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Kommentar Gelbwesten in FrankreichMacron-Regierung sinnt auf Revanche

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Die Regierung droht mit harten Strafen für „professionelle Aufwiegler“ unter den Gelbwesten. Allein: Besonders wirksam wird das nicht sein.

Von der Härte des Staates werden sich die Gilets Jaunes nicht einschüchtern lassen Foto: ap

N ach gewaltsamen Krawallen und Plünderungen bei Protesten der Gilets jaunes am vergangenen Samstag in Paris steht die Staatsführung unter scharfer Kritik. Die Polizei machte einen schwachen und vom Vorgehen der „black blocks“ überrumpelten Eindruck. Die Medien und vor allem die Opposition von rechts und links fragen: Wie konnten die Behörden nach all den monatelangen Demonstrationen der Gelbwesten überrascht sein. Schließlich war es bereits in der Vergangenheit regelmäßig zu harten Konfrontationen gekommen.

In Frankreich ist es logisch, dass in einer solchen Situation symbolisch Köpfe rollen. Der bisherige Polizeichef von Paris, Michel Delpuech, war für die Rolle des Sündenbocks die ideale Besetzung. Er war nämlich bereits wegen seiner Verwicklung in die Benalla-Affäre ins Zwielicht geraten. Die Konservativen hatten außerdem lautstark den Rücktritt von Innenminister Christophe Castaner gefordert. Dieser Ex-Sozialist aber ist ein zu wichtiger „Bauer“ auf dem politischen Schachbrett von Präsident Emmanuel Macron, um wegen ein paar eingeschlagenen Schaufenstern und einem in Brand gesteckten Luxus-Restaurant geopfert zu werden.

Die Staatsmacht wurde aber ein Mal mehr auf der Straße von den Gilets jaunes diskreditiert, ja lächerlich gemacht. Der Premierminister, Edouard Philippe, kündigte am Montagabend bei einem Fernsehinterview mit viel Brimborium an, jetzt würden harte Saiten aufgezogen. Die Regierung sinnt auf Revanche und droht mit harten Strafen für „professionelle Aufwiegler“, mit Demonstrationsverboten, weiträumigen Kontrollen und präventiven Sicherheitsmaßnahmen.

Nur ist all das weder neu, noch besonders wirksam. Schon bisher waren offiziell gewisse Quartiere der Hauptstadt für die Demonstranten gesperrt, seit Wochen gibt es Kontrollen und Durchsuchungen, das Parlament hat ein neue Sondergesetzgebung gegen die „Casseurs“ (gewaltsame Randalierer) verabschiedet, durch die das Demonstrationsrecht bereits im Stil eines Ausnahmezustands eingeschränkt wird. Das Problem bei all dem ist aber: Wenn die französische Staatsführung in ihrer Verzweiflung die harte Repression als ihre letzte Karte in der laufenden Kraftprobe betrachtet, beweist sie lediglich ihre politische Ohnmacht.

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Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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16 Kommentare

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  • Immer dran denken, "cui bono".



    Und Frankreich bezahlt doch auch einen Geheimdienst… Honi soit qui mal y pense. Vertrauen in Regierungen ist gut, Kontrolle ist besser.

    • @Frau Kirschgrün:

      War für



      @D-H. Beckmann

  • 3. Den Gelbwesten missfällt, dass Macron dringendst notwendige Reformen des französischen Sozialstaats eingefordert hat, die zwingend all die Pfründe der bisher allmächtigen Gewerkschafts- und Parteifunktionäre aller Couleur bedrohen.



    Den Gelbwesten missfällt, dass Macron keine Verringerung des Renteneintrittsalters zubilligen will (Frauen gehen mit 62, Männer mit 63 in Rente und es geht nicht um die erkämpften Rechte der Arbeitnehmer, sondern vielmehr um die Posten der Funktionäre, wie z.B. bei der CGT und Mitarbeitern der SNCF. Sie erlaubt Lokführern mit 52 Jahren und Mitarbeitern mit einer sitzenden Tätigkeit mit 57 in Pension zu gehen).



    An den Gelbwesten ist vorbeigegangen, dass Frankreichs Wirtschaft längst nicht mehr in der Lage ist, all diese Segnungen des Sozialstaats zu finanzieren.



    Die „gilets jaunes“ verkörpern nicht Frankreich und die „gilets jaunes“ sind auch nicht das Volk… diese Sprüche kennen wir von der AFD und Pegida…



    Diese Kritik ist nicht persönlich zu sehen… Herr Balmer…. pardon… sondern als Ausdruck meiner Betroffenheit!

    • @D-h. Beckmann:

      "…dass Frankreichs Wirtschaft längst nicht mehr in der Lage ist, all diese Segnungen des Sozialstaats zu finanzieren."



      Und genau das glaube ich nicht, denn das Geld ist – wie in Deutschland auch – ja da. Es ist "nur" in den falschen Händen.



      Wir lassen uns so was von veräppeln!

  • 2. Die «gilets jaunes» verkörpern nicht das «wahre» Frankreich



    www.nzz.ch/feuille...-jaunes-ld.1453496



    „Noch ein anderer Aspekt aber irritiert bei den «gilets jaunes». Genau wie bei den Anhängern der italienischen Fünf-Sterne-Bewegung ist hier eine beunruhigende Verwechslung festzustellen: zwischen einer sozialen Bewegung auf der einen und dem Begriff des Volks auf der anderen Seite. Die «gilets jaunes» geben vor, das wahre Frankreich zu verkörpern – im Unterschied zu den Usurpatoren und Profiteuren, aber auch in Abgrenzung zum Islam und den Immigranten; von Globalisierung wollen sie nichts wissen.“



    Ich lebe seit 30 Jahren in Frankreich und ich mag Frankreich mit all seinen Widersprüchen.

  • 1.



    „Macron-Regierung sinnt auf Revanche“



    Besser wäre ihr Artikel mit der Überschrift versehen, „Herr Rudolf Balmer sinnt auf Revanche / Rache.“



    „Dieser Ex-Sozialist aber ist ein zu wichtiger „Bauer“ auf dem politischen Schachbrett von Präsident Emmanuel Macron, um wegen ein paar eingeschlagenen Schaufenstern und einem in Brand gesteckten Luxus-Restaurant geopfert zu werden.“



    „Wegen ein paar eingeschlagenen Schaufenstern“ … nur gut, dass es nicht Ihr Schaufenster ist, nicht Ihr Auto was brennt… Herr Balmer, warum berichten Sie nicht darüber, wie es den kleinen Ladenbesitzern geht, die seit Wochen jeden Samstag um ihre Existenz fürchten müssen, warm berichten sie nicht über diejenigen, deren Autos jeden Samstag in Brand gehen?



    "Gelbwesten" verwüsten Paris



    www.focus.de/polit...s_id_10007249.html



    Warum berichten sie nicht über die unsäglichen Fake News der Gilets jaunes



    „Gelbwesten“ haben 105 Millionen Mal Fake News gesehen“



    www.faz.net/aktuel...utet-16085497.html



    Warum berichten Sie so gut wie gar nicht über die großartige Bürgerdebatte, die seit mehr als 2 Monaten stattfindet und zig tausende von Bürgern teilgenommen haben … die Gilets jaunes aber jeglichen Dialog verweigern?

  • Gerne wüsste ich, wer die Randalierer sind. Sie einfach und schlicht als Gelbwesten zu bezeichnen, weil sie gelbe Westen zum Randalieren tragen, erscheint mir zu abwegig, denn die Randalierer haben die Gelbwesten ziemlich diskreditiert.



    Die Randalierer haben auf jeden Fall den Vorwand geleistet für weitere Einschränkungen des Demonstrationsrechts und für ein wahrscheinlich noch brutaleres Vorgehen der Sicherheitskräfte einschließlich finaler Repressionsmaßnahmen gegen Demonstrierende.

    Der Verlauf der Proteste ich eigentlich nicht überraschend. Solange Demonstrierende Fähnchen schwenken und Pappschilder bzw. Transparente zeigen, dabei aber lieb und brav bleiben und anschließend geordnet nach Hause gehen, erlaubt die bürgerliche Demokratie auch Demonstrationen und Meinungsfreiheit. Erstrecken sich die Proteste über viele Wochen und Monate mit einer besonderen Hartnäckigkeit, wie es die Gelbwesten vorleben, dann werden die Herrschenden nervös und leiten Maßnahmen ein, die demokratische Rechte zur Farce machen. Da kommen Randalierer wie gerufen.



    In Deutschland machen es sich die Gegner der Proteste einfach, indem sie permanent versuchen, die Gelbwesten zu etikettieren. Entweder als Rechte oder als Ultralinke. Der deutsche Michel kann einfach nicht begreifen, dass Menschen, die bis zum Äußersten ausgepresst werden, eines Tages die Schnauze voll haben. Untertanen lieben das Geordnete.

    • @Rolf B.:

      "Da kommen Randalierer wie gerufen."



      Vielleicht ist ja



      "Da kommen die gerufenen Randalierer"



      eher richtig?!



      Fragt sich, w e r die Randalierer "gerufen" hat…



      Nur mal so in den Papierkorb vermutet…

      • @Frau Kirschgrün:

        Wer hat die Randalierer beim G20 in Hamburg gerufen... die SPD, die CDU, die CSU, die FDP, die Grünen, die AFD ????

        • @D-h. Beckmann:

          "Wer hat die Randalierer beim G20 in Hamburg gerufen... die SPD, die CDU, die CSU, die FDP, die Grünen, die AFD ????"



          In gewissem Sinne durchaus – ob Ihnen das gefällt oder nicht.

          • @Frau Kirschgrün:

            Im auch nur im gewissen Sinne ;-)

      • @Frau Kirschgrün:

        Mag sein, dass Ihre Vermutungen richtig sind.

  • Eigentlich hat die Macron-Regierung (auch wenn möglicherweise ungewollt) alles richtig gemacht. Mit den ursprünglichen, politisch gefährlichen und von einer breiten und unbestimmbaren Masse getragenen Protesten hat das Ganze nichts mehr zu tun. Die Randalierer haben übernommen und die Bewegung ist vollständig diskreditiert. Jetzt kann man mit der gesamten Staatsgewalt zurückschlagen, ohne politisch in Schwierigkeiten zu geraten. Man muss auch keine besondere Vorsicht mehr walten lassen und kann ganz ordentlich aufräumen.

    Politisch muss manches halt erstmal eskalieren, bevor man sich der Sache annehmen kann.

    • @DiMa:

      "Die Randalierer haben übernommen und die Bewegung ist vollständig diskreditiert."

      Wirklich? Das wäre vielleicht in D so.

  • „Die Staatsmacht wurde aber ein Mal mehr auf der Straße von den Gilets jaunes diskreditiert, ja lächerlich gemacht“



    Mal angenommen, die Polizei lernt aus den gemachten Fehlern und bereitet sich nächstes Mal genauso sorgfältig vor, wie die Ladenplünderer und Feuerteufel, dann werden alle Jene, die sich gegenwärtig vor Lachen den Bauch halten, auf Selbstmitleid umschalten und laut über „Polizeibrutalität“ klagen. Wollen wir wetten?

    • @Pfanni:

      Ja... ich stimme Ihrer Wette zu!