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Gewalt bei linken ProtestenGysi vermutet V-Leute in Demos

Provokateure von Polizei oder VS sind für Gewaltexzesse wie zuletzt in Frankfurt zumindest mitverantwortlich. Das glaubt Linksfraktionschef Gregor Gysi.

Zivilpolizisten zündeln mit, vermutet Gregor Gysi. Feuer bei Blockupy in Frankfurt am 18. März Bild: ap

BERLIN dpa | Linksfraktionschef Gregor Gysi verdächtigt die Sicherheitsbehörden, auf politischen Demonstrationen gezielt Gewalt anzuzetteln. „Ich bin kein Verschwörungstheoretiker, aber ich habe immer den Eindruck, dass bestimmte V-Leute geradezu zur Gewalt animieren, um das politische Anliegen totzumachen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Denn dann diskutieren wir hinterher bloß noch über die Gewalt - und nicht mehr über das eigentliche Anliegen.“ Man müsse herausbekommen, wer genau auf Demonstrationen Gewalt anwende.

Parteichef Bernd Riexinger teilt den Verdacht Gysis. „Zum Teil gibt es ja auch Beweise dafür, dass es Provokateure auf dieser Seite gibt“, sagte er am Montag vor Journalisten. V-Leute sind Verbindungs- oder Vertrauenspersonen der Geheimdienste oder der Polizei, die Informationen aus extremistischen oder kriminellen Kreisen liefern. Die Spitzel werden dafür zumeist von staatlichen Stellen bezahlt.

Im März war es bei Protesten gegen die Europäische Zentralbank in Frankfurt am Main zu massiven Ausschreitungen gekommen. In Lübeck sind während des G7-Außenministertreffens am Dienstag und Mittwoch mehrere Demonstrationen geplant. Rund 3.500 Polizisten werden im Einsatz sein. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) befürchtet Krawalle.

Die Linke unterstützt die Proteste, ruft aber zum Gewaltverzicht auf. „Ich halte die Proteste für sinnvoll, weil es um die falsche Ausrichtung der Weltpolitik geht“, sagte Gysi. „Immer wieder erleben wir, wie man zu Mitteln des Krieges greift. Mit Mitteln des Krieges wird aber nie den Völkern geholfen. Es geht auch in Ordnung, dass die Demonstranten sich gegen die Macht der Finanzwirtschaft richten.“

Riexinger sagte, die Politik der Gruppe sieben wichtiger Industrienationen sei ökonomisch und sozial falsch und gehe zulasten der Mehrheit der Bevölkerung.

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22 Kommentare

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  • Bereits in den 1980er-Jahren habe ich in Berlin/West im Umfeld der Hausbesetzer- und Autonomenbewegung mehrere Enttarnungen von V-Leuten, die es teilweise als Agent Provocator bis in den Demo-Lautsprecherwagen geschafft haben, miterlebt.

     

    Damals (und größtenteils wohl auch noch heute) machte man szeneintern deswegen aber nicht so ein Fass auf wie unlängst in Hamburg nach der Enttarnung der Agentin in der Flora.

     

    Zum einen, weil man sich nicht die Blöße geben will, auf so jemanden, auf die perfekte Biographie, auf die immer passenden Sprüche, auf die hohe Motivation zur Übernahme teilweise unbequemer organisatorischer Aufgaben, auf die "social skills" dieser Profis, die sich oft wohltuend von den nervigen Launen und internen Querelen bei den eigenen Leuten abheben, hereingefallen zu sein, teilweise auch, weil es nur äußerst wenig tatsächliche Verurteilungen von Genoss_innen gab, die auf direkter Anstiftungen durch Provokateure oder Aussagen von V-Leuten erfolgten.

     

    Der größere Schaden findet in den Köpfen der Gesamtöffentlichkeit statt, welche, gestützt durch entsprechend reißerische bis verhetzende Berichterstattung ein Bild linker Demonstrationen zementiert, in dem neben bedrohlicher Gewaltinszenierung und massenhafter Körperverletzung von Polizeibeamten ziellose Sachbeschädigung, also auch kleine Läden und Privatautos und überhaupt blinde Randale aus Selbstzweck zu dem festen Bestandteilen gehören.

  • Peter Urbach schon vergessen?

  • Was beim NSU gang und gäbe ist, dürfte im linken Spektrum kaum fehlen.

     

    Schließlich brauchen Behörden und Polizei

    Agents Provocateurs, damit die Bilanz an Straftaten stimmt und damit sie ordentlich zuschlagen können.

     

    Deshalb ist seinerzeit das NPD-Verbot auch so peinlich gescheitert.

    • @Eilige Intuition:

      Nun, ich habe das schon erlebt, dennoch denke ich, dass es die dort nicht brauchte.

      • @DDHecht:

        Klar, die hauen auch schon mal grundlos zu oder begasen friedliche Demonstranten.

  • Wir haben das in Rostock seinerzeit zum G8-Gipfel auch bemerkt. Und damals wurde auch fast gar nicht drüber berichtet, dass vor Ort "agent provocateurs" von Demonstranten an die Polizei übergeben wurden und dort mit Handschlag begrüßt wurden. Ausnahmen stellten da lediglich die Rostocker Regionalzeitungen dar.

    • @Ano Nym:

      Die Szene hat mir auch ein Teilnehmer mal über youtube gezeigt.

       

      Ich habe ihm gesagt, dass man die eben NICHT an die Polizei übergeben darf, weil die sowieso nix machen und man evtl. noch Informationen von denen erhalten kann. Aber das ist natürlich leichter gesagt als getan.

    • @Ano Nym:

      Mein Erlebnis beim G8 war, das die Typen, als diese übergeben werden sollten, beinahe noch von den Kollegen verprügelt wurden, weil diese das Codewort nicht gleich verstanden. Damals war es Zufall, dass die Cops von einigen Fußballfans als ihre "szenekundigen Beamten" identifiziert wurden, als diese gerade dabei waren eine Gruppe von Tschechen dazu zu bringen endlich gegen die Wasserwerfer an einem Blockadepunkt vorzugehen. Nur einer korpulenten Dame die sich schützend auf die beiden Type warf, haben die es zu verdanken, selbst ohne größere Blessuren davon gekommen zu sein. ;)

    • @Ano Nym:

      Da fühlt man sich doch richtig wohl in einem solchen Rrrrrrechtsstaat.

  • Höchste Zeit, das es auch Bundespolitikern auffällt, was Polizei und Geheimdienste hier seit langem treiben.

    Herr unserer Sicherheitsbehörden ist dabei längst nicht mehr der Staat, sondern Finanz- und Großindustrie - eine Wirtschaftsmafia, die ebenso wie IS- und Nazi- ideologien, die Demokratie abschaffen wollen!

    Die Parteien in den Parlamenten und die Völker haben`s bisher noch nicht bemerkt, sie werden abgelenkt mit Presseschelten, Fehler des Westens gegen den Osten und umgekehrt, während die Wirtschaftsmafia immer mehr die Macht an sich reist!

    Wenn`s zu auffällig wird, lenkt man mit provozierten Krawallen, wie u.a. in Frankfurt, ab und schon ist man wieder every-Volkes schmieriger Darling!

  • Hat er Beweise dafür?

    Oder kommt er darauf, weil ihm sein Führungsoffizier beigebracht hat, dass man das so macht?

    • @Rotbarsch:

      köstlich....:-)))))

  • Wer hält die LINKE und andere Gruppen davon ab, das selbst zu ermitteln?

     

    Persönlich bin ich nie so entsetzt, wenn es bei regimekritischen Demonstrationen Gewalt gegen Sachen gibt, als dass ich mich da für einen Aufklärungstrupp zur Verfügung stellen würde.

    • 8G
      889 (Profil gelöscht)
      @Age Krüger:

      Dass es V-Leute gibt, ist längst bekannt und aktenkundig. Ebenso, dass die auch mal vermummt zu Gewalt anstacheln oder selbst Mülltonnen anzünden. Was soll man da als Bürger noch ermitteln, wenn Politik und Justiz all das hinnehmen?

      • @889 (Profil gelöscht):

        Man muss es eben dann, wenn man die Betreffenden ausgemacht hat, eben nicht mehr unbedingt hinnehmen.

         

        Früher war man auch bei autonomen Demos so organisiert, dass man in bestimmten Blöcken auftauchte. Und da kannte man sich entweder untereinander oder man musste mit Beobachtung rechnen.

  • Dass ALLE Bürgerbewegungen seit Jahrzehnten von den rechtsfrei operierenden "Diensten" unterwandert sind kann doch nur eine Realitätsblinder leugnen.

     

    Die Frage ist nur, ob es schon zu spät ist. Die Scheinjustitz-Maschine ist schon seit fünf Jahrzehneten etabliert; die Schein-Presse seit sieben Jahrzehnten dominant.

     

    Manchmal scheint mir, das NS-Regime war nur eine kurz Störung im Prozess zu einem neuen, kapital-beherrschten Feudalismus. Am Ende wird es so sein: Die Mohren haben ihre Schuldigkeit getat; die Mohren können gehn. Dann werden keine hörigen Minister- und Beamten-Riegen mehr gebraucht. Sie sind in privatisierten Staaten überflüssig.

    Wie sagte doch Friedrich Wilhelm von Preußen (1713-1740) am Beginn des Zeitalters der Vernunft (Vernunft ?):

    "Die Seele ist für Gott, alles andere muss mein sein."

     

    PS: An ZEBRA: ich würde statt "bürgerlichen Mitte" besser "bürgerlicher Abgrund" sagen.

  • Die Anderen™ sind ja grundsätzlich an allem Schuld. Da sind sich Linke wie Rechte vollkommen einig.

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Man merkt deutlich, dass die taz in der "bürgerlichen Mitte" angekommen ist.

    • @7964 (Profil gelöscht):

      Woran?

  • da ist er wohl gedanklich noch in der DDR als seine Freunde von der SED die Stasi zu den demos schickte

    • @Franz Vege:

      Schönen Gruss von einem Westdeutschen: die Diskussion über Agents Provocateurs ist älter als die "Wende", Startbahn West, Brokdorf und Wackersdorf lassen grüssen.