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Kommentar PiratenparteiDer Lack des Neuen

Kommentar von Tom Strohschneider

Die Piraten werden gewählt, weil sie anders sind, sie können auf eine Mischung aus Neugier und Enttäuschung bauen. Doch mit jedem Wahlerfolg wird dieser Vorteil kleiner.

Wie lange strahlt das Orange der Piraten? Bild: dpa

V or ein paar Jahren machte eine Partei mit dem Einzug in Landtage Schlagzeilen, die ihr bisher als politische Bühne unerreichbar waren. Sie wollte anders sein als die anderen, einem Wahlerfolg folgte der nächste. Irgendwann jedoch fing der Lack des Neuen an abzuplatzen, die Partei geriet auf jene viel zitierten Ebenen, auf denen man nur noch mit Mühe vorankommt. Auch die Zeitungen waren bald weniger freundlich. Und als sich die Partei dann erstmals Wiederwahlen stellen musste, redete niemand mehr von neuen Siegen, sondern nur noch von verhinderten Abstürzen.

Natürlich muss die Geschichte der Linkspartei, wie sie hier erzählt wird, nicht zur Blaupause für die Entwicklung der Piraten werden. Dass die Politfreibeuter, die im Saarland ihren zweiten Coup landeten und nun optimistisch auf die kommenden Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen schauen, auf einer gänzlich anderen Welle schwimmen, ist aber unwahrscheinlich.

Zu deutlich ist der Erfolg der Piraten daran geknüpft, dass die Konkurrenz alt aussieht. „Die anderen Parteien liefern ein schlechtes Bild ab“, hat der saarländische Landtagskandidat Michael Hilberer am Sonntagabend frohlockt - ein Vorteil, der jedoch mit jedem guten Ergebnis für die Piraten, mit jeder Landtagsfraktion kleiner wird. „Die anderen“, das ist man irgendwann selbst.

85 Prozent der Wähler haben die Piraten aus Frust über die anderen Parteien angekreuzt, nur sieben Prozent wegen der politischen Inhalte. Es gibt noch andere Zahlen vom Wahlabend, doch die weisen in die gleiche Richtung: Zwei Drittel stimmten aus Enttäuschung über die Politik im Allgemeinen für die Piraten, nur ein Drittel aus Überzeugung. Nun kann man sagen: Die Piraten stärken auf diese Weise die Integrationskraft einer Parteiendemokratie, von der sich viele längst abgewandt haben. Doch das ist keine Dauergarantie für politischen Erfolg. Und auch die „günstige Gelegenheit“, ohne die keine Partei die hohen Hürden des Eintritts in den Kreis der schon Etablierten überwinden kann, besteht nicht ewig.

privat
TOM STROHSCHNEIDER

ist Redakteur im Meinungsressort der taz.

Für die Piraten sind die drei Neuwahlen in diesem Jahr deshalb ein Glücksfall - und eine Bürde zugleich. Einerseits verschafft es der Partei die unverhoffte Chance, die gegenwärtig hohe Zustimmung in drei Landtagseinzüge umzumünzen. Andererseits wird die Partei, in den Parlamenten erst einmal angekommen, immer weniger auf die Mischung aus Neugier und Enttäuschung bauen können, die ihr jetzt noch zum Erfolg verhelfen. Programmatische Konsolidierung, arbeitsfähige Strukturen, Geldregen aus der Parteienfinanzierung - was sich die Piraten jetzt auf ihre elektronischen To-do-Listen schreiben, ist wichtig, aber in Wahrheit auch Gift gegen den Charme des Andersseins.

Womit wir dann doch wieder bei der Linkspartei wären. Die war der Aufsteiger der Jahre nach 2005. Und heute? Oskar Lafontaine hat am Sonntagabend gesagt, „ich hätte gerne etwas mehr gehabt, aber die Piraten haben uns ein paar Stimmen geklaut“. An ihrem Programm hat das so wenig gelegen wie die früheren Erfolge der Linkspartei mit sozialistischen Zukunftsvisionen zu tun hatten. Die Partei wurde vor allem gewählt, weil sie „die andere“ war. Jetzt haben die Piraten etwa 15 Prozent ihrer Stimmen bei Lafontaine erbeutet - genauso viel wie bei CDU und SPD, anderen Zahlen zufolge sogar noch deutlich mehr als beim großkoalitionären Duo. Fünf Jahre nach dem Einzug der Linkspartei in den ersten Landtag im Westen ist bei ihr offenbar der Lack des Neuen ab. Wie lange strahlt das Orange der Piraten?

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24 Kommentare

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  • V
    Valentin

    Die Wahl im Saarland ist doch völlig unbedeutend und deshalb sehe ich keinen Sinn darin, auf dem Ergebnis weitreichende Analysen aufzubauen und daraus ein Profil der Piratenpartei und ihrer weiteren Entwicklung erstellen zu wollen.

     

    Man muss sich mal vor Augen halten, dass es genau 35.646 Personen waren, die Piraten gewählt haben (Wikipedia)! Da gehen jedes Wochenende fast doppelt so viele Menschen allein in Dortmund/München/... ins Fußballstadion.

  • O
    ole

    So sehr ich Herrn Söder nicht mag, mit seinem Vergleich von CSU=Bayernkurier und Grüne=taz lag er wohl richtig.

     

    Kaum ist eine neue Partei erfolgreich, wird sie vom Zentralorgan der Grünen* an die Wand genagelt. Dabei ist diese Partei in Deutschland noch nicht einmal 5 Jahre auf der öffentlich wahrnehmbaren Bildfläche. Und bitte, die Piraten sind, ganz im Gegensatz zu den Grünen übrigens, nicht in fremden Gewässern oder in den Themenpools der etablierten Parteien auf Stimmenfang gegangen**.

    Ebenso absurd ist die Erwartungshaltung gegenüber den Piraten. Weshalb soll eine neue Partei sofort "fertig" sein? Weshalb soll eine neue Partei sofort "alle" Punkte der anderen Parteien im Parteiprogramm integriert haben?

    Wer hier bsw. bemängelt, daß die Piraten den Tierschutz nicht vorrangig behandeln, der soll doch gefälligst die Tierschutzpartei oder die Grünen wählen! Oder läuft bei den Grünen etwas falsch in Sachen Tierschutz?

     

    Ich bin der Meinung, daß wir keine weitere sogenannte bzw. selbsternannte Volkspartei brauchen, die sich durch das halbherzige Abarbeiten ALLER Themen mehr oder weniger auszeichnet.

     

    --

    *Okay, mittlerweile gibt es auch bei der taz Autoren, die in der Realität angekommen sind und den Werdegang von SED/PDS/Linkspartei/(+WASG)Linke und den Piraten einigermaßen differenziert betrachten können.

     

    **

    Genau das, was die Grünen früher auch einmal auszeichnete.

  • VR
    Vladimir Rott (Zürich, Berlin, Prag)

    Die Piraten sind ein, zurzeit ziemlich glaubhaftes, Versprechen, das verkrustete Machtgefüge der Parteien in Deutschland zu brechen.

    Als ein auch in Deutschland durchaus Engagierter höre ich zunehmend Rufe nach Transparenz, nach dem was man hierzulande Bürgerbeteiligung/Partizipation nennt.

    Ernst genommen werden, sich in ihre Dinge einmischen, mitzumachen können, sind für die junge Generation heute eine Selbstverständlichkeit.

    Doch das veraltete "post-monarchistische" System, mit zu vielen Wurzeln in den beiden Nachkriegszeiten, steht ihnen immer noch im Weg. Die Menschen können sich in den alten Parteien engagieren, zu denen einige auch die Grünen zählen. Oder in den NGOs. Sie entdecken auch die seit den 90ern eingeführten Ansätze zur direkten Demokratie, die das rein parlamentarische Parteien-System weiterentwickelt (mehr dazu auf mehr-demokratie.de).

    Die etablierten Parteien entdecken zwar langsam das Thema von mehr, oder sogar direkten Demokratie, Bürgerbeteiligung/Partizipation. Aber mit Ängsten, ihre Macht zu verlieren – und so legen sie sie immer noch zu eng aus.

    Da kommen die Piraten mit ihrem Versprechen, Leute einzubeziehen und die Dinge zu ändern gerade recht.

  • L
    Leoner

    Der Vergleich zwischen Piraten und Linkspartei hinkt ein wenig. Die Linkspartei hat unter anderem Namen bereits von 1949 bis 1989 Regierungsverantwortung getragen, seit 1990 sitzt sie regelmäßig in diversen Landtagen und durfte sich auch im demokratischen Deutschland an mehreren Regierungen beteiligen.

    Die Piraten stehen nicht nur inhaltlich für das genaue Gegenteil (Transparenz, Bürgerrechte, Demokratie), sondern sind konzeptionell grundverschieden.

    Was einen Journalisten reitet, hier Parallelen zu fantasieren, frage ich mich als Taz-Abonennt dann schon.

  • AS
    Anna Seliger

    @ liebe TAZ in jedem Fall liegt es nicht an der " Macht des Neuen" bei den Piraten, sondern an der Ohnmacht und an der Fehlerhaftigkeit von Grünen Positionen z.B. Atomkonsens mit Merkel, schwarzgrüne Träumereien und andere etwas " weichgespülte" Positionen, nur, um zur Volkspartei zu werden .. Das gelingt nun definitiv nicht mehr!Aus die Maus!!

  • Z
    Zunder

    Was erwartet man von den Piraten? Was erwartete man damals von den Grünen? "Kaum, dass der Geruch des Geldes ward empfangen, vergaß man, warum man eigentlich in die Politik gegangen". Dann heißt es im Stillen: Was soll ich für euch tun-, für euch, die ihr mit die Nebeneinkünfte sichert? Nach den nächsten 2- Legislatur-Perioden sind das keine "Piraten" mehr, sondern "Lobbykraten". Die Wirtschaft gehört nicht in die Politik und die Politik nicht in die Wirtschaft.Das muss erst mal geändert werden.Dann bekommen wir auch wieder eine Demokratie.Piraten haben wir eigentlich genug-,man betrachte sich nur mal das Verhalten der Banken. Und die ganze Plutokratie- eine Piraterie.

  • L
    Loretta

    Interessant ist doch, dass die etablierten Parteien offenbar nix lernen vom Erfolg der Piraten.

     

    Ein Grund, es mal mit der Piraten zu versuchen, ist bei vielen der Wille, schnell ernsthaft an politischen Entscheidungsprozessen beteiligt zu werden.

     

    Kaum jemand hat mehr Lust, sich erst in den verkrusteten, autoritären Strukturen der etablierten Parteien hochzuschleimen (auch nicht in der Linkspartei)und sich hoch zu "klüngeln", bis man endlich mal bischen mitreden kann.

     

     

    Bei den Piraten scheint das Mitentscheiden schnell möglich zu sein. Mal sehen, ob sie ihre Versprechen einhalten.

  • S
    Seeräuber

    Die taz kommt mit den Piraten nicht klar, oder? Die Piraten haben die selbstgerechten Besserwisser in Ihrer Redaktion kalt erwischt. Klar, da muß man sie auf eine Stufe mit der Linken stellen, dieser nachfolgeparteio der DDR SED. denn das sollte man nicht vergessen. Nur weil man da einige mal den Namen geändert hat ist noch lang kein neuer Inhalt in der Mogelpackung.

     

    Allein die Reihenfolge der Themen zeigt, wie unwichtig dieses Thema bei ihnen ist oder aber auch nur wie unfähig sie sind damit umzugehen.

     

    Schreiben sie lieber weiterhin über die einstellige FDP; oder soll ich besser EINS-stellige sagen?

  • D
    Detlev

    Also, der Kommentar von Tom Strohschneider beschreibt schon das Dilemma von Reformparteien in Deutschland: Erst haben sie Erfolg, dann wird's schwer. Aber bei den Piraten hat im Saarland auch geholfen, dass SPD und CDU den Wähler eine Aussage vorgesetzt haben, die sie nur durchs Kreuzchen bei den Piraten kontern konnten: Große Koalition - Parteiendiktatut auf vier Jahre.

     

    Und da sind wir beim Thema: Die Altparteien präsentieren eben gerne Positionen und Konstellationen, die sie vom Bürger befreien soll, obwohl sie wissen, dass der immer ärgerlicher wird, weil er kein Gehör mehr findet. Und insofern: Verdiente Strafe für SPD und CDU.

     

    Bei den LInken wird es schwierig, denn mit 16 Prozent kann man sie kaum noch als eine neue, randständige, agile Kraft beschreiben. Die Linke im Saarland hat ganz offensichtlich eine große Basis und stellt dort schon etwas anderes dar. Ingesamt isolieren Grüne und SPD aber die Linke, weil sie den Preis für eine Zusammenarbeit mit ihr nicht bezahlen wollen. Die Linke legt ja auch den Finger in ihre Wunden.

     

    Und das tun die Piraten auch: Sie zeigen auf Staub, graue Mäuse, Korruption und Hinterzimmermechanismen bei SPD und CDU. Sie lassen auch die Grünen mehr und mehr wie eine Establishmentpartei aussehen, was langfristig für die Grünen großen Schaden anrichten dürfte.

     

    Damit linke Parteien auch in der Summe eine linke Reformpolitik formulieren und umsetzen können, braucht es jetzt den Dialog. Und davon sind wir weit entfernt. Ich freue mich, dass in Deutschland immer mehr eine linke Reformehrheit zustande kommt. Der Nachteil ist wohl, dass man nur was daraus machen kann, wenn man bei SPD und Grünen, z.T. auch bei den Linken, die Führungsfiguren austauscht.

  • A
    Agenda2030

    Hmm, wenn ich Piraten wähle, wähle ich ihre basisdemokratischen Inhalte, um so auch gegen herkömmliche Parteien (Fraktionszwang, Hinterzimmer, Politstars, Leihbeamte) zu protestieren. Denn sie machen das ja erklärtermaßen anders, und kommen dabei zu guten Ergebnissen. Bin ich jetzt Inhalts- oder Protestwähler? Was ist eigentlich ein Protestwähler? Ist das der kleine Bruder vom Wutbürger? Ist der irgendwie doof, muss man den nicht ernst nehmen?

     

    Die Linke wurde von den Medien und anderen Parteien geschnitten und gebasht, weil sie eben links war (und DDR-affin) und nicht Teil des neoliberalen Konsens. Das war doch ziemlich durchschaubar. Und nicht vergleichbar. Die Piraten sind liberal, linksliberal. Die FDP ist bereits versenkt, kein Wunder, dass den anderen auch langsam mulmig wird. Piraten im Bundestag würden alle taktischen Spielchen und CDU-Ranschmeißereien schwieriger machen, am Ende müssten gar noch SPD, Linke und Grüne koalieren. Wo doch alle um Merkel werben. Daher werden nun die Samthandschuhe ausgezogen und auf die Piraten wird vermehrt von allen Seiten eingedroschen werden. Aber vorsicht, dass Piratenschiff wird dann vielleicht auch mal die Kanonenluken öffnen und scharf schießen, und seine Gegner bieten eine breite Zielfläche.

     

    Ideal wäre, wenn es irgendwann linksliberale Koalitionen jenseits von SPD und CDU geben könnte, denn die zwei veralteten Großparteien sind es zu sehr gewohnt, die Macht zu teilen oder sich an ihr abzuwechseln. Sie sind die Quelle von Fraktionszwang, Hinterzimmer, Politstars, Beraterkommissionen, Drehtüren zur Wirtschaft und Regieren per Bildzeitung. Weswegen ich eben, wie gesagt, Piraten wähle. Im übrigen munkelt man, die sollen sogar ein Parteiprogramm haben...

  • R
    reni

    Ach taz. Wenn egal wäre, wie ihr euch weiterentwickelt, müsste niemand mehr den Artikel kommentieren. Die Karrieren der Grünen-Spitze, mit denen ihr uns wochenlang belästigt habt, sind für uns irrelevant. Macht euch doch mal die Mühe zu verstehen, was da gerade passiert. Eure Grünen wären bei 120 Stimmen weniger rausgeflogen aus dem Saarparlament. Da fällt der Grünenspitze nur ein, naja, Saarland ist ein schwieriges Pflaster. Und die Piraten mit einem Landesverband von 300 Leutchen, unter Zeitdruck eiligst zusammengestellt, mit vielen Newcomern, ziehen locker an denen vorbei. Glückwunsch. Endlich normale Menschen. Mehr davon.

  • BM
    Bodo M. Menschenfreund

    Die Piratenpartei kann sich gegen die Erstarrung in etablierten Parteistrukturen wappnen, wenn sie weiterhin und dauerhaft auf den gegenseitigen/wechselseitigen Bezug von Basis und Abgeordneten Wert legt. Der Ausbau der digitalen Werkzeuge für die politische Willensbildung erfolgt und muß weitergehen; essentiell notwendig bleibt die programmatische Weiterentwicklung, aber: Ist die Programmatik der "Altparteien" wirklich so ausgebaut, wie es von journalistischer Seite stets vorausgesetzt wird, ohne dass das wirklich recherchiert wird? Wird wirklich gewürdigt, was an programmatischer Arbeit innerhalb der letzten zwei, drei Jahren auf Bundes- und Landesparteitagen geleistet worden ist?

     

    Altparteien liebäugeln seit dem Jahrtausendwechsel mit der Etablierung digitaler Strukturen; wirklich eingebaut in den politischen Willensbildungsprozess sind sie nirgendwo. Die Piratenpartei wird sich da auf absehbare Zeit auf Neues berufen können.

  • U
    Unbequemer

    Es muß bitter für das inoffizielle Presseorgan der Grünen sein zu sehen, daß eine neue Bewegung die grünen Populisten überholt. Aber wer weiß - notfalls schwenkt die TAZ auch um, wenn der unwahrscheinliche Fall eintritt, daß die Grünpopulisten unter die Räder der Bedeutungslosigkeit kämen. Das wäre wie eine Frischzellenkur für dieses Land.

  • B
    Branko

    Die Wähler haben begriffen:

    Es ist völlig egal, ob man Rot, Grün, Gelb oder Schwarz wählt, und auch in welchen Konstellationen sich diese Parteien zu Regierungen zusammensetzen - es ändert sich nichts. Gar nichts.

    Das nennt sich dann offziell "Realpolitik."

     

    Seit vierzig Jahren hören wir uns z.B. an:"Bildung ist das höchste Gut, was Deutschland zu bieten hat. Wir müssen dringenst in Bildung investieren." Allen ist das bewusst. Und was passiert? Das Gegenteil. Bildung wird systematisch abgebaut und eingestampft.

     

    Seit vierzig Jahren hören wir uns an.... und allen ist es bewusst. Und was passiert? Das Gegenteil.

     

    Seit vierzig jahren wählt Deutschland keine Regierungen, sondern nur die vorigen, denen man endgültig überdrüssig wurde, ab.

    Kohl wurde nicht gewählt. Man hat Rot-Gelb unter Schmidt abgewählt.

    Schröder wurde nicht gewählt. Man hat Schwarz-Gelb unter Kohl abgewählt.

    Merkel wurd nicht gewählt. Man hat Rot-Grün unter Schröder abgewählt.

     

    Und solange Politikern mit Überzeugungen und auch möglichen, alternativen Parteien systematisch jede Chance verweigert wird (und die taz beteiligt sich genauso daran, wie die Bild, die Zeit oder auch ARD, ZDF und RTL usw., kleinen Parteien, wie z.B. der ÖDP auch nur den Funken eines Medieninteresses zu verweigern! - es könnte sich ja was ändern. Demokratie könnte ernsthaft praktiziert werden und Druck auf die etablierten Parteien und ihre Lobbyisten ausgeübt werden *grusel*)...

     

    ...solange es keine wählbare Alternative gibt, bleibt den Demokraten nix anderes übrig, als gegen diese unwählbaren Schweibenweltpolitker zu stimmen.

     

    Mir graut schon vor der nächsten Bundestagswahl, weil dann die Wähler wieder vor lauter durch die Medien geschürte Angst vor wirklichen Alternativen ohnehin wieder nur eine Einheitspampe wählen werden (schwarz-gelb again, rot-schwarz oder rot-grün), von Alle schon am Wahlabend nach den ersten Hochrechungen schon wieder wissen:"Stöhn. Also weiter, wie bisher. Wann sind die nächsten Wahlen? Wer ist möglicher Gegenkandidat?"

     

    Ganz im Ernst:

    Dann könnte man nach der nächsten Bundestagswahlen die Legislaturperioden auf zwanzig Jahre hochsetzen.

    Denn den Einzigen, den es nicht egal, wer die Regierung stellt, sind die Parteien im Paralment selber.

    Und das können und sollen die unter sich aus machen.

    Da brauchts nicht alle drei Jahre einen einjährigen Wahlkampf mit dieser ganzen "analytischen Hintergrundberichterstattung plus Regenbogenpress-Quatsch."

     

    Mir persönlich sind Parteien und Koalitionen ohnehin prinzipiell eigentlich ziemlich völlig egal.

    Mir geht`s um Themen.

     

    Ich habe zu fast jedem Thema eine eigene Meinung, und möchte eigentlich keine Kompromisspakte wählen, wie "Okay, etwas mehr Bildung, dafür aber Atomstrom."

    In meinen Augen gehört im 21.Jahrhundert des Internets diese auf Parteien basierende "repräsentative Demokratie" ohnehin grundlegend reformiert.

    Aber das weiss ich auch, dass ich da der Mehrheit meiner Mitbürger um gefühlt dreihundert Jahre voraus bin, und mich alleine dieser Äusserung wegen schon als verfassungsfeindlich verdächtig gemacht habe.

  • M
    Manni

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    eine Partei nur aus Frust über die anderen zu wählen war schon immer die schlechteste Alternative.

    Bevor man eine Partei wählt und sich damit mit ihr identifiziert, muss man das Parteiprogramm kennen.

    Dieses lässt einem bei genauer Betrachtung bei den Piraten allerdings erschaudern, insbesondere was über Religion, Ethik und Moral festgelegt ist.

    Ich hoffe, dass der Autor dieses Beitrags recht hat und die Partei den Weg nimmt wie die Linken.

  • O
    Oliver

    Es wäre hilfreich, wenn Autoren und Kommentatoren von Artikeln, in denen über das Parteiprogramm gelästert wird, das Parteiprogramm, die Entscheidungen der Parteitage und die Positionspapiere zumindest kennen würden.

  • D
    drubi

    Wie auch immer man zu dem Wahlergebnis stehen mag:

     

    wer sich noch an das feste Parteiengefüge der "alten BRD" bis zum Einzug der Grünen und die gelegentlichen Wahlzugewinne der Rechtsextremen erinnern kann, hat allen Grund, in den Bewegungen in unserer Parteienlandschaft ein gutes Zeichen für das demokratische Verständnis in der deutschen Bevölkerung zu sehen.

  • D
    drubi

    Keine Ideen, keine Konzepte, keine Visionen, keine Ansrpüche. Was mit großem Pomp in Partei- und Wahlprogramme gepackt wird, dient nur der Selbstbestätitgung, weshalb man überhaupt noch politisch tätig ist. Und wer ist politisch tätig ? Wer das Privileg geniesst, mehr als andere über seine Zeit verfügen zu können. Selbständige, Unternehmer, Lobbyisten (die sogar professionell politisch tätig sein dürfen), Beamte, Gewerkschaftsbonzen. Und der Rest - eigentlich die Mehrheit... vergessen... weg... abgetaucht... hinter einer Wand von Sachzwängen und massivem Lobbyeinfluss verschwunden.

     

    Die SPD und z.T. die Grünen haben doch gar keine Inhalte mehr und wenn doch einmal, werden sie in der Regierungspraxis schnellstens wieder vergessen - manchmal sogar noch zu unserem Glück.

     

    Die SPD ist in diesem Punkt besonders faszinierend: sie schaut zu wie sich nach und nach potentielle Wählerschichten von ihr abwenden - die Ökologiebewegung, Arbeitnehmer und sozial Schwache, und nun jene Menschen, für die moderne Technologien längst eine Selbstverständlichkeit sind und die diese auf unterschiedlichste Weise in ihr Leben integriert haben, die wissen welches Potential für eine demokratischere und freiere Gesellschaft damit möglich ist - während traditionelle Sozialdemokraten moderne Technologien noch immer als verblödend und kulturfeindlich darstellen.

     

    Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, auf welchem Gebiet die SPD tatsächlich mehr Inhalte als die Piraten bietet. Doch: bei wirtschaftsfreundlichen und jenen, die liebgewordene Privilegien fortschreiben. Wo ist der Unterschied zu CDU und FDP ? Selbst wo einer erkennbar ist, traue ich der SPD nicht zu, diese auch in Politik umzusetzen - der Seeheimer Kreis und die Abhängigkeit von Spenden aus der Wirtschaft, insbesondere der Finanzwirtschaft sowie die Subventionierung des Weiterso durch Steuermittel verhindern jegliche Erneuerung. Und so wird die alte Tante immer älter, in jeder Hinsicht.

     

    Aus Jugendpolitik macht sie sich schon lange nichts mehr - ihr Jugendorganisation vernachlässigt sie schon seit Jahrzehnten, wenn sie sie nicht sogar gänzlich ausgrenzt, ohne Angebot einer Rückkehr. Also schälen sich jüngere Generationen inzwischen mit schöner Regelmässigkeit von ihr ab. Selbst politisch-geschichtliche Nachlassverwaltung gerät mehr und mehr zur lästigen Pflichtübung. Soziale Gerechtigkeit wird neokonservativ beurteilt und als veraltet angesehen. Und es war eben nicht nur ein Peter Glotz, der sich für Elite-Hochschulen und Beschräkungen des Zugangs zu höherer Bildung stark gemacht hat. Sämtliche Bildungsreformen hatten vorrangig das Wohl des öffentlichen Dienstes im Blick, danach das der Wirtschaft (gelegentlich zu deren eigenem Nachteil), und dann kam eine sehr grosse Lücke... eine sehr sehr grosse Lücke... (das Alzheimer der alten Tante und der trotteligen Onkels aus dem konservativen und liberalen Lager macht sich bemerkbar) ... da war doch noch was ... warten Sie, es fällt mir gleich wieder ein ...

    Inzwischen stellen immer mehr Menschen fest, dass das Warten sinnlos geworden ist. Dazu müssen die Piraten nicht einmal Inhalte bieten - denn die Inhalte der anderen kann man wahrnehmen, ebenso gut kann man sie übersehen und vergessen. Wo sie überhaupt einen Realitätsbezug haben, ist nicht nachvollziehbar, was davon ernst gemeint ist.

     

    Interessant ist am Ergebnis der Saarwahl vielleicht nur folgendes: das Problem der SPD ist in Anfängen auch schon bei den Grünen erkennbar ... und nicht erst seit dieser Wahl.

  • CS
    Clemens S.

    Solange noch regelmäßig Horrormeldungen über Strafverfolgungen von illegalen Download-Foren (u. die diffuse Drohung der Verfolgung auch ihrer Nutzer) die Runde machen und den millionen Nutzern dabei jedes Mal kurz das Herz in die Hose rutscht, werden die Piraten noch Erfolg haben.

     

    Denn dessen einzige Grundlage ist gerade keine politische Position (von der man bei dieser Partei ja auch schwerlich überhaupt sprechen kann), sondern dieser eine Aspekt, der viele Leute sehr unmittelbar berührt. Fällt er weg, so auch die Partei.

  • W
    Waage

    Ich finde diese ganze Euphorie um neue Parteien immer wieder befremdlich.

    Die Piraten haben sich zu vielen Fragen doch noch gar nicht wirklich positioniert: Sozialpolitik, Inneres, Wirtschaft, Arbeit, Agrar, Tier- und Umweltschutz, Energie usw.

     

    Sollte mich wundern, wenn sie diese Phase ohne Streit und Fraktionierungen überstehen würden.

    Es ist doch immer wieder das gleiche Spiel (es gibt gar kein Anderes):

    am Ende stellt sich dann raus, dass die Piraten auch nur mit Wasser kochen und dann ist mal wieder die Korrumpierung durch das System schuld ("...ein richtiges Leben im Falschen ist eben nicht möglich... blablabla...")

     

    Ich sehe in immer neuen Parteien nur einen unnötigen Aderlass der alten.

     

    So wie die USPD der „MSPD“ seinerzeit einen Teil der besten Leute abgezogen hat, haben es nach dem Krieg die Grünen in den 70/80er Jahren mit der SPD wieder gemacht.

     

    Das gleiche mit den LINKEN im Westen: neben einer Menge Querulanten, um die es nicht schade ist, verließen SPD und Grüne auch fitte Leute wie, um eine Person unter vielen zu nennen, Rüdiger Sagel in NRW und drohen jetzt in der Bedeutungslosigkeit zu versinken.

     

    Ein altes Beispiel ist doch Oskar: bloß weil er in der SPD nicht schalten und walten konnte wie er wollte (Alphatiersyndrom) hat er durch seinen Weggang den Durchmarsch der "Neoliberalen" in der Partei ermöglicht.

     

    Nur weil man kein Bock hatte, neue Themen oder alte Ideale gegen das Parteiestablishment durchzuboxen.

     

    Das mit den neuen Ideen geht zwar in einer neuen Partei einfacher (neues Spiel - neues Glück) aber diese Ideen sind dann gesellschaftlich immer noch nicht durchgesetzt, da fehlt dann wieder die organisatorische Power, Vernetzung und Hartnäckigkeit der alten Parteiapparate.

     

    Man sagt "...der erste Schritt ist der schwerste..."

    Sebastian Haffner sagte dagegen mal sehr treffend, das sei Unsinn, der erste Schritt sei im wirklichen Leben meistens der leichteste.

     

    Man darf nicht vor den alten Platzhirschen in den Parteien in neue flüchten sondern diesen in den bestehenden Strukturen Paroli bieten, sie immer wieder in ihre Schranken verweisen und neue Ideen durch viele gute Argumente bei den gutwilligen und auch den skeptischen alten Parteimitgliedern bekannt machen und verankern.

     

    Ich denke daher es wäre einfach besser, wenn die guten Leute der Linken wieder bei der SPD mitmachen und die Piraten die Grünen entern und mal so richtig aufmischen sollten!

     

    Während in einer Art Flurbereinigung auf der „rechten“ Mitte nur noch die CDU (die „Gironde“!) übrig zu bleiben scheint, atomisiert sich die andere Seite in immer neuen Parteien.

  • H
    Harry

    Eine durchaus treffende Beobachtung. Zumal die Piraten noch ein ziemlich uneinheitliches Bild abgeben. In Berlin haben sich die Piraten eher linksliberal positioniert. Im Saarland hört man dagegen eher neoliberale Töne.

     

    Die Piraten im Saarland bekennen sich zur "Schuldenbremse" und wollen laut Wahlprogramm in der öffentlichen Verwaltung Geld einsparen und die "Arbeitseffizienz" der Mitarbeiter steigern.

     

    Auch in bei einem urgeigensten Piratenthema, Open Source und freie Software, gaben sie bei einer Befragung durch die Free Software Foundation Europe ungewöhnliche Thesen von sich - so sagten sie, es sei es das gute Recht von Herstellern unfreier Software Monopole zu besitzen und ihre Produkte zu schützen, eine Einmischung in die Privatwirtschaft lehnten sie ab und die Themen in der IT-Bildung sollten durch Unternehmen und nicht durch die Politik bestimmt werden.

     

    Beobachter, die genauer auf die Aussagen der Piraten Saar geschaut haben, reden schon von einer "FDP 2.0". Von daher wird es sehr spannend zu sehen, wie die Landtagsfraktion sich entwickeln wird.

  • M
    m3t4b0m4n

    Was den piraten am Meisten Probleme beschehrt, ist die Hardcore-Basisdemokratie. Hier glänzt nicht der Lack des Neuen, sondern des Anderen.

     

    Hätte der Author den Piraten-Parteitag am Wochenende in Münster verfolgt, wüste er das. Dort wäre nämlich fast die zwingend notwendige Listenaufstellung geplatzt, weil sich gleich 200 Kandidaten angemeldet hatten.

     

    So wirkt der Kommentar, als habe sich Strohschneider nur etwas möchtegernfachkundiges aus den Fingern gesogen, weil er für solche Artikel nun mal Geld bekommt.

  • C
    cyctologie

    ich konnte nie fdp wählen weil ihre politik unmöglich ist die letzten 15 jahre...die grünen wollte ich durch meine fdplastigkeit auch nicht langfristig versauen. wir brauchen grüne die grün sind. mit den piraten gibt es endlich wieder eine ganz klare bürgerrechtspartei. wie lange haben wir darauf warten müssen!!!

     

    enttäuschung und unzufriedenheit mit anderen parteien sind bei mir deckungsgleich mit den besseren inhalten der piratenpartei und deren politischen zielen.

     

    es werden, so wie ich, noch mehr liberale von den grünen und der fdp zu den piraten abwandern. das wird der tod der fdp und der durchbruch der grünen als neue cdu. endlich, 20 jahre nach der wende, nimmt die neue republik gestalt an. und dank uns ossis gibts sogar ein tatsächliches soziales korrektiv links der spd.

     

    die piraten sind der beweis das unsere demokratie funktioniert. ich hab das schon fast nicht mehr geglaubt.

  • H
    heidi

    Ein Weilchen wird es schon noch dauern. Die Landtagswahlen in SH und NRW werden vorteilhaft für sie sein. Dass danach der Parteienalltag anfängt, ist ebenfalls eher vorteilshaft als ein Nachteil. Wir Wähler sind nämlich nicht solche Dumpfgurken, wie oft gemeint: Wähler wissen, dass eine neue Partei sich etablieren muss.

    Ja, die Enttäuschung über die alten Parteistrukturen hat den Piraten geholfen. Aber auch das Internet und die völlig veralteten Urheberrechte. Haben die Piraten ERfolg darin, diese zu verändern, bzw. zu lockern und das Internet als Freien Raum zu bewahren - werden sie auch als Partei Erfolg haben.

    Das grosse Manko was diese Partei momentan hat und dem sie auf Dauer entgegentreten muss, ist ihr Frauenmangel. Geht sie - auch thematisch womöglich - dieses Manko an, sehe ich gute Chancen auch für die Zukunft.