Nick Knatterton wird 65: Kombiniere ...
Ab 1950 löste der Sherlock-Holmes-Lookalike Nick Knatterton knifflige Kriminalfälle. Der Comic-Held der Adenauer-Ära ist heute ein Fall für Nostalgiker.
Den Lesern wurde der Detektiv, der optisch an Sherlock Holmes und vom Namen her an die Krimifiguren Nick Carter und Nat Pinkerton erinnerte, als Adelsspross präsentiert. Sein eigentlicher Name war Nikolaus Kuno Freiherr von Knatter. Die Familie war eine Soldatenfamilie: „Das uralte Adelsgeschlecht derer von Knatter schenkte dem Vaterland viele einfach denkende und deshalb furchtlose Kriegsmänner“, charakterisierte sie Erfinder Schmidt.
Der pazifistische Seitenhieb auf die Dummheit der Soldaten war nach dem Zweiten Weltkrieg einerseits unerhört, andererseits für viele auch erfrischend. Der im karierten Knickerbocker-Anzug auftretende glatzköpfige Knatterton war zwar bewaffnet, setzte statt der Pistole aber Kinnhakenvarianten ein und war außerdem trickreich. „Wer hätte das gedacht. Nicks falscher Bart erhielt einen Fallschirm“, heißt es etwa in einer Sprechblase, nachdem der Detektiv einen Flugzeug-Abschuss überlebt hatte.
Manfred Schmidt selbst hatte schon früh gezeichnet und konnte sich im Krieg als Kartenzeichner durchschlagen. Bei der Wehrmacht traf er auf Vico von Bülow alias Loriot, der später sein enger Freund wurde. Nach dem Krieg wurde Schmidt nach eigenen Worten zum „Edelkommunisten“.
Politische Anspielungen und Altherrenwitze
Vielleicht hat diese linke Ausrichtung einen großen Anteil am Erfolg Knattertons. Der ging respektlos mit den Regierenden in Bonn um, Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) wurde als Indianer-Häuptling „Alter Fuchs vom großen Schoko-Berg“ karikiert. An anderer Stelle verlor Nick Knatterton im Einsatz den Anhänger seines Lkw, was im Comic mit dem Satz „Nick ergeht es wie vielen Politikern: Er übersieht, dass er keine Anhänger mehr hat“, kommentiert wird.
Die politischen Anspielungen paarten sich bei Nick Knatterton mit Anzüglichkeiten, die heute den Eindruck von Altherren-Witzen machen. Große Busen und blanke Frauen-Popos zogen sich durch die auf einer halbe Seite in der „Quick“ abgedruckten Comic-Strips.
Doch das Publikum mochten Knatterton: Es ließ sich nachweisen, dass alleine durch den Comic-Helden die Auflage der Illustrierten um ein Drittel auf eine Million stieg. Bundesweite Bekanntheit errang Knattertons Ausspruch „kombiniere...“ – dieser wurde zum geflügelten Wort in der Bonner Republik.
Eigentlich war Knatterton eine Parodie
Für den 1999 verstorbenen Schmidt war der Erfolg Fluch und Segen zugleich. Er schätzte das Geld, mochte aber die Comic-Kunst selbst nicht. Eigentlich wollte er nur zehn Folgen zeichnen, als parodistische Variante des aus den USA nach Deutschland rübergeschwappten Comic-Booms.
Doch weil Nick Knatterton so erfolgreich war, konnte Schmidt nicht von ihm loslassen. Von 1950 bis 1959 erschien die Figur in der „Quick“, 1959 gab es auch einen Spielfilm unter anderem mit Gert Fröbe und Günter Pfitzmann als Darsteller. Ab 1979 machte Schmidt in seinem eigenen Zeichentrickstudio in seinem Haus am Starnberger See eine Comic-Verfilmung fürs Fernsehen, die Ausstrahlung in der ARD belebte den Nick-Knatterton-Kult neu.
Doch alle späteren Versuche, die auch als Werbeträger erfolgreiche Figur neu zu beleben, scheiterten. Ein vor ein paar Jahren gedrehter Spielfilm wurde nie veröffentlicht. Schmidts‘ Tochter erzählte zum 100. Geburtstag ihres Vaters vor zwei Jahren von losen Anfragen für neue Projekte. Aus denen wurde aber nichts. Nur Museen widmen sich noch regelmäßig dem Erfolg der Figur.
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