Folter in Syrien: Unvorstellbar grausam
Die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter hat einen Bericht über Foltermethoden in Syrien vorgelegt. Sie hat dafür Protokolle ehemaliger Häftlinge ausgewertet.
LONDON/ISTANBUL dpa | Das syrische Regime soll bei Verhören mutmaßlicher Regimegegner in den vergangenen Monaten Foltertechniken benutzt haben, die das Vorstellungsvermögen der meisten Menschen übersteigen. In einem Bericht, den die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter am Donnerstag veröffentlichte, wird unter anderem von der "Katzenfolter" berichtet.
Dabei wird ein Gefangener nackt zusammen mit einer Katze in einen großen Sack gesperrt. Diese Technik werde vor allem benutzt, um Frauen zum Reden zu bringen, hieß es.
Bei der "Brathähnchen-Folter" würden Gefangene in gebeugter Haltung stundenlang an einem Metallstab aufgehängt. Zum Repertoire der Folterknechte gehörten außerdem Schläge auf die Ohren, die das Trommelfell zerstören, das Verbrennen mit Zigaretten und das Einführen von Gegenständen in den After.
Die Organisation, die ihren Sitz in London hat, erklärte, für den Bericht seien schriftliche Protokolle ehemaliger Häftlinge ausgewertet worden. Seit Beginn des Aufstandes in Syrien habe die Organisation zudem anhand von Aussagen von Angehörigen 204 Fälle von zu Tode gefolterten Häftlingen dokumentiert.
Ein Sprecher der syrischen Protestbewegung sagte auf Anfrage: "Wir hören aus unseren eigenen Quellen Ähnliches. Häufig werden Gefangene auch mit auf dem Rücken zusammengebundenen Händen an der Decke aufgehängt."
Präsident Baschar al-Assad hatte in einem Interview mit einem US-Fernsehsender, das am Mittwoch ausgestrahlt worden war, erklärt, die Berichte über massive Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte seien maßlos übertrieben. Viele Gewaltopfer seien Anhänger des Regimes. Einen Schießbefehl habe er nie gegeben. "Es gab keinen Befehl zu töten oder brutal zu sein", sagte Assad.
Schon vor Beginn des seit März andauernden Aufstandes gegen das Assad-Regime waren die syrischen Gefängnisse berüchtigt. Auch Amnesty International hatte mehrfach über Elektroschocks und andere Foltermethoden in dem arabischen Land berichtet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?