Petition gegen Fluglärm gestartet: BUND will Nachtruhe ausdehnen

Umweltverband will Flüge ab 22 Uhr verbieten und hat dazu eine Volkspetition gestartet. Hintergrund ist ein starker Anstieg der späten Starts und Landungen

Könnte bald seltener werden: Flüge, die Hamburger um den Schlaf bringen Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat eine Volkspetition für ein Nachtflugverbot zwischen 22 und sechs Uhr gestartet. „Die Zahl der besonders störenden Flugbewegungen ist in den letzten fünf Jahren kontinuierlich angestiegen“, kritisiert der BUND, „und dies trotz der sogenannten ‚Pünktlichkeits­offensive‘ von Senat und Flughafen.“ Dem soll die Petition einen Riegel vorschieben. „Wir haben eine große Nachfrage“, sagt BUND-Sprecher Paul Schmid. Jeden Tag riefen Leute an, um Unterschriftenlisten anzufordern.

Am Hamburger Flughafen darf bereits heute nicht regulär nach 23 Uhr gestartet und gelandet werden. Für Flüge, die sich verspäten, muss die Fluggesellschaft draufzahlen. Trotz der Zuschläge hat die Zahl der späten Flüge seit 2011 wieder zugenommen: zwischen 22 und 23 Uhr von rund 4.400 auf 6.300 Flüge im Jahr; zwischen 23 und 24 Uhr von 500 auf 800. Im vergangenen Jahr gab es an höchstens 90 Tagen keine Flüge nach 23 Uhr, wie aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage des Linken-Abgeordneten Stephan Jersch hervorgeht.

„Die zeitweilig ungünstige Entwicklung der Starts und Landungen nach 23 Uhr ist durch eine Zunahme von unvermeidbaren Verspätungen verursacht“, bedauerte der rot-grüne Senat in der Antwort auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Dennis Thering. Der Senat bemühe sich in Zusammenarbeit mit den Airlines darum, die Zahl der Verspätungen zu verringern. Außerdem will er die Starts und Landungen nach 23 Uhr in Viertelstunden-Intervallen weiter verteuern. Einen entsprechenden Gebührenkatalog hat der Flughafen bei der Wirtschaftsbehörde bereits eingereicht.

Der Senat und der Flughafen reagieren mit der Verschärfung auch auf die Zahl der Beschwerden über den Fluglärm, die seit 2011 von rund 1.300 auf 3.600 in 2014 gestiegen ist. Bis 2016 stieg die Zahl auf 86.000. Der Senat erklärt das damit, dass seit 2015 nicht mehr zwischen Einzel- und Dauerbeschwerdeführern unterschieden wird, dass das Beschwerdeformular des privaten Deutschen Fluglärmdienstes stark genutzt werde und es leichter geworden sei, sich beim Fluglärmschutzbeauftragten online zu beschweren. 2016 hätten sich 751 Einzelpersonen beschwert. „Angesichts der Beschwerdezahlen ist offensichtlich, dass sich ein Teil der Beschwerdeführer sehr intensiv beschwert“, schreibt der Senat.

Bei einer Volkspetition müssen 10.000 Unterschriften gesammelt werden, damit sich die Bürgerschaft mit dem Anliegen befasst – allerdings mit offenem Ausgang.

Lärmzuschlag: Seit Januar 2015 erhöht sich der je nach Flugzeugtyp unterschiedliche Lärmzuschlag zwischen 22 und 22.59 Uhr um 150 Prozent, zwischen 23 und 5.59 Uhr um 300 Prozent. In der höchsten Lärmklasse kostet das Tausende Euro.

Zwischen 24 und 5.59 Uhr darf nur mit einer Ausnahmegenehmigung der Umweltbehörde geflogen werden. Die Beschränkung gilt nicht für Notfälle.

Die Zahl der Passagiere ist in vergangenen zehn Jahren um 27 Prozent gestiegen, dabei hat die Zahl der Flüge um sieben Prozent abgenommen.

Der Lärmteppichum den Flughafen herum ist in dieser Zeit ungefähr gleich groß geblieben.

Janet Niemeyer, Sprecherin des Flughafens, erklärt die Zunahme der späten Flüge mit der allgemeinen Zunahme des Flugverkehrs, der überdies ein sehr komplexes System sei. „Wenn da irgendwo Sand ins Getriebe kommt, geraten die Zeitpläne der Airlines durcheinander“, sagt sie – gleich, ob etwa schlechtes Wetter oder Streiks die Ursache seien. Wären keine verspäteten Landungen möglich, kämen die Passagiere nicht mehr nach Hause, sagt sie.

Auch habe der Flughafen bereits fünf Fluglinien in seine Pünktlichkeitsoffensive eingebunden. Er verhandle mit den Airlines über Lösungen für die wenigen Flüge, die häufig verspätet seien. Lösungen seien größere Zeitpuffer und Reserveflugzeuge.

Der BUND will mit seinem Flugverbot ab 22 Uhr die Schrauben noch fester anziehen. Er kann sich dabei auf einen Beschluss der Bundesärztekammer von 2012 stützen, die den besonderen Schutz der Nachtruhe von 22 bis sechs Uhr forderte. Sollte es dazu kommen, würde der Hamburger Airport unattraktiv, warnt Flughafensprecherin Niemeyer. Würde die Flugzeit beschnitten, sagt Niemeyer, „hätte das Auswirkungen auf das gesamte Angebot“.

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