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Kommentar Dobrindt und das DieselgateOrwell lässt grüßen

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Fakten optional: Verkehrsminister Dobrindt tut alles, um die Autoindustrie trotz der katastrophalen Testergebnisse reinzuwaschen.

Hält schützend die Hand über die deutsche Autoindustrie: Verkehrsminister Alexander Dobrindt Foto: AP

E igentlich müsste die Zeit des Leugnens und Schönredens nun vorbei sein. Am Freitag hat die Untersuchungskommission des Verkehrsministeriums endlich ihren Bericht zu den Abgastests an Dieselfahrzeugen vorgelegt. Und die Ergebnisse übertreffen die schlimmsten Befürchtungen selbst derjenigen, die der Branche gegenüber kritisch eingestellt sind: 49 von 53 getesteten Fahrzeugen halten den Grenzwert für giftiges Stickoxid nur unter den exakt definierten Testbedingungen ein. Sobald die Temperatur verändert wird oder der gleiche Test auf der Straße wiederholt wird, steigen sie auf ein Vielfaches des Erlaubten an.

Doch Alexander Dobrindt tut weiterhin alles, um die Autoindustrie trotz dieser katastrophalen Ergebnisse reinzuwaschen. Bei der Hälfte der getesteten Fahrzeuge sehen der CSU-Verkehrsminister und seine Kommission überhaupt kein Problem – selbst wenn die realen Emissionen dreimal so hoch sind wie erlaubt. Und sogar bei jenen Fahrzeugen, die bei minimalen Veränderungen der Testbedingungen plötzlich zehnmal so viel Stickoxid ausstoßen, sieht Dobrindt keinen Gesetzesverstoß, sondern lediglich „Zweifel“, ob Ausnahmeregeln hier zu großzügig genutzt wurden.

Statt diesen gesundheitsschädlichen Fahrzeugen die Genehmigung zu entziehen, hat sich Dobrindt mit den Konzernen auf einen „freiwilligen Rückruf“ geeinigt, dessen Ausgang zudem völlig unklar ist. Dabei haben die wissenschaftlichen Dienste des Bundestags und andere Juristen längst überzeugend dargelegt, dass das Vorgehen der Hersteller illegal ist.

Die Art, wie der Verkehrsminister die Fakten zurechtbiegt, erinnert an George Orwells „1984“, wo ein ganzes Wahrheitsministerium dafür zuständig war, die Wirklichkeit an die Wünsche der Regierung anzupassen. Dadurch fügt er nicht nur der Gesundheit von Tausenden von Menschen schweren Schaden zu, sondern auch der ohnehin schon arg lädierten Glaubwürdigkeit der Politik.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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7 Kommentare

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  • verkehrsressort NIE wieder an die CSU

  • Die Strukturelle Koruption in dieser unserer großdeutschen Republik kennt keine Scham? Seit der Veröffentlichung des Buches von Löthar Späth mit dem Titel "PPP" Private Public Partnership lebt ein großer Teil der Politik von und mit der "Deutschen Automobil Industrie".

    Dazu heute ein Text der SZ "308 Millionen Euro soll die PSE nun ausschütten an ihre Aktionäre, das macht mehr als 150 Millionen Euro für die beiden Clans, die die Stammaktien besitzen und noch mal 150 Millionen Euro für die Besitzer der Vorzugsaktien, zumeist Privatleute, Banken und Versicherungen. Die Argumente sind etwas für Feinschmecker: Man wolle eine "nachhaltige Dividendenpolitik fahren". Und der Ausblick für den VW-Konzern sei ja "positiv".

    Eine solche Ethik hat Griechenland die Olympischen Spiele, U-Boote, Panzer, BMW und Daimler Taxis, etc. per Kredit geschenkt. Wir kannten die Zahlungsfähigkeiten Griechenlands: Oliven. Jetzt fordern unsere Politiker das Land der Philosophen, der Ethik, der Demokratie und dem Sitz der Götter, den Olymp zu privatisieren.

    Das hat Günter Grass treffend in seinem Gedicht "Europas Schande" beschrieben:

    Sauf endlich, sauf! schreien der Kommissare Claqueure,

    doch zornig gibt Sokrates Dir den Becher randvoll zurück.

    Verfluchen im Chor, was eigen Dir ist, werden die Götter, deren Olymp zu enteignen Dein Wille verlangt.

    Geistlos verkümmern wirst Du ohne das Land, dessen Geist Dich, Europa, erdachte.

    Das ist der Zustand den Orwell visionär beschrieben hatte?

  • Es sollte sich mal jemand finden, der der alten Ermittlerweisheit folgt: "Verfolge die Spur des Geldes." Ich persönlich bin felsenfest davon überzeugt, dass Poltiker, die sich so vehement Industriefreundlich verhalten, das nicht nur tun, weil es Spenden für die Partei gibt, sondern sie profitieren persönlich davon. Wege gibt es genug: Briefkastenfirmen, Nummernkonten, usw.. Aber es gibt natürlich keinerlei Anfangsverdacht und dann hat unsere Justiz natürlich keinen Anlaß zu handeln... Diese Meinung gilt im übrigen Partei übergeifend, da diskriminiere ich niemanden :-))

  • Bringen wir es auf den Punkt! In diesem Land gibt es nur einen der wirklich etwas ändern kann und das ist leider ausnahmslos der Verbraucher.

     

    Auf die Politik kann man nicht zählen, diese verweigert sich beharrlich ihre Kontrollfunktion wahr zu nehmen.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Deutsche Politiker klopfen sich immer wieder voller Stolz auf ihre eigegen Schultern und beschwören ihre Unbestechlichkeit. Geschickt haben sie viele Formen der Korruption einfach legalisiert, indem Parteispenden oder Beraterverträge offengelegt werden müss(t)en und dann nennt man es nicht mehr Korruption sondern staatstragende Verantwortung oder ähnlich pathetischen Blödsinn. Dobrindt ist ein hervorragendes Beispiel dafür. Nicht nur er hat derartige Meineide geschworen...

  • & immer schön den

    Cheflobby-&Schmalspurjuristen

    Matthias Wissmann - Präsi VDA -

    Mit in den Sack - & Un feste druff!

    Triffst immer die Richtigen!

     

    (https://www.vda.de/de/verband/organisation/praesident.html)

  • Es bräuchte eine Möglichkeit, Herrn Dobrindt persönlich wegen Körperverletzung zu verklagen!