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Kolumne Vom Überleben in der KriseDagobert Duck irrt sich

Dagobert Duck tappte in die Liquiditätsfalle, als er in seinem Geld lieber badete, statt es auszugeben. Heutzutage herrscht ein ähnliches Prinzip.

Dagobert Duck irrt sich gewaltig Bild: dpa

N ach jahrelanger Finanzkrise ist die Suche nach einer neuen Leitfigur wirtschaftlich verantwortungsvollen Handelns voll im Gange. Wer hätte das gedacht: Dagobert Duck wird gerade nicht nur 65 Jahre alt. Der Geizkragen wird auch von vielen als der neue Antiheld zum vollends gescheiterten homo oeconomicus gehandelt.

Woher der Reichtum kommt, spielt in Entenhausen keine Rolle. Vielmehr, wie er damit umgeht. Dagobert hat sein Gold, die Taler und die vielen Kreuzer in einem riesigen „Geldspeicher“ gebunkert. Damit zu prassen ist ihm fremd. Der Extremgeizling zieht lieber aus der sinnlichen Wahrnehmung seines Reichtums Nutzen – beim Baden.

Letztlich hat Onkel Dagobert nur einen Feind. Das ist die, allerdings komplett erfolglose, Panzerknackerbande. Der gebende und nehmende Staat hat zudem in Entenhausen keinen Platz. Von Vermögensabgabe oder dauerhafter Vermögensteuer ist nie die Rede. Dagobert trägt nicht zur Finanzierung der öffentlichen Infrastruktur sowie eines Sozialsystems für Ärmere bei.

Bild: archiv
RUDOLF HICKEL

, Ökonom, ist Wirtschaftsprofessor an der Universität Bremen. Er ist Gründungsdirektor des Instituts Arbeit und Wirtschaft (IAW). Derzeit arbeitet er hier als Leiter der Forschungseinheit Finanzwissenschaft. Als Sachverständiger ist er zudem beim Finanzausschuss des Deutschen Bundestages aktiv.

An dieser Stelle wechseln sich jede Woche unter anderem ab: Gesine Schwan, Jens Berger, Ulrike Herrmann und Eric Bonse.

Und doch lobt Peer Steinbrück, im selben Jahr wie die Comic-Ente geboren, die tugendhafte Sparsamkeit von Krösus Dagobert. Es bedürfe mehr Dagoberts, die ihren Reichtum in Panzerschränken lagern. Die Volkstugend „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ schimmert beim auch nicht gänzlich abgebrannten SPD-Kanzlerkandidaten durch. Die gesamtwirtschaftlich negativen Folgen interessieren Steinbrück beim Loblied auf das Horten nicht, zur Besteuerung des Goldvermögens schweigt er.

Im radikalen Gegensatz dazu hält die Occupy-Bewegung Dagobert für die personifizierte Fratze des von Gier getriebenen Finanzkapitalismus. Auch nach marxscher Terminologie ist der Schatzbildner die gruseligste Fratze des Kapitalisten. Die Aktivisten irren gründlich. Dagobert Duck nutzt nämlich nicht jeden Tag Telefone oder sogar den PC, um weltweit nach Renditen für sein Vermögen zu suchen. Auch sind ihm Spekulationsgeschäfte zuwider. Er ist eine Antiheuschrecke. Die Primitiv-Dagobert-Ökonomie hätte Immobilien- und andere Blasen auf den Finanzmärkten nicht möglich gemacht.

Dagobert ist aus einem anderen Grund der Totengräber moderner Ökonomien. Sein Reichtum arbeitet nämlich nicht. Er wird nicht zur Finanzierung von öffentlichen und privaten Sachinvestitionen eingesetzt. Wer spart, belastet schließlich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Der Reichtumserpel personifiziert den wirtschaftlichen Akteur, der die von John Maynard Keynes entdeckte Liquiditätsfalle öffnet.

Erwirtschaftetes Geld wird dem Kreislauf entzogen – durch das Bad im Gold. Die heutige Liquiditätsfalle ist anders begründet. Konzerne und reiche Privatiers lassen Einkommen massenhaft als Liquidität per Sicht- und Termineinlagen praktisch zinslos auf ihren Bankenkonten liegen.

Sie tun dies nicht mit der Lust Dagoberts, sondern aus purer Verzweiflung. Allein Deutschlands Unternehmen bunkern derzeit über 270 Milliarden Euro als kurzfristige Liquidität auf ihren Konten. Ursache sind ihre pessimistischen Absatzerwartungen, auch eine Folge der Banken- und Finanzmarktkrise.

Aus Dagoberts gesamtwirtschaftlicher Blindheit lassen sich mehrere Lehren ziehen: Es geht zum einen nicht ohne makroökonomische Politik sowie einer Regulierung der Märkte. Wichtig ist es, die anhaltende Vertrauenskrise abzubauen. Die Liquidität muss wieder den Weg in die Finanzierung von Sachinvestitionen und in die Stärkung privaten Konsums finden.

Dabei kommt dem Staat eine wichtige Rolle zu. Das Gold muss nach dem Prinzip ökonomischer Leistungsfähigkeit besteuert werden. Wer hortet, wie Dagobert, sollte zudem mit einer Substanzbesteuerung zugunsten der Finanzierung öffentlicher Ausgaben nicht nur in Entenhausen rechnen müssen.

Zur Versöhnung: Aus den Einnahmen lässt sich auch der Kampf gegen Panzerknackerbanden und andere Arten der Kriminalität finanzieren.

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9 Kommentare

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  • RB
    Rainer B.

    Dagobert Duck ist kaum geeignet als Symbolfigur des Kapitalismus. Sicher, er ist ein notorischer Geizhals. Sein Verhältnis zum Geld ist aber ein ausgesprochen sinnliches. Er genießt das Bad in seinen Millionen. Er trägt immerhin - wenn auch zweifelhafte - menschliche Züge.

     

    Der heutige Bankenkapitalismus ist weder sinnlich noch menschlich, sondern sinnlos und menschenverachtend. Der Kommentar von H.Ewerth hat darauf bereits zurecht hingewiesen.

     

    Die Banken bekommen billiges Geld für 1%-Zins von der Bundesbank. Dieses Geld verleihen sie für 12%-Zins an Privatleute und Unternehmen, die sich damit hoffnungslos verschulden. Parallel dazu verschuldet sich der Staat bei den Banken, denen er das Geld der Steuerzahler praktisch geschenkt hat, in der Hoffnung, es würden damit Investitionen angestoßen, die später zu höheren Steuereinnahmen führen. Ein Investitionseffekt kann sich aber nicht einstellen, wenn Unternehmen verschuldet sind und damit keine Bonität genießen. Der Bürger wird also mit Hilfe der Banken nach und nach 'legal' enteignet. Er darf nur noch die zahlreichen prachtvollen Bankhäuser bestaunen, die von seinem Geld errichtet wurden.

    Früher nannte man das Diebstahl.

     

    Aus meiner Sicht hat sich das Bankensystem selbst überlebt. Der Körper ist schon ausgeblutet, aber das Herz pumpt noch - heiße Luft.

  • LS
    Ludwig Staab

    Nur ein Feind???

    Was ist denn bitte mit Gundel Gauckly? Oder MacMoneysac? Oder Klaas Klever? Und, seit Don Rosa, dem "Chevalier Noir"??

     

    Jemandem, der offensichtlich zu blöd ist, Comics zu lesen sollte man in Sachen Volkswirtschaft erst recht keine Kompetenz zusprechen!!

  • A
    Arne

    @HambergerX:

    Den Satz auch mal in Hickels Kommentar gelesen?

    " Konzerne und reiche Privatiers lassen Einkommen massenhaft als Liquidität per Sicht- und Termineinlagen praktisch zinslos auf ihren Bankenkonten liegen."

    Hickel spricht von 270 Mrd. Sicht- und anderen kurzfristig fällig werdenden Einlagen. Jede Bank wäre wahnsinnig, wenn sie solche Einlagen zu einem großen Prozentsatz als Kredite für langfristige Investitionen nehmen würde heutzutage. Ich weiß gar nicht, wie das heute ist, aber früher war das auch zumindest in der BRD gesetzlich geregelt, dass man solche Anlagen nur zu soundsoviel Prozent als langefristige Kredite weitergeben darf. Mit sowas kann man Dispos finanzieren, aber keine Investitionen machen, die volkswirtschaftlich produktiv wären!!!

  • S
    StarWars

    "Gravierende Unsinn und sachlich falsch: Geld auf dem Konto ist im Gegensatz zum Geld im Geldspeicher immer nützlich:"

     

    Das halte ich für Unsinn und sachlich falsch.

    Das Geld der Kunden verbucht die Bank auf der Passivseite und sind damit Schulden aus Sicht der Banken. Und Schulden kann eine Bank nicht verleihen.

     

    Es würden: Sichtkonto (Bankpassiva) im soll sinken und gewährte Kredite(Bankaktiva) im "soll" steigen. Schon juristisch eine unmögliche Konstruktion. Deswegen auch: "Verbotene" Buchung, die wegen Fibu-Logik sowieso grundsätzlich, immanent verunmöglicht ist und wird. Basta.

     

    Ansonsten:

    Weiter verbeiteter Irrtum in der Öffentlichkeit. Banken gehen durch Bargeld entgegennehmen ein Schuldverhältnis mit dem Sparer ein. In der Bank ist "Sparkonto" ein passiva und bei Sparer ein aktiva. In der Bank wird niemals das Sparkonto gefüllt, sondern DIE die Bankkassa mit gegenbuchung Sparkonto. Diesbezügliche Missverständnisse kommen offenbar von

    den üblichen gedankenlosen Wortsinnverdrehungen, wie "auf's Konto einzahlen", "vom Konto abheben", die sachlich falsch sind und das Wesentliche verbergen.

  • H
    H.Ewerth

    Wie in allem, liegt auch hier ein Teil der Wahrheit. Wenn ich mir die brutalen Lebensbedingungen auf dieser Welt für die Menschen auf der einen, und gleichzeitig die astronomischen Reichtümer auf der anderen Seite dieser Welt an schaue, kann ich es nur noch ein Imperium der Schande nennen. Täglich sterben einhunderttausend Kinder auf dieser Welt an Hunger und deren Folgen. Wer hier keine Zusammenhänge erkennt oder erkennen will, ignoriert einfach diese Fakten. Reichtum entsteht nicht durch Leistung, sondern durch Ausbeutung.

  • SG
    Silvio Gesell

    Der Artikel spricht ein wichtiges Problem an. Die Hortung des Geldes sollte bestraft werden und nicht belohnt!

     

     

    Aber es ist ja seit vielen Generationen so, dass die Reichen Zinsen für ihren Reichtum bekommen ohne etwas dafür zu tun!

    Und wer bezahlt die Zinsen? Die gutmütige Bank?

     

    Nein:

    Die Armen. Die, die sich Geld leihen müssen, weil sie nicht genügend Mittel zum leben haben.

    Eine Umverteilung von unten nach oben wird hervorgerufen!

     

     

    Das ganze Finanzsystem basiert auf Schulden. Jeder Cent ist geliehen und muss mit Zinsen an die Banken zurückbezahlt werden.

    Die Schulden sind also immer höher als das Geld was im Umlauf ist, d.h. es ist einfach unmöglich alle Schulden zu zurückzuzahlen!

     

     

    Zinsen erzeugen Kriege, Hungersnöte, Armut, Habgier, Umweltzerstörung, Abhängigkeit! Und dabei wäre genug für alle da auf diesem Planeten. Niemand müsste auf Kosten anderer leben.

     

     

    Die Annahme das Wirtschaftswachtum die Lösung ist, ist das gleiche wie zu denken, dass Aspirinmangel die Ursache von Kopfschmerzen sei!

     

    Das Finanzsystem muss reformiert werden und Zinsen abgeschafft!

  • UT
    Ulrich Taubert

    "Wer spart, belastet schließlich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung."

     

    Hier widerspricht sich der Text selbst, denn sparen kann vielfältig sein.

    Gespartes Geld kann stabilisierend wirken (sichert auch vor Armut, wobei besonders sehr vermögende Menschen und Tiere wohl sehr selten verarmen) und kann auch Wirtschaft fördernd gebraucht werden.

    Dagobert Ducks Geld beeinflusst maximalistisch Volkswirtschaften, weil er das Geld in seinem Pool spart und keine, oder nur minimalistische, Investitionen in volkswirtschaftliche Projekte macht.

    Er symbolisiert einen Typ von Bank.

    Diese Vermögenden, welche nicht nur Geld von Unternehmen haben oder Unternehmen sind, welche ihre Reichtümer genau so verwalten, blockieren eigenwirtschaftliche Evolutionen und wirtschaften kontraproduktiv.

  • H
    HamburgerX

    Gravierende Unsinn und sachlich falsch: Geld auf dem Konto ist im Gegensatz zum Geld im Geldspeicher immer nützlich: Denn es ist eine wichtige Voraussetzung für Kredite an Unternehmen und Privathaushalte. Ohne diese Kredite wäre Deutschland ab sofort ein Entwicklungsland.

     

    Die Mär, das hohe Vermögen "nutzlos" auf Konten herumliegen gehört daher an den Linksaußen-Stammtisch, aber nicht in eine wirtschaftswissenschaftliche Erörterung.

  • T
    T.V.

    Die aktuelle Le Monde Diplomatique lesen und der Artikel hier löst sich quasi in Luft auf.