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Rede des französischen PräsidentenHollandes großer Europa-Plan

Frankreichs Präsident versucht den großen Wurf: Er fordert eine europäische Wirtschaftsregierung. Auch die umstrittenen Euro-Bonds will er haben.

Er will es wissen. Bild: ap

PARIS taz | Ein Jahr nach seiner Wahl steht der französische Staatspräsident François Hollande mit dem Rücken zur Wand. Noch nie war ein gewählter Staatschef nach zwölf Monaten in der öffentlichen Meinung so tief gesunken – laut (Un-)Popularitätsumfragen hat er drei Viertel der Leute gegen sich. Selten aber auch war der finanzielle und politische Spielraum für die Staatsführung so gering wie heute.

Dennoch wird Hollande von allen Seiten zum Handeln in zum Teil völlig entgegengesetzte Richtungen gedrängt. Obschon er bei seiner Bilanz-Pressekonferenz am Donnerstag versichert hat, er wolle eisern am eingeschlagenen Kurs festhalten, muss er den Eindruck bekommen, dass er es in einer solchen Situation in Frankreich niemandem recht machen kann. Er bittet seine Landsleuten um Zuversicht und Vertrauen, und speist sie mangels greifbarer Resultate im Kampf gegen Krise und Arbeitslosigkeit mit wenig innovativen patriotischen Floskeln ab: „Frankreich ist nicht das Problem, Frankreich ist die Lösung.“ Und wenn statt dessen die Lösung Europa heißt?

Hollande erinnert sich, dass ihm vor einem Jahr seine Kritik am „Merkozy“-Stabilitätspakt mit der automatischen Schuldenbremse und an einer zu einseitigen Spardisziplin ohne Wachstumsförderung über Frankreich hinaus Sympathien und Applaus eingebracht hatte. Er hatte es damals immerhin geschafft, als Fußnote der ratifizierten Vereinbarung über Haushaltsdisziplin einen bescheidenen Wachstumspakt mit 120 Milliarden Euro für Investitionen anzufügen. Wie er jetzt klar gemacht hat, ist damit sein europapolitischer Ehrgeiz nicht erschöpft.

Sein zweites Amtsjahr stellt er unter das Motto „Offensive“. Nach dem von ihm forcierten Beschluss einer Bankenunion und der Umsetzung der Finanztransaktionsabgabe setzt Hollande die alte Idee einer Wirtschaftsregierung erneut auf die Tagesordnung. Er weiß nur zu gut, dass er mit seinen nicht ganz neuen Vorschlägen einige EU-Partner herausfordert. Sie werden sich beklagen, dass der innenpolitisch in Bedrängnis geratene Hollande das Problem seines Scheiterns nach Brüssel weiterreicht.

Vorsitzender, monatliche Treffen, gemeinsame Wirtschaftspolitik

Konkret schlägt er vor, dass die Euro-Zone eine „echte“ europäische Wirtschaftsregierung mit einem Vorsitzenden bildet, die sich mindestens einmal monatlich trifft, um über eine gemeinsame Wirtschaftspolitik, eine Harmonisierung der Steuer- und Sozialstandards und einen koordinierten Kampf gegen die Steuerflucht zu diskutieren.

Sodann wünscht Hollande, dass „sein“ EU-Wachstumspakt vom Juni 2012 endlich zur Förderung der Innovation und der Beschäftigung eingesetzt wird. Auch die von der EU vorgesehenen sechs Milliarden Euro für Maßnahmen gegen die Jugendarbeitslosigkeit sollen „sofort“ eingesetzt werden. Hauptaufgabe der EU ist es gemäß Hollande nicht mehr, auf eine schnelle Sanierung der öffentlichen Finanzen zu dringen, sondern die Rezession und deren soziale Folgen zu bekämpfen.

Eines der neuen Instrumente soll eine „Europäische Energiegemeinschaft“ sein, welche ihm zufolge „auf europäischer Ebene die Energiewende und die Förderung erneuerbarer Energiequellen koordiniert“.

Während allerorts die Skepsis gegenüber Europa und dem Euro wächst, will Hollande Europa aus seiner „Schlaffheit“ wecken und die Idee der Gemeinschaft vor dem wachsenden Misstrauen der EU-Bürger retten: „Meine Aufgabe ist es, gegen diese Abneigung der Völker vorzugehen, welche die Zukunft der Europäischen Union schlechthin infrage stellen kann.“

Eigene Budgetmittel und Euro-Bonds

Seine „neue Etappe der europäischen Integration“ sieht vor, dass die Euro-Zone über eigene Budgetmittel verfügt und anschließend auch „die Möglichkeit bekommt, Anleihen aufzunehmen“. Das wäre, wie man längst weiß, ein Fehdehandschuh für Angela Merkel, die solche „Euro-Bonds“ mehrfach strikt abgelehnt hat, weil das aus ihrer Sicht nur eine Vergemeinschaftung der Schulden der weniger sparsamen Mitgliedsländer im Süden zulasten der Sparsamen im Norden nach sich ziehen würde. Hollandes Europa-Offensive dürfte schnell zum Streitpunkt im deutschen Wahlkampf werden.

Der eigenen Nation hat der französische Präsident immerhin schon mal gezeigt, dass er fähig ist, mit Initiativen im Namen Frankreichs Debatten auszulösen. Ob Hollande sich mit seinem europapolitischen Vorstoß vor den Medien nur ein Alibi verschaffen wollte oder ob er den angekündigten Mehrfrontenangriff auf die europäische Lethargie ernst meint, wird man bei den kommenden EU-Gipfeln und den deutsch-französischen Vorbereitungstreffen sehen.

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11 Kommentare

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  • H
    Holzer

    Tja,ich hoffe die Sause auf Kosten der "Boches" ist vorbei!Wer solche "Freunde" hat....!

  • I
    Irmi

    Die Grünen wollen die Eurobonds, FDP sagt absolut nein dazu.

    Ob wir die Eurobonds haben oder die anderen Länder kaputt sparen, wir zahlen in jedem Fall die Zeche. Die Länder sind pleite und wir bald auch.

    Hr. Özdemir meint man müsse mit den Eurobonds helfen um die Zinsen senken zu können, was angeblich den anderen Ländern helfen würde.

    Was aber, wenn die Länder dennoch ihre Schulden nicht zahlen können oder wollen ? Dann zahlen wir auch diese Schulden aber mit den hohen Zinsen.

    Hr. Özdemir meint ganz verharmlosend, die Eurobonds für Deutschl. zwar Mehrkosten bedeutet, aber wichtig für die Gemeinschaftswährung.

    Kann Hr. Özdemir und dessen Partei leicht sagen, er hat ja nichts zu befürchten, sein Gehalt (die Gehälter aller Politiker) bleibt hoch und die Diäten der Politiker werden dennoch um Hunderte Euro erhöht, während man dem einfachen Bürger Geld wegstreicht bis ein ganzes Volk zum Sozialhilfeempfänger gemacht ist.

  • G
    gustav

    Vorschlag an Hollande:

    Falls in Frankreich auch noch nicht vorhanden:

     

    Einführung einer Immobilienverkaufs-und

    Vermietungssteuer( ohne Mietsteigerungsrecht

    aufgrund dieser Steuer) von 3-15% [3%

    Einfamilienhäuser- regulärer Erbfall;

    3,5% Industriegebäude

    15% Bürogebäude], Vermietungssteuer

    [ Sozialwohnung 2%

    Normalwohnung 3,5%

    Luxusappartements 10%

    Gewerbeflächen 1%

    ].

    Mit den daraus erzielten Einnahmen lassen

    sich dann Frankreichs Schulden abbauen und

    neue Wirtschaftsprogramme finanzieren!!

    Es wird Zeit, dass die unsozialen Hochprofiteure

    außerhalb der Hedgefondszene ebenfalls

    sich solidarisch an der Erneuerung Frankreichs

    beteiligen.

    Hollande muss zeigen, dass er es auch selbst kann!!

    Staaten, wie Singapur und Südkorea schaffen es doch

    auch ohne Fördermittel aus den EU-Töpfen.

    Man kann nicht von den Reichen mehr als 50% Steuern verlangen ohne massiv das Vertrauen in die

    französische Wirtschaft in Frage zu stellen!

  • D
    D.J.

    Die Eurobonds kann er haben - mit RotGrün in Deutschland. Da die Bürger/innen das aber wissen, wird es keine RotGrüne Regierung geben. Und das ist derzeit sehr gut so.

    Einige andere Gedanken Hollandes sind jedoch überaus diskussionswürdig.

     

    (D.J., früher mal Grünwähler, derzeit genervt, dass ich als kleineres Übel wohl die sozialpolitisch mies aufgestellte AfD wählen muss)

  • H
    Herbert

    Fr steht unter Hollande wirtschaftlich das Wasser bis zum Hals- daher die Forderung nach den Eurobonds, um an das Geld und Vermögen der Deutschen zu kommen. Es soll sogar deutsche Parteien geben, die Eurobonds unterstützen, obwohl sie zum Schaden unseres Landes sind.

  • LA
    Ludwig A. Wilhelm v. Lützow

    Liebe LeserINNEN,

     

    war jemand von IHnen schon einemal mit Franzosen in einem Restaurant ausessen?

     

    Man setzt, geniesst, bestellt, einen kleinen Entree, ein Cognac danach, die Rechnung wird nun Brüderlich und solidarisch durch alle am Tisch sitzenden Geniesser den zu zahlenden Betrag. Das Ergebnis ist ein klassisches Gefangenen DIlemma, jeder konsumiert möglichst viel, Der Nachbar zahlt ja.

     

    Im mittleren nennt sich das in Deutschland Länderfinanzausgleich, etwas ähnliches schwebt diesem Holland nun auch vor. Ist dies eine verdeckte Wahlwerbung für die AfD?

  • I
    Irmi

    Es muss in Frankreich große finanzielle Probleme geben, wenn sie die Eurobonds wollen.

     

    Ich denke aber, das wieder mal Deutschland herhalten muss, das es ein Risiko birgt, Frankreich kommt so zwar billiger an Geld, aber wir sind die Bürgen, wir das ist unsere Regierung die den Euro wollte aber wir Bürger zahlen die Zeche mit unseren Steuergeldern und die Banken verdienen sich eine goldene Nase.

     

    Wenn Frankreich das Geld ihrer Kredite (Eurobonds) nicht zurückzahlen kann (wie zu erwarten ist) müssen wir die Kredite plus der überhöhten Zinsen zahlen.

     

    Richtig ?

  • V
    vic

    Die EWG hatten wir schon, die EU noch nie.

  • E
    Eddie

    "Das einzige, was Sozialisten von Geld verstehen, ist, dass sie es von Anderen haben wollen."

     

    Noch nie war das Zitat Adenauers so wahr wie heute.

  • A
    Analyst

    Es wird auch Zeit, dass Europa endlich wieder in Schwung kommt!

  • B
    Bürger

    Eine Wirtschaftsregierung wäre das absolute Desaster für Europa, weil die Wirtschaft niemals zentralisiert geplant werden darf und kann. Schon jetzt haben bürgerkriegsähnliche Zustände in Südeuropa, aufgrund dieser Bastardökonomie, die sich Kapitalismus nennt, aber in Wirklichkeit durch Zentralbanken gesteuert wird.