muss. So viel Genöle hat den Generälen nicht gefallen. Sie wollten keine Bürger mehr in "ihren" feschen Uniformen. Sie wollten brave Untergebene. Die Wehrpflicht wurde also ausgesetzt. Freiwillige nach vorn. Hat so nicht wirklich gut geklappt. Nicht mal die wenigen willigen Frauen konnten die vielen unwilligen Männer ersetzen, die lieber nicht Krieg spielen wollten. Mit einer Restarmee jedoch lässt sich schlecht Mittelmacht behaupten. Jetzt, wo der Auslandseinsatz halbwegs "angekommen scheint in der Gesellschaft, die ihn früher ausgesprochen kritisch sah (auch Stalingrad war Ausland, wir erinnern uns), soll es wieder der Bürger richten. Er hat nun einen neuen Feind, der fast noch schlimmer als "der Russe" ist (den er zusätzlich hat). Der Moslem steht wieder vor Wien. Zumindest saß er in der Budapester U-Bahn fest.

     

    Nun also "Gedankenspiele". Woll'n doch mal seh'n, wie tief die Abneigung noch sitzt. Ich bin wirklich gespannt.

    • @mowgli:

      's Mowgli - hat all wieder recht -

       

      Landmänninen Landmänners Landmannfrau

      Seit wenigstens diesesmal was schlau!

       

      Auch wenn's Duo Infernal die Trommeln rühren

      Laßt bitt euch - diesesmal nicht verführen - gell!

      Seit wenigstens diesesmal was schlau!

      Bleibt zu haus & trinkt Schabau!

       

      & nochens -;)

      Tut alle die z'samme versohlen -

      Die wollen eure kids abholen!

      Das - Das wäre doch gelacht!

      Krieg - Wird nichnochemal mitgemacht!