Kommentar Vorwahlen der US-Republikaner: Dieses Jahr ist alles anders
Mitt Romneys Sieg bei den Vorwahlen in Michigan und Arizona bringt keine Klarheit. Und auch der "Super Tuesday" wird wohl nicht den Präsidentschaftskandidaten küren.
D as ist doch eigentlich wirklich alles sehr schön. Zwar hat der Multimillionär und frühere Gouverneur von Massachussetts, Mitt Romney, die Vorwahlen in Arizona und Michigan am Dienstag für sich entscheiden können. In Michigan, seinem Heimatstaat, in dem sein Vater einst populärer Gouverneur war, gewann er aber nur so knapp über seinen Hauptkonkurrenten Rick Santorum, dass er mit diesem Sieg eigentlich nichts anfangen kann. Und keine einzige der republikanischen Hardcore-Gruppen hat Romney für sich gewinnen können: Weder die Ultra-konservativen, noch die Christliche Rechte, noch die Tea Party.
Alle drei sind entweder bei Rick Santorum oder bei Newt Gingrich gelandet, ein paar Tea-Partier auch bei Ron Paul. Und nur einer von sieben Romney-Wählern gab nach der Wahl an, von dem Kandidaten auch überzeugt zu sein – die meisten sahen in ihm nur das kleinere Übel. Der Prozess republikanischer Selbstdemontage geht also fröhlich weiter.
Innerhalb der nächsten acht Tage wählen 12 weitere Bundesstaaten. Höhepunkt ist der „Super Tuesday“ am 6. März, an dem in zehn Staaten abgestimmt wird, darunter Schlüsselstaaten wie Ohio. In der Vergangenheit brachte spätestens dieser Tag meist die Entscheidung, die sich bereits vorher durch eine klare Führung eines Kandidaten abgezeichnet hatte.
ist Redakteur im Auslandsressort der taz und zuständig für die Amerika-Berichterstattung.
Dieses Jahr aber ist alles anders, und das aus zwei Gründen: Einerseits weiß wirklich keiner der Kandidaten zu überzeugen. Rick Santorum erklärte in der vergangenen Woche, Obama sei ein „Snob“, wenn er erreichen wolle, dass alle Kinder aufs College gehen könnten – in Wirklichkeit ginge es Obama darum, die jungen Menschen der Indoktrination durch linke Professoren auszusetzen. Und er, Santorum, habe „würgen“ müssen, als er eine Rede von John F. Kennedy von 1960 gesehen habe, in der Kennedy – der erste katholische Präsident der USA – auf die absolute Trennung von Kirche und Staat in den USA verwies. Das sei schrecklich, findet Santorum, Kirche und Staat gehörten nicht völlig getrennt. Später sagte er, er bereue diese Äußerung.
Super-PACs verändern die Vorwahlen
Mitt Romney wollte in Michigan seine Verbundenheit mit der Autoindustrie zeigen – „meine Frau fährt ein paar Cadillacs,“ sagte er. Ooops, da war er wieder der abgehobene Millionär ohne Verbindung zur Lebenswelt der meisten. Der einzige, der sich keine größeren Fehler geleistet hat, ist der rechtslibertäre Ron Paul – aber dessen Positionen sind innerhalb der Republikanischen Partei nicht mehrheitsfähig.
Vor allem aber hält die neue Form der Wahlkampffinanzierung über die sogenannten Super-PACs - offiziell vom Kandidaten unabhängig agierende Kampagnen-Teams, die unbegrenzt Geld auch von Einzelspendern einwerben können - auch die abgschlagenen Kandidaten viel länger am Leben, als das noch 2008 der Fall war. Newt Gingrichs Wahlkampf etwa wäre ohne die Großspenden eines Casino-Betreibers bereits im Januar zuende gewesen.
Früher waren die Kandidaten darauf angewiesen, durch frühe Vorwahlsiege Schwung aufzunehmen und dann die Unterstützung einer Vielzahl von Kleinspendern einzusammeln – wer als Loser galt, bekam kein Geld. Heute reichen ein oder zwei Großspender, um auch den Verlierern das Weitermachen zu ermöglichen.
Die Super-PACs kaufen Fernsehzeit in den wichtigen Staaten, ihre Spots sind zum größten Teil negativ, versuchen also, den Konkurrenten zu demontieren. Weil das alle so machen, sieht sich das Wahlvolk mit einer Flut von Spots konfrontiert, in denen Republikaner schlecht übereinander reden – sehr zur Freude der Demokraten.
Obamas Umfragewerte steigen
Die Umfragewerte Präsident Barack Obamas sind seit Beginn der republikanischen Vorwahlen stetig gestiegen. Bei der Frage, „Wenn Romney Kandidat wäre, würden Sie dann für Romney stimmen oder für Obama?“ hatte Romney Ende vergangenen Jahres, als einziger Republikaner, noch einen leichten Vorsprung – inzwischen liegt er mit fünf Prozent hinten. Und: Auch bei der Frage, ob die Wähler lieber Obama wählen würden oder einen Republikaner, gewinnt Obama inzwischen in den Umfragen – bis Ende Januar hatte er in dieser Frage stets hinten gelegen.
Schon häufen sich in den Meinungsspalten der Medien die Diskussionen darüber, ob überhaupt einer der Kandidaten die notwendige Delegiertenmehrheit für den republikanischen Wahlparteitag Ende August in Florida zusammenbekommt. Wenn nicht, erlauben die komplizierten Regeln des Delegiertensystems – nur manche sind in ihrer Stimme gebunden, viele aber nicht – dennoch eine Kandidatenkür. Aber in diesem Fall muss das vorher ausgehandelt werden, eine sogannente „brokered convention“. Und welchen Start in den eigentlichen Wahlkampf ein Kandidat hätte, der nicht einmal in der eigenen Partei zu überzeugen wusste, mögen sich republikanische Strategen gar nicht ausdenken.
All das sind gute Nachrichten. Denn ganz ehrlich: Die Vorstellung, die USA würden künftig entweder von einem religiösen Fanatiker, einem Wall-Street-Millionär, einem abgehalfterten konservativen Hardliner zweifelhaften Leumunds oder einem verrückten steinalten Rechtslibertären regiert, ist doch gar zu schrecklich.
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