Enwicklungsexperte über Klimabericht: „Sehenden Auges in die Katastrophe“
Der globale Süden ist besonders vom Klimawandel betroffen. Entwicklungsexperte Harmeling fordert mehr Unterstützung der reichen Staaten.
taz: Der Klimawandel hat Folgen – vor allem für die Menschen im globalen Süden. Welche Gefahren drohen?
Sven Harmeling: Bereits jetzt wirkt sich der Klimawandel negativ auf die Nahrungsmittelversorgung im südlichen Afrika oder in Lateinamerika aus. Bei Nutzpflanzen wie Mais oder Reis gibt es weniger Ertrag. Der Meeresspiegel steigt an, das Meer holt sich in vielen Regionen Land zurück und vertreibt damit die Menschen. Jenseits von 1,5 Grad Erderwärmung werden die Folgen noch gravierender sein.
Wie viele Menschen sind betroffen?
Genaue Zahlen zu nennen ist schwierig, denn die Ursachen, warum Menschen ihren Lebensraum verlassen, sind vielfältig. Schätzungen zufolge sind heute etwa 18 Millionen Menschen infolge von Wetterkatastrophen betroffen. Aber wir müssen davon ausgehen, dass in den kommenden Jahren deutlich mehr Menschen fliehen müssen. Vor allem innerhalb ihrer Länder, also etwa von den Küsten ins Landesinnere.
41, ist Klimaexperte bei Venro. Die Organisation ist der Dachverband deutsche Entwicklungsorganisationen und hat derzeit 130 Mitglieder.
Was muss nun getan werden?
Die Industriestaaten, auch Deutschland, müssen deutlich mehr Geld bereitstellen, um Klimaanpassungsmaßnahmen in ärmeren Staaten zu finanzieren. Die Summen, die bisher zur Verfügung stehen, reichen bei Weitem nicht aus. Sowohl finanziell als auch technisch müssen reiche Staaten arme Länder stärker unterstützen.
Die Industriestaaten haben ja bereits zugesagt, bis 2020 100 Milliarden US-Dollar für Klimaschutz und Klimaanpassung beizusteuern. Doch bisher sieht es nicht so aus, als ob das Ziel erreicht würde. Ohnehin wird der Betrag nicht ausreichen, um die Länder des globalen Südens zu unterstützen.
Das Geld ist die eine Sache. Was muss sich politisch tun?
Entwicklungszusammenarbeit und Klimaschutz müssen stärker kooperieren. Es gibt viele Synergiemöglichkeiten zwischen den Nachhaltigkeitszielen im Bereich Wasser oder Ernährung und Maßnahmen gegen den Klimawandel. Der aktuelle IPCC-Bericht hat den Druck auf die Politik erhöht. Politische Entscheider dürfen nicht länger sehenden Auges in die Klimakatastrophe steuern.
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