Gabriel-Nachfolgerin Zypries: Die Übergangs-Ministerin
Als neue Wirtschaftsministerin wird Brigitte Zypries auf Sigmar Gabriel folgen. Vermutlich aber nur bis zum Ende der Wahlperiode.
Brigitte Zypries wird als Nachfolgerin von Sigmar Gabriel neue Wirtschaftsministerin. Das ist eine pragmatische Lösung ohne Signalcharakter. Zypries ist bereits seit 2013 Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, sie kennt also das Haus.
Außerdem ist Zypries eine erfahrene Ministerin. Von 2002 bis 2009 war sie Justizministerin, zunächst im rot-grünen Kabinett Schröder, dann in der Großen Koalition. Öffentlich bekannt wurde sie vor allem als mäßigende Gegenspielerin der Innenminister Otto Schily (SPD) und Wolfgang Schäuble (CDU).
Als Pragmatikerin stand sie aber auch für einschneidende Verschärfungen des Strafrechts. In ihrer Amtszeit wurde die Strafbarkeit terroristischer Vorbereitungshandlungen eingeführt. Als ihr wichtigstes Projekt gilt aber die Reform des Unterhaltsrechts, bei dem die Ansprüche von Kindern gestärkt und die der geschiedenen Ehegatten geschwächt wurden. Zypries sprach von „nachehelicher Eigenverantwortung“.
Als Wirtschaftsministerin wird Zypries vermutlich nur bis zum Ende der Wahlperiode amtieren, also ein knappes Jahr. Denn eigentlich ist sie auf dem Rückzug. Im Juni kündigte die 63-Jährige an, sie wolle nicht erneut für den Bundestag kandidieren, es „sollten Jüngere ran“. Ihr Lokalblatt, das Darmstädter Echo, schrieb, dass Zypries zuletzt „müde“ gewirkt habe.
Zypries hatte ihre Karriere als Ministerialbeamtin in der niedersächsischen Staatskanzlei begonnen. Als der Hannoveraner Gerhard Schröder 1998 Kanzler wurde, holte er Zypries in die Bundesregierung zunächst als Staatssekretärin im Innenministerium. Eng vertraut ist Zypries auch mit Noch-Außenminister Frank-Walter Steinmeier, den sie aus gemeinsamer Gießener Studienzeit kennt.
Zypries könnte heute Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts sein. 2007 war sie gefragt worden, ob sie die Nachfolge von Winfried Hassemer übernehmen wollte. Doch sie blieb lieber in Berlin.
Ein Platz in der ersten Reihe ist ihr kein Bedürfnis. Deshalb gab sie sich in der aktuellen Großen Koalition uneitel mit einem Posten als Staatssekretärin zufrieden. Und wird nun, pflichtbewusst, eben Wirtschaftsministerin.
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