Karlsruhe stärkt Meinungsfreiheit: „fck cps“-Button ist keine Beleidigung
Die Verfassungsbeschwerde war erfolgreich: Der Slogan „fuck cops“ ist dann legal, wenn die gesamte Polizei damit gemeint ist.
FREIBURG taz | Anstecker und T-Shirts, die Hass auf die Polizei ausdrücken, sind prinzipiell legal und vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung geschützt. Das entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht in einem Kammerbeschluss. Es könne nicht unterstellt werden, dass damit bestimmte Polizisten beleidigt werden sollen.
Der konkrete Fall spielte in Bückeburg, einer Kleinstadt in Niedersachsen. Eine junge Frau trug ein T-Shirt mit dem Aufdruck „fck cps“. Die kryptische Buchstabenfolge steht für „fuck cops“ und ist ein bei Punks, Antifas und Fußballfans beliebter Slogan.
Auch zwei Bückeburger Polizisten verstanden die Botschaft. Sie schickten die 18-Jährige zum Umziehen nach Hause und drohten beim nächsten Mal eine Anzeige wegen Beleidigung an. Kurze Zeit später trafen die Polizisten die junge Frau erneut – mit einem Anstecker „fck cps“.
Das Amtsgericht Bückeburg verurteilte die Heranwachsende nach Jugendstrafrecht im November 2013 zu einigen Stunden gemeinnütziger Arbeit. Die Beleidigung habe sich auf die 25 uniformierten Polizeibeamten Bückeburgs bezogen. Das Oberlandesgericht Celle bestätigte das Urteil. Doch die Bückeburger Teenagerin erhob Verfassungsbeschwerde – mit Erfolg.
Auch eine „allgemeine Ablehnung der Polizei“ sei vom Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt und in der Regel nicht als strafbare Beleidigung einzustufen, entschied das Bundesverfassungsgericht. Die Äußerung habe sich nicht auf eine „hinreichend überschaubare Personengruppe“ bezogen.
Die gesamte Polizei sei als Kollektiv so groß, dass nicht jeder Polizist in seiner persönlichen Ehre verletzt werde, so die Karlsruher Richter. Und es habe hier kein Indiz gegeben, dass nur die Polizei in Bückeburg gemeint war. Das Amtsgericht muss nun neu über den Fall entscheiden. (Az.: 1 BvR 1036/14)
Der Karlsruher Beschluss dürfte genauso für T-Shirts und Buttons mit der Abkürzung „ACAB“ (all cops are bastards) gelten. Die Träger solcher Meinungs-Accessoires sollten allerdings darauf achten, dass ihre Äußerung nicht auf bestimmte Polizisten bezogen wird. Wer bei einer Polizeikontrolle auf sein „fck cps“-T-Shirt zeigt, begeht eine Beleidigung, so das Landgericht Nürnberg im letzten Sommer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebung erstmal verhindert
Pflegeheim muss doch nicht schließen
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Negativity Bias im Journalismus
Ist es wirklich so schlimm?
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Künstler Mike Spike Froidl über Punk
„Das Ziellose, das ist doch Punk“