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Lutherpreisträger bekannt gegebenNazigegner statt Pussy Riot

Nicht die russische Punkband sondern Regenburger Wirte, die sich gegen Nazis engagieren, bekommen den Lutherpreis. Die Nomierung von Pussy Riot war umstritten.

Preisgekrönte Initiative: Regensburger Wirte haben keinen Bock auf Nazis. Bild: dpa

EISLEBEN afp | Die Initiative „Keine Bedienung für Nazis“ von Regensburger Wirten wird mit dem Preis der Lutherstädte „Das unerschrockene Wort“ ausgezeichnet. Die Entscheidung sei einstimmig gefallen, teilte die Oberbürgermeisterin von Eisleben, Jutta Fischer, am Samstag mit.

Die Jury hoffe, dass mit dieser Entscheidung eine Initialzündung auf viele andere Städte übergreife. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis soll im April in Eisleben verliehen werden. Die Lutherstadt Wittenberg hatte die russische Punkband Pussy Riot für den Preis vorgeschlagen, was für Kritik sorgte.

Die von Regensburger Gastronomen gegründete Initiative geht auf einen rassistisch motivierten Angriff auf einen Barkeeper zurück, der bei einem tätlichen Übergriff von Neonazis auf eine junge Frau mit Kind mutig eingriff. Inzwischen haben sich fast 150 Regensburger Wirte der Initiative angeschlossen. Mit einem 2011 entworfenen Aufkleber „Nazis werden hier nicht bedient“ zeigen die Wirte nach außen Flagge. Eine zeitgleich entwickelte Broschüre „Rassisten werden hier nicht bedient“ soll den Gastronomen bei der Erkennung und beim Umgang mit Nazis helfen.

Der Preis „Das unerschrockene Wort“ wurde 1996 ins Leben gerufen und wird alle zwei Jahre von den 16 deutschen Luther-Städten verliehen. Mit ihm sollen Persönlichkeiten geehrt werden, die im Sinne des Reformators Martin Luther Zivilcourage gezeigt haben und sich auch von Widerständen nicht beirren ließen.

Umstrittene Nominierungen

Zu den bisherigen Preisträgern gehören unter anderen der Schweizer Theologe Hans Küng, der Liedermacher Stefan Krawczyk und die Redaktion der russischen Tageszeitung Nowaja Gaseta.

Die Nominierung von Pussy Riot war umstritten und stieß auch in Kirchenkreisen auf Kritik. Zwei der Bandmitglieder von Pussy Riot waren zu zwei Jahren Lagerhaft verurteilt worden, weil sie im Februar in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale gegen die Wiederwahl von Präsident Wladimir Putin mit einem „Punkgebet“ protestiert hatten. Die Strafe für eine weitere Sängerin wurde in einem Berufungsverfahren in eine Bewährungsstrafe umgewandelt.

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5 Kommentare

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  • H
    Herbert

    Dass irgendwelche Assozialen - gleich welcher Einstellung keinen Raum haben dürfen, ist richtig und gut.

     

    Die Initiative ist trotzdem verlogen und feige. Wenn die Verantwortlichen nicht wüssten dass sie ein breites Bündnis von Vereinen, Kirchen, Politik und Pesse hinter sich hätten, sondern wirklich Zivilcourage zeigen -sprich, gegen den Strom schwimmen müssten, wäre es wohl kaum soweit her. Oder würden sie es wagen/wollen, einen Aufkleber `Türken werden hier nicht bedient' anzubringen, wenn südländische Gewalttäter den Wirt in die Mangel genommen hätten? Oder Moslems(Islamisten) Da würden Sie brav differenzieren: Sind ja nicht alle gleich...

     

    Und noch etwas: Dieses Strohfeuer sorgt dafür, dass die typischen und stadtbekannten Klischeebomberjackenträger draussen bleiben. Auch wenn Ihnen die politische Einstellung der Gäste wichtiger zu sein scheint, als deren Benehmen- (sonst würden Sie ja "Gewalttäter werden hier nicht bedient als Parole ausgeben) Wie gedenken sie Menschen in Business-Klamotten auszusondern?

     

    Wobei, vielleicht ist das gar nicht nötig: Wäre ich betroffen, ich würde das aufwendigste Menü bestellen, und, wenn es serviert würde, sagen: `Oh, ich sehe, Sie bedienen nur Gäste, die das Kreuz bei der richtigen Partei gemacht haben. Entschuldigem Sie. Ich wollte Sie nicht behelligen`. Dann würde ich noch vor dem ersten Bissen gehen.

  • A
    Arne

    @noevil:

    Warum sollte Pussy Riot 10000 € brauchen?

    Warum haben die noch keinen hochdotierten Plattenvertrag im Westen? Bei der Öffentlichkeitskampagne, die hier für die gemacht wird, müssten die doch längs Millionäre sein? Oder nicht?

    Der öffentlich-rechtliche Sender EinsLive verleiht die EinsLive-Krone Pussy Riot. Wer ab und an mal diesen Sender hört, wird niemals ein Lied von denen hören. Selbst, als sie die Verleihung des Preises bekannt gaben, wurde nix von denen gespielt. (Was, um ganz ehrlich zu sein, natürlich auch daran liegt, dass es keine Musiker sind, sondern Aktionskünstler.)

     

    Kein einziger deutscher Politiker hat afair sich dafür eingesetzt, dass der Paragraph im deutschen Gesetzbich, der für solche Aktionen wie die von Pussy Riot auch in Deutschland bis zu fünf Jahre Gefägnis vorsieht, abgeschafft wird. Hätten sie in Deutschland agiert, hätten sie eine Geldstrafe bekommen, die sie vonihrem HartzIV abstottern hätten müssen und alsbald hätte nie wieder jemand was von denen gehört. In der BRD reicht es eben jemanden wirtschaftlich mundtot zu machen. (Siehe oben: Lieder gegen das System werden einfach nicht gespielt in bundesdeutschen Radios.)

     

    Der Kapitalismus in Rußland ist noch nicht so alt, der lernt das auch noch, dass es bessere Möglichkeiten als Zensur und Strafe gibt, unangenehme Meinungen zu unterdrücken.

  • A
    alex

    Da kann ja Frau G.-E. auch mit anstimmen. Schließlich wäre ein atheistisches "Gebet" auch für die politiker-präse eins zu viel. Ganz Christin, ganz Opfer, ganz pietistisches Freuleinwunder.

     

    Aber als Wisserin um den Schwarzen (racists call them nigger) bei den heiligen 3 Königen, kann sie auch olle Kretsche, den antirassistischen Schützenkönig, zum all-katholischen Reformationsting motivieren.

     

    ökumene mal anders: die achse wittenberg - stuttgart - rom steht.

  • T
    Tutundtaugtnix

    Die Entscheidung den Regensburger Wirten diesen Preis zu verleihen ist richtig und gut! Es bringt alle mal mehr und erfordert deutlich mehr Ausdauer und Entschlossenheit sich tagtäglich zu einer mutigen Entscheidung zu bekennen als einmal spektakulär "auf die Kacke" zu hauen.

    Wenn sich nun die Regensburger Wirte auch noch dazu entschliessen könnten darauf zu verzichten das unsäglich miese Thurn-und Taxis-Bier auszuschenken wäre die Welt schon fast in Ordnung!

  • N
    noevil

    Aber ein unerschrockenes Wort war das provokante (zugegeben) Punkgebet der Pussy Riots trotzdem. Auch wenn es mir nicht gefallen hat. Muss mir aber alles gefallen, was vom Grundsatz her meine Zustimmung findet? Das war empörter Protest für etwas, was (nicht nur) den Mitgliedern dieser Band nicht gefiel.

     

    Sollen doch die Jurymitglieder künftig vorher sorgfältiger überlegen, womit und mit welchen möglichen Reaktionen sie wann an die Öffentlichkeit gehen wollen.

     

    Die Jury selbst bekäme von mir jedenfalls diesen Preis nicht.

     

    Vielleicht spenden die Regensburger Gastwirte das Preisgeld ja der Punkband. Möglicherweise könnte die es dringender brauchen als die Wirte.