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Glosse Ego-ShooterSchön egoistisch

Kommentar von Benno Schirrmeister

Wahlkämpferin Silvia Schön weiß: Egoismus ist eine notwendige Form zur Durchsetzung der Individuen. Und immerhin kämpft sie für einen gut dotierten Job.

Hauptsache, die Proportionen stimmen: Silvia Schön bewirbt sich im Stadtmagazin Mix für die Bremische Bürgerschaft. Bild: Scan/Ausriss: taz

B REMEN taz In zwei Arten PolitikerInnen spaltet das neue Wahlrecht die Menge der Kandidierenden: In jene, die gekannt werden. Und in jene, die bloß selber Menschen kennen: Auch die haben sich abgerackert, sich für Leute und Themen eingesetzt, und mühen sich jetzt mehr oder minder krampfhaft, ihre Arbeit bei ihren wahlberechtigten FreundInnen und FacebookfreundInnen in Erinnerung zu rufen.

Was aber, wenn beides nicht zutrifft, und man, obschon nach Selbstauskunft „authentisch, engagiert und kompetent“ von der eigenen Partei mit Listenplatz 15 abgespeist wird? Dann hilft nur Kohle, weiß die Grüne Silvia Schön, also nicht das pfui schwarze Zeug zum Verstromen, sondern: Kies. Also Geld. Schön ist ja schließlich auch nicht umsonst Vizepräsidentin der Bremischen Bürgerschaft, sondern für den satten Aufschlag von, laut Gesetz „75 von Hundert“ auf die 4.700 monatliche Grundentschädigung – macht zusammen 8.225 Euro pro Monat.

Und, Hand aufs Herz: Würden Sie nicht auch für den Erhalt eines derart gut dotierten Halbtagsjobs jenseits allen Leistungszwangs kämpfen? Ohne jede Rücksicht? Ist es Ihre Schuld, wenn andere Kandidierende zu arm sind oder zu blöd, sich eine Umschlagsseite im Stadtmagazin zu kaufen? Und wenn die Kollegen so etwas aufgrund irgendwelcher Absprachen vor lauter falsch verstandener Solidarität nicht mal versuchen – na dann bleibt der Platz ja doch frei für Schön! Schließlich ist der Egoismus, sagt schon Marx, „eine unter bestimmten Verhältnissen notwendige Form der Durchsetzung der Individuen“.

In diesem Sinne: Weiter so!, liebe Silvia Schön, und nicht vergessen: Das grüne Milieu, Ihre potenziellen Wählerinnen und Wähler, die lesen oft die taz. Und unsere ganze Bremen-Seite kostet auch nur schlappe 600 Eier mehr, als Ihr Vorzugsplatz im Mix. Geben Sie sich also einen Ruck! So viel muss doch noch drin sein – in Ihrer nach 1.000 Jahren Bürgerschaft sicher prall gefüllten ganz persönlichen Wahlkampfkasse!

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Reporter und Redakteur
Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.

2 Kommentare

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  • Und welche 'Duftnote' hat Frau Schön in den vergangenen Jahren in der Bremer Politik hinterlassen ?

  • Wie

    sagte Max Weber:"VON der POLITIK lebt,wer danach strebt,daraus eine dauernde EINNAHMEQUELLEN zu machen-FÜR die POLITIK der, bei dem das nicht der Fall ist."

    Das sagt wohl alles,oder?