OECD-Bericht zu Gesundheit: Tablettenkonsum stark gestiegen
In den entwickelten Ländern ist der Konsum von Tabletten, etwa gegen Depressionen, gestiegen. Ein neuer Bericht der OECD äußert Zweifel, ob das angebracht ist.
PARIS dpa | Die Menschen in den 33 am höchsten entwickelten Ländern der Welt schlucken mehr und mehr Tabletten gegen chronische Erkrankungen. Im Schnitt der 33 OECD-Länder stieg der Konsum etwa der medizinisch umstrittenen Antidepressiva zwischen 2000 und 2011 von 35 auf 56 tägliche Dosen pro 1.000 Einwohner, heißt es in dem am Donnerstag von der OECD in Paris veröffentlichten Bericht „Health at Glance“ („Gesundheit auf einen Blick“) 2013. In Deutschland verdoppelte sich der Konsum ärztlich verordneter Glückspillen in den elf Jahren, er liegt aber mit 50 Tagesdosen unter dem Schnitt.
Am meisten wird in Island geschluckt, wo mehr als jeder zehnte Einwohner Antidepressiva verabreicht bekommt. In keinem der Länder ging der Verbrauch in den vergangenen Jahren zurück. Die OECD führt den zunehmenden Verbrauch etwa in Großbritannien auf die Auswirkungen der Finanzkrise zurück. Es habe zwar schon vor der Krise 2008 einen Anstieg gegeben. „Aber der Konsum ist seitdem weiter schnell angewachsen“, heißt es in einer Mitteilung der OECD.
Antidepressiva würden häufiger bereits bei milderen Formen von Erkrankungen, etwa Angstzuständen oder Sozialphobien verordnet, die Therapien fielen allgemein intensiver aus. „Diese Ausdehnung hat zur Besorgnis darüber geführt, ob die Verschreibungen angebracht sind“, heißt es in dem Bericht kritisch.
Ähnlich wie bei den Antidepressiva verhält es sich etwa bei Medikamenten gegen erhöhten Blutzucker. Hier liegt Deutschland mit 83 Tagesdosen pro 1.000 Einwohner sogar an zweiter Stelle hinter Finnland und deutlich über dem OECD-Durchschnitt von 60 Dosen. Der hohe Anstieg wird von der OECD mit dem zunehmenden Übergewicht erklärt. Allerdings ist dies in Deutschland im Vergleich zu anderen OECD-Ländern nicht signifikant gestiegen.
Die Lebenserwartung in den OECD-Ländern ist in den vergangenen 40 Jahren deutlich gestiegen – sie liegt jetzt fast flächendeckend bei mehr als 80 Jahren. Wer 65 Jahre alt geworden ist, kann im OECD-Durchschnitt als Frau sogar durchschnittlich noch auf weitere 20,9 Lebensjahre hoffen, als Mann auf 17,6 Jahre. In Deutschland liegen die Erwartungen dann noch bei 21,2 und 18,2 Jahren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen