Kommentar Dobrindt und das Dieselgate: Orwell lässt grüßen
Fakten optional: Verkehrsminister Dobrindt tut alles, um die Autoindustrie trotz der katastrophalen Testergebnisse reinzuwaschen.
![](https://taz.de/picture/1153106/14/15766839.jpeg)
E igentlich müsste die Zeit des Leugnens und Schönredens nun vorbei sein. Am Freitag hat die Untersuchungskommission des Verkehrsministeriums endlich ihren Bericht zu den Abgastests an Dieselfahrzeugen vorgelegt. Und die Ergebnisse übertreffen die schlimmsten Befürchtungen selbst derjenigen, die der Branche gegenüber kritisch eingestellt sind: 49 von 53 getesteten Fahrzeugen halten den Grenzwert für giftiges Stickoxid nur unter den exakt definierten Testbedingungen ein. Sobald die Temperatur verändert wird oder der gleiche Test auf der Straße wiederholt wird, steigen sie auf ein Vielfaches des Erlaubten an.
Doch Alexander Dobrindt tut weiterhin alles, um die Autoindustrie trotz dieser katastrophalen Ergebnisse reinzuwaschen. Bei der Hälfte der getesteten Fahrzeuge sehen der CSU-Verkehrsminister und seine Kommission überhaupt kein Problem – selbst wenn die realen Emissionen dreimal so hoch sind wie erlaubt. Und sogar bei jenen Fahrzeugen, die bei minimalen Veränderungen der Testbedingungen plötzlich zehnmal so viel Stickoxid ausstoßen, sieht Dobrindt keinen Gesetzesverstoß, sondern lediglich „Zweifel“, ob Ausnahmeregeln hier zu großzügig genutzt wurden.
Statt diesen gesundheitsschädlichen Fahrzeugen die Genehmigung zu entziehen, hat sich Dobrindt mit den Konzernen auf einen „freiwilligen Rückruf“ geeinigt, dessen Ausgang zudem völlig unklar ist. Dabei haben die wissenschaftlichen Dienste des Bundestags und andere Juristen längst überzeugend dargelegt, dass das Vorgehen der Hersteller illegal ist.
Die Art, wie der Verkehrsminister die Fakten zurechtbiegt, erinnert an George Orwells „1984“, wo ein ganzes Wahrheitsministerium dafür zuständig war, die Wirklichkeit an die Wünsche der Regierung anzupassen. Dadurch fügt er nicht nur der Gesundheit von Tausenden von Menschen schweren Schaden zu, sondern auch der ohnehin schon arg lädierten Glaubwürdigkeit der Politik.
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