Genitalverstümmelung in Irland: Mehrere Jahre Haft
Eltern werden verurteilt, weil sie ihrer Tochter die Klitoris hatten wegschneiden lassen. Das Urteil ist das erste seiner Art in Irland.

Der Vater hatte seine Tochter im November 2016 wegen heftiger Dammblutungen ins Krankenhaus gebracht. Er behauptete, die Kleine sei beim Spielen rückwärts auf ein Spielzeug gefallen. Die Ärzte wurden jedoch misstrauisch, weil die Verletzungen nicht auf einen Unfall hindeuteten. Sie verständigten die Polizei, die das Spielzeug beschlagnahmte und forensisch untersuchen ließ. Es enthielt keine Spuren von Blut.
Das Ehepaar war im Jahr 2008 aus Somalia nach Irland gekommen. Die Mutter ist inzwischen irische Staatsbürgerin, gegen den Vater lief jedoch ein Ausweisungsverfahren. Der Vater behauptete, er lehne Genitalverstümmelung strikt ab. Die Mutter erklärte, sie sei als Kind in Somalia selbst Opfer dieser Praxis geworden.
Der Rechtsbeistand des Vaters, Colman Fitzgerald, hatte argumentiert, dass es verschiedene Stufen von Genitalverstümmelung gebe und hier ein minder schwerer Fall vorliege. Dem Mädchen ist die Klitoris abgeschnitten worden. Die Gutachterin Deborah Hodes erklärte, dass diese Art der Verstümmelung zukünftig keine Auswirkungen auf das Harnsystem, die Menstruation oder die Fähigkeit zum Geschlechtsverkehr haben werde.
Deutliche Botschaft
Der leitende Kriminalhauptkommissar Declan Daly hofft, dass das Urteil „eine deutliche und wichtige Botschaft“ aussende. „Es ist eine abscheuliche und barbarische Praxis. Und es ist ein Verbrechen in Irland.“ Laut einer Statistik aus dem Jahr 2016 sind in Irland an fast 6.000 Frauen und Mädchen Genitalverstümmelungen vorgenommen worden, mehr als 1.600 Mädchen sind nach wie vor gefährdet.
„Unser Land hat leider eine sehr düstere Geschichte, was die Unterdrückung und Stigmatisierung von Frauen und Mädchen betrifft“, sagte Siobhán McGee, die Geschäftsführerin der Hilfsorganisation ActionAid Ireland. „Wir verlangen von der Regierung, sich für die Frauen und Mädchen einzusetzen, die diese Verletzung ihrer Menschenrechte überlebt haben, und vor allem auch für diejenigen, die auch weiterhin gefährdet sind.“ Irland dürfe Gewalt gegen Frauen und Mädchen nicht tolerieren.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Frauen und Krieg
Krieg bleibt männlich
Ergebnis der Sondierungen
Auf dem Rücken der Schwächsten
Vertreibung von Palästinensern
Amerikaner in Gaza
Schwarz-Rote Finanzen
Grüne in der Zwickmühle
Schwarz-rote Sondierungen abgeschlossen
Union und SPD wollen gemeinsam regieren
Wechseljahre
Ich glaube, ich mag mich so sehr wie noch nie