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Kommentar Respekt für die MordopferEs geht ums Ganze

Jan Feddersen
Kommentar von Jan Feddersen

Aus Respekt sollte geschrieben werden, wie die Opfer des Naziterrors tatsächlich heißen. Schluss mit den Abkürzungen!

D ie man einer Tat verdächtigt, werden in den Medien nicht mit vollem Namen genannt. Die Presse hält sich mehr oder weniger konsequent an diesen Konsens. Lange hieß die Überlebende des thüringischen TäterInnentrios auch in der taz Beate Z. - bevor sich die Redaktion entschied, den Namen auszuschreiben, weil es sich um eine Person der Zeitgeschichte handelt. Ihre zwei Kumpanen wurden immer mit vollem Familiennamen genannt.

Davon abgesehen, dass das moralisch nicht richtig sein muss - der Name der mutmaßlichen Täterin ist inzwischen hinlänglich oft geschrieben worden -, könnte die Bezeichnung der Täter, ob sie nun den Freitod wählten oder nicht, ohne Abkürzung des Namens fragwürdig sein: Das eröffnet der Verfolgung von Angehörigen Tür und Tor: Sippenhaft ist aber (s. NS-Zeit) ethisch wie rechtlich verboten.

Aber: Weshalb werden die Namen der Opfer des Trios und ihrer HelferInnen anonymisiert? Haben sie nicht, die keine andere Gemeinsamkeit hatten außer der, so darf vermutet werden, von ihren MörderInnen unterstellten ethnischen Ähnlichkeit, wenigstens das moralische Recht darauf, als Einzelne bezeichnet zu werden? Dass sie - das vor allem! - nicht mehr auf eine Opferkette unter der Überschrift "Döner-Morde" gefädelt werden?

Bild: taz
Jan Feddersen

ist Autor der taz.

In jedem Namen steckt Identität, eine immer höchst komplexe, das heißt individuelle, unteilbare. Das Worte "Türke" stimmte schon faktisch nicht, weil ein Opfer griechischer Herkunft war. Aber, sofern deren Angehörige es nicht ausdrücklich anders wünschen: Ist es nicht eine Frage des Respekts, die Ermordeten wenigstens, wie es manche Zeitungen vorige Woche machten, beim vollen Namen zu nennen?

Es wären dann keine Türken, Migranten, Ausländer oder sonst was, sondern: Menschen, denen man zumindest posthum ein Stück Würde zurückgibt.

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin,und des taz Talks, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders des Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan, aktuell auch noch Bayer-Leverkusen-affin. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!

18 Kommentare

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  • AD
    arzu dersim

    Ja!

    Sie müssen das so annehmen, es sei denn wurden diese U-bahn-morde im namen des islam gemacht, dann hätten Sie recht.

     

    Ich verstehe auch nicht, warum das anders genannt werden soll? Sind die mörder nicht neonazis? Haben sie diese Menschen nicht wegen ihrer rasse getöte? Deswegen verstehe ich ihre frage nicht.

  • S
    suswe

    @ tommy, @ Panda Ray: Danke.

    @ Zyniker: Glauben Sie wirklich im Ernst, dass Nationale Sozialisten sind?

  • Z
    Zyniker

    Richtig so, keine Abkürzungen mehr.

    Ab sofort heißt das hier in der Taz nicht mehr Nazis, sondern

     

    NationalSOZIALISTEN

  • M
    Marvin

    "ihrer argumentation konsequent folgend, wären es auch keine u-bahn-morde in hamburg und berlin, sondern moslem-morde!"

     

    Die Bezeichnung "Nazimorde" ergibt sich, soweit ich das beurteilen kann, aus dem mutmaßlichen klaren "nationalsozialistischen", rassistischen Motiv der Taten. "Nazi" ist eine gängige Bezeichnung von Anhänger*innen des "Nationalsozialismus".

     

    War der Islam das Motiv der Taten in Berlin und Hamburg?

  • W
    Webmarxist

    Opfer von Morden muuß man immer mit vollem Namen nennen damit, man sich später an Sie erinnert.

     

    Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.

  • MZ
    M. Zinke

    @arzu dersim

    ihrer argumentation konsequent folgend, wären es auch keine u-bahn-morde in hamburg und berlin, sondern moslem-morde!

     

     

    ansonsten: warum genau muss der leser den vollen namen des opfers kennen? damit er ihn googlen kann und die angehörigen belästigen?

     

    sinnvoll ist es in jedem fall, bei tätern die noch auf der flucht sind den vollen namen zu benennen - dann kann es leichter werden diese zu finden.

     

    zukünftig also nicht mehr mehmmet y*. oder achmed s*. ("*name von der redaktion geändert") oder "südländische jugendliche" oder gar nur "jugendliche", sondern klartext!?

     

    aber ich nehme an, "das ist etwas gaaaanz anderes", oder?

  • L
    Lars

    "Die Presse achtet das Privatleben und die Intimsphäre des Menschen. [...] Die Presse achtet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und gewährleistet den redaktionellen Datenschutz." -- Pressekodex

     

     

    Es ist nicht die Entscheidung der Presse, darüber zu befinden, wie weit die Toten und deren Angehörige als Klickstrecke herzuhalten haben. Es ist die Entscheidung der Angehörigen. Und wäre es nicht sogar Diskriminierung, "ausländischen" Toten und Angehörigen weniger Recht auf Privatsphäre zu gewähren als "Deutschen"?

  • H
    Handan

    Gebt den Opfern ein Gesicht. Erzählt von Ihren Träumen und Wünschen. Sie hatten ein Leben, das ihnen genommen wurde. Ohne Geschichte bleiben sie ein anonymes Opfer, die Täter aber bekommen Aufmerksamkeit.

    Nur Geschichten über die Opfer zeigen uns, dass sie nicht anders sind als wir selbst.

     

    Die Familien sollten natürlich gefragt werden.

  • EP
    el presidente

    verstehe den Artikel nicht.

    Bei Wikipedia steht doch alles. Einzig die Presse übt Selbstzensur und traut sich nicht die Namen zu veröffentlichen. Ich finde diese Kriecherei unterträglich.

     

    Viel interessanter fände ich mal die Frage wie das Wort "Dönermorde" überhaupt den Weg in die Presse finden konnte. Widerspricht doch dem Pressekodex- oder etwa nicht?

     

    Meine Suche im Google Cache ergab das HNA.DE (Hessische/Niedersächsische Allgemeine)die erste Zeitung war die das schon 2003 benutzte. Aber ich bin kein Experte in solchen Recherchen- kann also falsch sein.

  • AD
    arzu dersim

    Vielen Dank für diesen kommentar.

    Ein sehr wichtiges thema. Das sind ja nicht döner morde, sondern nazi morde.

    Wie unser gehirn durch medien manipuliert wird!

  • PR
    Panda Ray

    Finde diesen Artikel völligen Unsinn. Außer, dass sich die Öffentlichkeit an den persönlichen Geschichten der Ermordeten aufgeilen kann - und nicht anders sollte man das nennen - ist damit niemandem ein Gefallen getan.

     

    Dass man die Bezeichnung Dönermorde fallen lässt - okay, dieser Begriff ist aber auch sowas von eindeutig BILD Niveau.

     

    Wenn die Angehörigen das machen wollen: Bitte sehr. Aber aus einem verlogenen Pseudo-Ehrlichkeitsgefühl heraus Klicks mit den "wahren Geschichten hinter den Dramen der Nazimorde von 2011" machen zu wollen - dann doch bitte weiterhin die Dönermorde.

     

    Scheinheilig.

  • D
    Diogenes

    Sowohl die Namen als auch die Biographien der Opfer UND Täter UND deren Helfer sollten veröffentlicht werden, denn nur so kann dieses nicht hinnehmbare Justizversagen vollumfänglich aufgeklärt werden und insbesondere ermittelt werden, wie es möglich ist, dass man solange im Dunkeln getappt ist.

  • TB
    Thomas Braun

    Gibt es sonst zu dem Them anichts zu schreiben, um die Zeilen zu füllen?

  • B
    Bolle

    Nun, der Grundidee, die Namen der Opfer auszuschreiben, kann ich zustimmen, sofern deren Angehörige das ähnlich sehen.

     

    Aber hat Jan Feddersen nicht gerade erst gestern einen Text veröffentlicht, dessen Kernthese und Existenzberechtigung es war, dass die Opfer eben nicht nur ein ethnischer Hintergrund oder ihr Ausländersein eint, sondern, dass sie - im Gegensatz zu den meisten Rechtsradikalen - aus ihrem Leben etwas zu machen zu machen verstünden:

     

    http://www.taz.de/Deutsche-Tugenden/!82273/

     

    Jetzt ist es also doch wieder der ethnische Hintergrund.

    Wie kann man sich innerhalb eines einzigen Tages vollkommen schmerzfrei derart selber widersprechen? Schlechter geht ja überhaupt nicht.

     

    Ich wollte die Kampagne zu "taz online zahl ich freiwillig" oder-wie-die-heißt ursprünglich kommentieren mit "nicht solange hinterher Autoren wie Kübra Gümüsay mein Geld kriegen";

    ich ergänze dann hiermit um Jan Feddersen.

  • ZR
    Zimmermann Ralf

    Dieser braune Abschaum ist es nicht wert, daß man sich ausführlich mit ihren Biographien beschäftigt.Womöglich macht man sie dadurch noch zu "Helden"unter ihresgleichen.Schiebt sie in die Türkei/Grichenland ab,wo sie verurteilt werden sollen und ihre Strafe verbüsen müßten.

  • KB
    Katja Barthold

    Danke für diesen Kommentar!

     

    Bereits beim ersten Lesen sollte doch auffallen, wie rassistisch und unmenschlich nicht nur der Vorfall, sondern auch die Berichterstattung über diese Morde ausfällt.

     

    Der Begriff "Dönermorde" wurde von fast allen Massenmedien übernommen und zeigt was Menschenleben der Politik, aber auch den Medien noch bedeutet. Es wurden Menschen umgebracht, keine Döner!

     

    Bitte durchbrecht diesen Pressejargon weiterhin!

  • GA
    Gerd Arno Schwiedergall

    Die Namen auszuschreiben wäre ein erster Schritt. Erstaunlich finde ich auch, dass sich - so weit ich weiß - noch kein Journalist näher mit den Biografien der Opfer beschäftigt hat. Sie haben alle ihre eigene Geschichte, die vermutlich auch erzählenswert ist.

  • T
    tommy

    Kann den Sinn dieses Artikels nicht ganz nachvollziehen, denn zumindest die Vornamen der Opfer und Bilder von ihnen sind ja in allen Medien präsent; die Faz hat schon vor ca. zwei Wochen auch die Nachnamen zumindest einiger Opfer sowie einige biographische Details veröffentlicht; dass die Opfer in den Medien gesichtlos blieben, kann man also nicht behaupten; mehr wäre vielleicht auch voyeuristisch, zumal einige Angehörige ja anscheinend auch Angst vor Angriffen durch Nazis haben.

    Von daher: Fällt Jan Feddersen nichts Besseres ein?