Flüchtlinge im Wedding: Einlasskontrollen im neuen Haus

Die neue Unterkunft der Caritas für Flüchtlinge vom Oranienplatz ist belegt. Nachzügler werden nach Marienfelde geschickt.

Flüchtlinge beim Einzug in die Unterkunft im Wedding. Bild: DPA

Am Eingang Wachschützer eines privaten Sicherheitsdienstes, in den Zimmern Feldbetten statt Matratzenlager – in der neuen Unterkunft in Wedding ist alles ganz anders als im Camp auf dem Kreuzberger Oranienplatz. Aber das ist nicht das Problem: Als einige Flüchtlinge im Kreuzberger Camp am Sonntag noch ihre Sachen packten, waren bereits alle 80 Plätze in dem Caritasgebäude belegt. Angehörige der Lampedusa-Gruppe also, für die das Quartier im Wedding bestimmt war, kamen nicht mehr hinein.

Am Wochenende hat der katholische Caritasverband den Flüchtlingen vom Oranienplatz ein ehemaliges Altenheim in der Residenzstraße als Winterquartier zur Verfügung gestellt, noch am Montag kamen Nachzügler. Diese wurden von Mitarbeitern des Berliner Flüchtlingsrats mit Fahrscheinen ausgestattet und in das Flüchtlingswohnheim nach Marienfelde geschickt. Dort könnten sie aber nur ein paar Nächte bleiben, sagte Caritassprecher Thomas Gleißner zur taz. „Wir tun, was wir können. Aber komplett lösen können wir die Situation nicht“.

„Hello, do you have a card“? – freundlich, aber bestimmt erkundigt sich der Wachmann am Eingang der Residenzstraße 90 nach der Zugangsberechtigung. Wer keine hat, muss draußen bleiben. Abgewiesen wird am Montagmittag nicht nur eine Gruppe Flüchtlinge, die mit Rücksäcken und einer eingerollten Matratze um Einlass bittet. Auch Pressevertreter bekommen keinen Zutritt. Die einzige Frau unter den Flüchtlingen immerhin hat ein Einzelzimmer bekommen. 79 Männer sind auf Drei- und Fünfbettzimmer verteilt. „Betrug“, schimpfen drei auf der Straße stehende Nigerianer: Die Hälfte der nun im Haus der Caritas Wohnenden gehöre nicht zu der über Italien nach Europa geflüchteten Lampedusa-Gruppe, die über ein Jahr auf dem Oranienplatz gezeltet hat.

Mit dem Bezirk Kreuzberg seien 80 Plätze verabredet gewesen, erzählt Gleißner. Er klingt irritiert. Auch die von den Flüchtlingen vor dem Umzug zugesagte Namensliste habe er nicht bekommen. „Wir wissen auch nicht, woher sie alle kommen. Das hat sich offenbar herumgesprochen“, vermutet er. Sogar aus Hamburg sollen Flüchtlinge angereist sein. „Zu kontrollieren, wer Anspruch auf einen Platz hat, kann nicht unsere Aufgabe sein“, sagt Gleißner bestimmt.

Das ehemalige Altenheim in Wedding hatte zwei Jahre leer gestanden. Binnen zweier Tage hat der Caritasverband das Haus klar gemacht. Der Wachschutz ist auch für den Brandschutz verantwortlich, die Caritas-Altenhilfe sorgt für das Essen, aus Rücksicht auf Muslime wird auf Schweinefleisch verzichtet. Finanziert wird die bis März befristete Notunterkunft aus Mitteln der Kältehilfe.

Am Montag stehen 30 wild diskutierende Flüchtlinge vor dem Verwaltungstrakt der neuen Unterkunft. Mitarbeiter des Flüchtlingsrats reichen eine Liste herum, in der jeder, der aus dem Kreuzberger Camp kommt und keinen Platz bekommen hat, seinen Namen eintragen soll. „Keiner wird auf der Straße übernachten“, sagt Gleißner, der am Tag zuvor jeden Neuankömmling mit Handschlag begrüßt hat. Sein Prinzip sei, alles in Ruhe und im Einvernehmen zu regeln, betont er. Leicht gesagt: Immer wieder klingelt sein Handy, auch die Pressesprecherin von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) ruft an. Dann kreuzt überraschend der katholische Erzbischof Rainer Maria Woelki auf und möchte durch das Haus geführt werden. „Es ist eine Geste der Solidarität“, sagt Wölki zur taz.

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