Jaafar Abdul Karim im taz-Gespräch : Jaafar ist ein deutscher Name
Mit dem „Shabab Talk“ erreicht Jaafar Abdul Karim ein Millionenpublikum. Ein Gespräch über die Verantwortung der Medien und was es heißt, deutsch zu sein.
taz: Herr Abdul Karim, es gibt Deutsche, die meinen, Sie seien nicht deutsch. Was sagen Sie denen?
Jaafar Abdul Karim: Wie mich andere sehen, ist ihnen überlassen. Ich fühle mich jedenfalls als Deutscher. Mit arabischem Hintergrund. Aber ich verstehe, was sie meinen. Für viele Deutsche bin ich halt „der Araber“. Umgekehrt gehört aber auch dazu, dass ich für einige Menschen im Nahen Osten so etwas wie „der Deutsche“ bin.
Wie fühlen Sie sich dabei selber, wenn andere sagen: Da bist du deutsch und dort arabisch?
Ich habe aus beiden Welten das genommen, was für mich am besten zusammenpasst. Das macht mich vielleicht auch zu einem guten „Vermittler“ zwischen diesen beiden Kulturen.
Ich würde sofort aus der Haut fahren; wäre wütend.
Nein, gar nicht. Ich ordne das erst mal ein, kann es auch irgendwo verstehen. Ein Jaafar bleibt immer ein Jaafar.
Ist Jaafar dann nicht auch ein deutscher Name?
Genauso wie Karl, Ahmed, Claudia und Soraja. Das Multikulti und vor allem das Miteinander der Kulturen in Deutschland ist doch großartig.
Würden Sie den MigrantInnen, die jetzt in Deutschland sind sagen: Wir leben in einer offenen Gesellschaft? Pegida, die AfD, aber auch die allgemeine europäische Entwicklung bedrohen diese ja angeblich.
Wenn ich mir den Zulauf von Pegida anschaue, stellt sich mir schon die Frage, wo wir mit der offenen Gesellschaft hingehen und warum es so weit gekommen ist. Ich finde aber, auch wir Journalisten müssen unsere Rolle viel mehr hinterfragen. Es gibt ja eine große Unzufriedenheit gegenüber den Medien – nicht nur vonseiten der Pegidisten. Da sind alle Kräfte in Deutschland gemeinsam aufgefordert, die Gesellschaft insgesamt und nicht nur die Politik.
Ist ein generelles Problem der Medien, dass meist über Negatives berichtet wird? Man liest ja zum Beispiel kaum Erfolgsgeschichten von Geflüchteten.
Auch unabhängig von der Flüchtlingsfrage müssen wir da aufpassen. Es gibt zurzeit fast mehr Kommentare als Hintergründe und Fakten. Das wurde bei der Berichterstattung über die Kölner Silvesternacht besonders deutlich. Manchmal wünsche ich mir, dass alles ein bisschen lösungsorientierter wäre.
Nicht einfach nur kritisieren ...
Einfach unvoreingenommen beide Seiten zeigen. Das fehlt manchmal.
Glauben Sie, der Umgang mit MigrantInnen ist auch eine Frage der Gewöhnung? Ich kenne das gar nicht anders, als multikulturell zu leben.
Zahlreiche Leute haben nicht unbedingt Berührungspunkte mit Menschen aus anderen Kulturkreisen. Nicht, weil sie das nicht wollen, sondern weil ihr Alltag so bestimmt ist. Die kennen die Flüchtlinge nur aus den Nachrichten und sehen sie jetzt auf einmal in der Fußgängerzone oder in der U-Bahn. Das Bild, das auf einmal so anders ist, verunsichert viele. Ich will gar nicht versuchen, das zu erklären. Ich frage die Leute nur immer nach ihrem persönlichen Warum.
Ein echter Moderator getreu dem Motto: Man muss doch miteinander reden.
Dass wir eine Verantwortung haben gegenüber Menschen, die in Not sind, dürfen wir gar nicht lange diskutieren. Die Herausforderung, vor die Deutschland und Europa dadurch gestellt werden, müssen die Medien kritisch, aber fair begleiten. Und nur, wenn wir uns wirklich bemühen, alle Aspekte zu zeigen, das heißt, auch mit den Flüchtlingen reden und nicht nur über sie, dann können wir unseren Zuschauern und Lesern die Grundlage für eine richtige Einschätzung geben.
Die Fragen stellte Luis Willis, Redakteur des taz.lab.