Korruptionsvorwurf in Berlin: Lageso-Referatsleiter festgenommen
Ein Mitarbeiter des Lageso, der für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig war, und der Geschäftsführer einer Sicherheitsfirma wurden festgenommen.
Dem Referatsleiter wird vorgeworfen, Schmiergelder genommen zu haben. „Das Landesamt und die Senatsverwaltung unterstützen die ermittelnden Behörden vollumfänglich in ihrer Arbeit, um zur rückhaltlosen Aufklärung der Sachverhalte beizutragen“, erklärte eine Lageso-Sprecherin.
Der Referatsleiter steht im Verdacht, Aufträge für den Betrieb von Flüchtlingsunterkünften nur vergeben zu haben, wenn dafür ein bestimmtes Sicherheitsunternehmen zur Bewachung verpflichtet wurde. Dafür soll er von diesem Unternehmen mehrfach Beträge zwischen 5.000 und 10.000 Euro bekommen haben. Laut dem Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, wurden bei der Durchsuchung am Donnerstag auch 51.000 Euro aus einem Tresor in der Privatwohnung des Lageso-Mitarbeiters beschlagnahmt.
Auch bei der AWO seien Räume durchsucht worden, bestätigte der Vorsitzende des AWO Kreisverbands Mitte, Manfred Nowak, der taz. Die Polizei habe sich Akten angesehen. Die AWO hatte mit dem in Verdacht stehenden Sicherheitsunternehmen zusammengearbeitet. „Da gab es aber natürlich ein formelles Ausschreibungsverfahren“, sagte Nowak. „Wir würden uns auch vom Lageso keine Zusammenarbeit mit einem Unternehmen vorschreiben lassen.“ Dass Schmiergelder geflossen seien, bestritt Nowak.
Zusammenhang mit Allert-Affäre?
Ob die Festnahmen im Zusammenhang stehen mit Ermittlungen in der so genannten Allert-Affäre, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft auf Nachfrage nicht. Der Zeitraum, um den es gehe, betreffe bislang allein das Jahr 2015. „Das war schon gewerbsmäßig, aber wie oft er das gemacht hat, wissen wir nicht“, so Steltner zur taz. Möglicherweise würde sich durch die beschlagnahmten Unterlagen aber weitere Erkenntnisse ergeben.
Nach Information der taz handelt es sich bei dem festgenommenen Referatsleiter um Stefan T. T. war bis vorigen Sommer Referatsleiter der Berliner Unterbringungsleitstelle (BUL). Im Zuge der Neuorganisation der Behörde wegen der Allert-Affäre wurde er versetzt und war dann zuständig für die Heimaufsicht.
Der frühere Chef des Lageso, Franz Allert, war vor über einem Jahr in die Schlagzeilen geraten wegen des Verdachts, sein Patenkind bei der Vergabe von Aufträgen zum Betrieb von Flüchtlingsunterkünften bevorzugt zu haben. Im Zuge der daraufhin angestrengten Untersuchungen, unter anderem durch einen externen Wirtschaftsprüfer, kam heraus, dass es beim Lageso keine festen Vergabekriterien für Flüchtlingsheime gibt und solche Aufträge regelmäßig ohne Ausschreibung „freihändig“ vergeben werden.
Seit vorigem Sommer steht das Lageso zudem in der Kritik, weil es die vielen neuen Flüchtlinge nicht angemessen versorgen kann. Über Monate fehlten Unterkünfte, zudem mussten die Menschen oft wochenlang auf Leistungen der Behörde, wie Taschengeld oder Krankenscheine, warten. Wiederholt gab es Beschwerden von Flüchtlingen über Misshandlungen von Sicherheitsleuten, sowohl in einzelnen Heimen, als auch beim Amt in Moabit selbst. Vor einigen Wochen beschloss die Berliner Immobilien Management (BIM), die über das Lageso-Gelände in der Turmstraße verfügt, den Auftrag für die Security dort neu auszuschreiben. Bislang sind dort die Firma Gegenbauer, sowie deren Tochterfirma Spysec, tätig.
„Diese Art der Vergabe ist anfällig für Korruption“
Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Canan Bayram, sagte der taz, sie sei von der neuesten Entwicklung mit den Festnahmen nicht überrascht. „Wir vermuten schon die ganze Zeit, dass beim Lageso Mauscheleien Alltag sind.“ Ihre Fraktion werde das Thema am Montag im Innenausschuss auf die Tagesordnung setzen.
Auch Fabio Reinhardt, flüchtlingspolitischer Sprecher der Piraten-Fraktion im Abgeordnetenhaus, sieht die jetzigen Durchsuchungen in einem strukturellen Zusammenhang mit der Allert-Affäre. „Es ist weiterhin völlig unklar, nach welchen Kriterien und auf welcher Grundlage die Betreiber von Notunterkünften vom Lageso ausgewählt werden“, kritisierte er. Notunterkünfte würden zum Teil innerhalb von 48 Stunden belegt, zum Teil seien Sicherheitsfirmen schon vor den Betreibern dort oder sogar selbst die Betreiber. „Diese Art der Vergabe ist anfällig für Korruption“, sagte Reinhardt, denn sie erzeuge Abhängigkeiten und viele Unklarheiten, meist gäbe es anfangs keine Verträge zwischen Betreiber und Lageso. „Es gibt inzwischen viele neue Betreiber, die wenig Erfahrung haben. Wenn das Lageso da eine Firma empfiehlt, kann es da sicher Einfluss nehmen“, sagte er.
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