Prozess wegen Hausbesetzung in der Juliusstraße: Dubioses Angebot
Die Staatsanwaltschaft hat in einem Prozess wegen der Hausbesetzung in der Juliusstraße angeboten, das Verfahren einzustellen - wenn die Hausbesetzer auf Pressearbeit und Mobilisierung verzichten.

Wenn die Häuserkampfszene auf Aufsehen verzichtet, könnte das Verfahren gegen einen mutmaßlichen Besetzer der Juliusstraße 40 eingestellt werden. Dieses Angebot hat der Staatsanwalt dem Angeklagten in Abstimmung mit dem Richter unmittelbar vor Beginn eines Verfahrens wegen Hausfriedensbruchs unterbreitet.
Voraussetzung sei, dass die Hausbesetzerszene auf jegliche Pressearbeit verzichte und nicht zum Prozess erscheine. Wenn es nach dem Willen des Anklägers geht, soll der Beschuldigte nur im Begleitung seines Anwaltes erscheinen. Er soll 2010 an der Besetzung des Hauses Juliusstraße 40 teilgenommen haben.
Hintergrund des Ansinnens sind die Erfahrungen aus einem Parallelverfahren vor einigen Wochen, bei dem sich eine Frau verantworten musste. 40 UnterstützerInnen hatten sich vor dem Amtsgericht Altona versammelt, um mittels einer Volxküche Öffentlichkeit zu schaffen. Auch Journalisten waren zum Prozess erschienen.
Das Verfahren wurde nach kurzer Zeit vom Richter ausgesetzt, um der Staatsanwaltschaft Bedenkzeit zu geben, über eine Einstellung des Verfahrens nachzudenken. Denn die Strafverfolgung von Leuten, die angesichts des Wohnungsmangels gegen Leerstand kämpfen, macht sich nicht gut.
"Der Vorschlag des Staatsanwaltes soll weiteres Aufsehen unterbinden und die politische Diskussion verhindern", erklären die Juliusstraßen-Besetzer. "Wir fragen uns: Warum ist eine Einstellung nur möglich, wenn die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist? Soll hier Gesinnungsjustiz durchgesetzt werden, um linke Politik mundtot zu machen?"
Für die Juliusstraßen-Besetzer seien Hausbesetzungen ein "legitimes Mittel", um auf die Umstände im Schanzenviertel und die Verhaltensweisen von Investoren wie Ernst-August Landschulze aufmerksam zu machen. "Diese lassen mehrere Wohnhäuser und seit Jahren leer stehen", sagen die Besetzer. Deshalb sei klar: "Wir lassen uns keinen Maulkorb verpassen."
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich