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Karlsruhe soll Legalität prüfenNPD bemüht Verfassungsrichter

Die NPD hat das Verfassungsgericht angerufen: Es soll feststellen, ob die Partei verfassungmäßig ist oder nicht. Für das Gericht ist das juristisches Neuland.

Es gibt die Chance, dass sich die NPD selbst stoppt: Protest gegen NPD-Demo. Bild: dapd

KARLSRUHE dapd | Die rechsextreme NPD will mit einem Antrag in Karlsruhe ihre eigene Verfassungsmäßigkeit feststellen lassen und damit offenbar einem drohenden Verbotsverfahren zuvorkommen. Ein Sprecher des Bundesverfassungsgerichts sagte am Dienstag, der Schriftsatz sei eingegangen. Die Partei wolle vom höchsten deutschen Gericht feststellen lassen, dass sie „nicht verfassungswidrig“ im Sinne des Grundgesetzes ist.

Es sei „in der Geschichte des Bundesverfassungsgerichts der erste Antrag einer Partei, ihre eigene Verfassungsmäßigkeit feststellen zu lassen“, sagte der Gerichtssprecher. Wie viel Zeit die Prüfung des Antrages in Anspruch nehmen werde, sei derzeit nicht abzusehen. Nach dem relevanten Artikel 21, Absatz 2 des Grundgesetzes sind Parteien verfassungswidrig, „die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden“.

Über die Frage der Verfassungswidrigkeit einer Partei darf allein das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Das Gericht hatte ein erstes Verbotsverfahren 2003 gestoppt, weil in den Führungsgremien der NPD zahlreiche Informanten für den Verfassungsschutz tätig waren. Als zugelassene Partei wird die NPD derzeit zu großen Teilen mit Steuergeldern finanziert. Ein Verbot würde die Zahlungen stoppen.

Die NPD will sich nach eigenen Angaben mit ihrem nun gestellten Antrag dagegen wehren, „dass fortwährend die Verfassungswidrigkeit behauptet wird, ohne jedoch einen Verbotsantrag zu stellen“. Der NPD-Parteivorstand betrete mit dem Antrag, der sich gegen die drei Verfassungsorgane Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat richte, „juristisches Neuland“, betonte die NPD auf ihrer Homepage. Das Gesetz über das Bundesverfassungsgericht sehe „einen derartigen Antrag nicht vor“. Sollte das Verfassungsgericht den Antrag der NPD zurückweisen, werde die Partei umgehend den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg anrufen.

Erneutes Verbotsverfahren gefordert

Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) hatte sich am Dienstag weiter für ein erneutes NPD-Verbotsverfahren stark gemacht. Kurz vor einem Treffen der CDU-Innenminister sagte er im rbb-Sender radioeins: „Berlin wird in dieser Frage nicht wackeln.“ Zu der Materialsammlung über die NPD aus den Ländern sagte er, diese sei sehr umfangreich. Er denke, „dass es gute Ansätze gibt, um der NPD nachzuweisen, was man nachweisen muss – nämlich eine aggressive kämpferische Grundhaltung gegen unsere Demokratie“.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat sich zuletzt skeptisch zu einem neuen Verbotsverfahren geäußert. Er befürchtet, die NPD könnte bei einem Fehlschlag des Verbotsantrags aufgewertet werden.

Die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregime – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ (VVN-BdA) betonte am Dienstag in Berlin, mit dem jetzigen Antrag zeige der NPD-Bundesvorsitzende Holger Apfel Nerven. Deutlich werde damit, dass die Parteiführung und die verunsicherte Anhängerschaft der NPD „in der Defensive“ seien.

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6 Kommentare

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  • L
    lowandorder

    Könnt ihr euch diss-spielchen nicht mal endlich lassen?

    Für eine taz mit Bugwelle von Anspruch ist das schlicht peinlich

    und 'n fetter Dackel den übrigen usern gegenüber!

    2.0

     

     

    Verweg: offen gestanden, ich find's prima.

     

    Endlich mal Nägeln mit Köppen. Frischlufttherapie

    Mal angesehen von der Kaffeesatzleserei über Wasserdtandshöhen,

    hat so ein Verfahren abseits der never ending story der V-Männer,

    zwei verfassungsrechtliche Dimensionen.

     

    Da ist zumächst das Parteienverbots-Verfahren im Doppelpack:

    KPD und - drauf und nachgesattelt SRP ( Sozialistische Reichspartei).

    Kein Geheimnis: Karlsruhe hatte auf KPD-Verbot kalter Krieg hin oder her keinen Bock.

    Mütter und Väter des Grundgesetzes waren einzelne KP - Mitglieder; Conny Adenauer mit Karl Renner befreundet.

    Nach Anruf bei Old Conny - wurde - AUSGEWOGENHEIT - das SRP-Verbot draufgesattelt.

    Das Verhalten der noch stark NS-lastigen Justiz NACH dem Verbot gegenüber KP-Mitgliedern spottet noch heute jeder Beschreibung; Rechtsbeugung und glatte Verstöße gegen Strafrechtsnormen ( $$ 107 ff Wahlbehinderung) mit hahnebüchenen Begründungen waren an der Tagesordnung.

    Diese 'Freikorpsrechtsprechung' ist bis heute nicht adäquat aufgearbeitet.

    Hier aber kann Karlsruhe mal den Augiasstall ausmisten ind Klarheit schaffen.

     

    'Verfassungsfeindliche Partei" - ist der zweite Markpoint, an dem Gelegenheit und Anlaß ist Klarheit zu schaffen. Dieser Begriff, den es auf der Ebene der Verfassung, des Grundgesetzes, so gar nicht gibt, ist ein politischer Kampfbegriff, der einer Demokratie, einer Republik, unserem durch das Grundgesetz verfassten Gemeinwesen, klar umd eindeutig zuwiderläuft.

     

    Wie ernsthaft die NPD ihre Auffassung selbst teilt, kann dahinstehen.

    Einer Demokratie steht es wohl an, daß in ihr die nicht verbotenen Parteien um die Mehrheit insbesondere in Wahlen ringen.

    Die Diffamierung hingegen, die - sorry - 'Ehrabschneidung', die in Deutschland auch vor dem kalten Krieg eine schon so lange Tradition hatte, sollte in einer Demokratie keinen Raum haben.

     

    Karlsruhe hat nunmehr Gelegenheit, hier Pflöcke einzuschlagen.

    Man darf gespannt sein, welcher Mittel und Wege sich das Gericht bedienen wird,

    eine rechtsstaatsgemäße Entscheidungsbasis sich zu schaffen.

    Mit Ammenmärchen wie zur Bombardierung Kosovo und dergleichen werden die Verfahrensbeteiligten nicht durchkommen.

     

    Den vorangegangenen, vor allem aber unserem derzeitigen Innenminister

    one Fortune wurd das nicht schmecken.

    Und das ist gut so.

     

    Aber auch die NPD fährt ein hohes Risiko.

     

    Wir dürfen gespannt sein.

    Die Kuh ist man gerade erst auf dem Eis.

  • D
    dobermann

    @ Juergen Franke

     

    zitat: "...Ich bewundere den Mut dieser Antraeger..."

     

    und warum ist das nun mutig? wo liegt das persönliche risiko?

  • J
    Johannes

    Warum die VVN eine Defensivsituation sieht, ist unerklärlich, wo doch die NPD in die Offensive geht.

  • W
    Walter

    > [...]oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden“.<

     

    Trifft das nicht auch auf die Lobbyisten in der EU-Kommission zu?

  • JF
    Juergen Franke

    Ich freue mich auf die Antwort des Bundesverfassungsgerichtes; egal, wie sie ausfaellt.

    Ich bewundere den Mut dieser Antraeger.

    Im uebrigen: was ist aus dem weiteren Antrag der NPD geworden, alle Zustimmer des europaeischen Rettungsschirmes namentlich bekanntzugeben?

    Kann es sein - unabhaengig der bestehenden Zweifel an dem Demokratieverstaendnis einiger Leute dieser Partei - dass sie vielen Hochkaraetern unserer ersten Staatsdiener zu sehr auf die Fuesse treten?

    Kann es sein, dass den ersten Staatsdienern so langsam bewusst wird, dass sie selbst an einen sich verstaerkendenen Rechtsruck unter den Bundesmichels Schuld sind?

    Apropo Demokratieverstaendnis...das letzte Beispiel;

    Zitat:"Grüne Urwahl wird zur Posse! Was uns wochenlang als Meilenstein in der deutschen Demokratie verkauft werden sollte, stellt sich nun als das heraus, was es in Wahrheit ist: eine undemokratische Farce, ein mieses Schmierentheater der Grünen! Dreiviertel der Grünen entscheiden sich gegen ihre (Noch-)Vorsitzende C.Roth. Die Parteiführung aber weiß es besser und erklärt, dass das alles nun auch wieder nicht so ernst gemeint war. Eine für die Spitzenkandidatur als untauglich Befundene ist tauglich, weiterhin die Partei zu führen? Diese Respektlosigkeit gegenüber der Basisentscheidung sagt viel über das wahre Demokratieverständnis der Parteiführung, insbesondere von C. Roth selbst aus!

    Welche Partei ist heute für den ehrlichen, steuerzahlenden Bürger eigentlich noch wählbar? Falls die Demokratie mal schlapp machen sollte, können die Historiker die Ursachen mal in den Kommentaren nachlesen."

    Soweit zum verursachten und befuerchteten Rechtsruck...alles selbst verschuldet; viele im Volke haben die Nase einfach voll.

  • G
    Gustav

    Interessante Nachricht und ein interessanter Schritt der NPD.

    Sollte den Nazis etwa das gelingen, was der RAF-Bewegung nur unvollständig gelungen ist, nämlich unsern Staat als das zu demaskieren was er ist -verfassungswiedrig?