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Berlin

Protest gegen Neonazi-Demo in Berlin Braune mussten draußen bleiben

NPD-Anhänger wollten am Samstag im Berliner Zentrum demonstrieren - und dabei auch durch Kreuzberg laufen. Tausende Menschen haben das zu verhindern gewusst.

Polizisten vor einer Sitzblockade von Antifa-AktivistInnen nördlich der Jannowitzbrücke in Berlin-Mitte. Bild: dpa

BERLIN taz | Tausende Menschen haben sich am Samstag in Berlin gegen eine Demonstration der rechtsextremen NPD gestellt. Die überwiegend jungen Leute wollten die geplante Strecke durch den Stadtteil Kreuzberg blockieren. Vor allem an der Ecke Heinrich-Heine-Straße und Köpenicker Straße, am Eingang des Bezirks, bildeten Hunderte Menschen eine Sitzblockade. Insgesamt sollen 5.000 Menschen am Anti-Nazi-Protest teilgenommen haben

Ihnen gelang es, Kreuzberg von den Neonazis freizuhalten. Etwa 60 bis 100 NPD-Anhänger hatten sich am S- und U-Bahnhof Jannowitzbrücke am nördlichen Spreeufer im Bezirk Mitte versammelt, von wo aus ihr Aufmarsch losgehen sollte. Allerdings mussten sie fast zweieinhalb Stunden warten, bis sie sich überhaupt in Bewegung setzen durften. Die Polizei ließ sie sie gerade mal 50 Meter die Brückenstraße nach Süden hinunterlaufen, bevor sie an der Kreuzung Brückenstraße und Rungestraße wieder zum Stehen kamen.

In der Rungestraße und am Köllnischen Park kam es dann zu Rangeleien zwischen GegendemonstrantInnen und der Polizei. Es wurden Bengalische Feuer gezündet, und die Beamte setzten Pfefferspray ein. Einige Antifa-AktivistInnen sollen festgenommen worden sein. Auch auf Seiten der Neonazis war es zu einer Festnahme gekommen. Die Polizei gelangte zu der Einschätzung, dass sie den Weiterzug der NPD-Anhänger weder in die Heinrich-Heine-Straße noch alternativ in die Rungestraße würde durchsetzen können und schickte die Rechtsextremen auf die Jannowitzbrücke zurück.

Dort rollten sie schließlich ihre Fahnen ein und zogen per S-Bahn ab. Laut Polizei machten sie sich auf den Weg nach Köpenick, dem Standort der NPD-Bundeszentrale, wo sie ihre Demonstration beenden wollten.

Angriff mit Feuerlöscher

Schon am Samstamorgen hatte die Polizei die Straßen rund um die Jannowitzbrücke großräumig abgesperrt. Hinter den Gittern versammelten sich die GegendemonstrantInnen. Zur Verhinderung des rechten Marschs aufgerufen hatte ein Bündnis, zu dem auch Grüne, Linke, Jusos, die Gewerkschaft Verdi und Bürgerinitiativen gehören.

Als der Lautsprecherwagen der NPD an GegendemonstrantInnen vorbei durch die Absperrungen fuhr, kam es zu einem gewaltsamen Zwischenfall. Der Fahrer soll aus dem Wagenfenster heraus Antifa-Aktivisten mit einem Feuerlöscher besprüht haben. Darauf kam es zu einem Reizgas-Einsatz der Polizei, die den Feuerlöscher und andere Gegenstände aus dem Wagen konfiszierte. 

Der Berliner NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke, der den Aufmarsch angemeldet hatte, begann kurz nach halb zwei zu den NPD-Anhängern zu sprechen, Er wetterte gegen das multikulturelle Kreuzberg und ließ wissen, dass er sich durch den tödlichen Vorfall an der Gerhart-Hauptmann-Schule vom Freitag in seiner Abneigung gegen Migranten und Asylsuchende bestätigt sehe. „Wandelt den BER-Flughafen in ein Asylauffanglager um, dort passiert eh' sonst nichts", forderte er. Von dort könnten Asylbewerber auch schnell wieder abgeschoben werden.

Unübersichtliche Lage

Die Berliner Polizei twitterte später, dass der Einsatzleiter aufgrund der unübersichtlichen Lage angeordnet hatte, „Übersichtsaufnahmen“ aus dem Hubschrauber zu machen, der gerade über die Stadtteile Mitte und Kreuzberg kreist.

Allein rund 3000 Menschen hielten sich auf der Heinrich-Heine-Straße auf, über die die NPD-Demo Richtung Kreuzberg verlaufen sollte. Dort herrschte ab Mittag eine volksfestartige Stimmiung. Allerdings bildeten sich im Laufe des Nachmittags an immer neuen Stellen des Viertels rund um die Jannowitzbrücke Sitzblockaden oder Menschenansammlungen, je nachdem, welche Informationen über einen möglichen Verlauf der Neonazi-Demo sich über die sozialen Netzwerke verbreiteten. So ballten sich die GegendemonstrantInnen zeitweise zu Tausenden auf der Stralauer Straße auf der Nordseite der Spree. Eine weitere Sitzblockade gab es kurz an der Insel- Ecke Wallstraße.

Politiker der Grünen und Linken nannten die Anti-Nazi-Proteste einen großen Erfolg. Der grüne Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele freute sich, dass die NPD auf der Jannowitzbrücke bleiben musste, „wo sie niemand hören konnte“. Der Linken-Abgeordnete im Berliner Senat, Hakan Tas, sagte, dass der Tag gezeigt habe, dass sich Blockadeaktionen dieser Art im Kampf gegen Rechts lohnen würden. (Saskia Hödl, Baram Korkmaz, Svenja Bednarczyk, Bert Schulz)