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EMtaz: Eine Qual, wenn mal nichts läuftMacht die EM größer!

Jan Feddersen
Kommentar von Jan Feddersen

Spielfreie Tage braucht niemand. Es wäre deshalb sinnvoll, das Teilnehmerfeld von 24 auf 32 Teams aufzustocken. Die Qualität bliebe gleich.

Besser im Regen gucken als gar nicht gucken Foto: dpa

S tunden ohne Livekick? Das ist wie Entzug nach dem Kettenrauchen: quälend und übel. Insofern: 24 Mannschaften bei einer EM sind nicht genug – es mögen 32 sein!

Diese EM dauert. Objektiv zwar erst anderthalb Wochen. Gefühlt – und das ist der Unterschied zur WM vor zwei Jahren – irgendwie schon zwei Monate. Und das hat Gründe, die man benennen kann. Es liegt nicht an den weitgehend defensiv ausgerichteten Teams, nicht an der angeblich schwachen Qualität der Mannschaften aus Rumänien, Russland oder Österreich.

Sondern, erstens, am eher schlecht gelaunten Publikum, vor allem in Deutschland. An dieser ewigen Nörgelei ob der Leistungen des DFB gegen die Ukraine, vor allem gegen Polen. Und an dieser Zunehmend-wird-alles-schlechter-Atmosphäre wird diese EM nicht wachsen. Davon abgesehen, dass offenbar, allen Streiks und Nuits debout in Frankreich zum Trotz, dort auch ein ziemlich interessantes europäisches Fan-Volksfest stattfindet, ist es vor allem so: Diese EM ist zu klein.

Sonntag begann der Spieltag um 21 Uhr. 21 Uhr, man muss es wiederholen: Spät begann das Turnier an diesem Tag, zäh rann der Tag an einem vorbei. Es war wie früher. Graue Sechziger, schlimm. Deutsche Sonntage bleiern schwer, steif die Konventionen, alles Leben lähmend. Die Lücken hätte man füllen können, aber natürlich müssen sich Mannschaften auch mal ausruhen.

In Wahrheit dauert diese EM vier Wochen und drei Tage, vom Eröffnungsspiel bis zum Finale am 10. Juli. Die WM geht auch nicht länger, aber bei ihr machen 32 Teams mit. Heißt: Damit es keine beinahe-spielfreien Tage bei der EM gibt, keine unausgefüllten Sonntage sollte die EM auf 32 Mannschaften ausgeweitet werden.

Holt Katalonien, Palästina & Gaza dazu

Okay, es gibt nicht 64 UEFA-Mitglieder, sondern nur 55. Damit alle EM-Teilnehmer wenigstens durch eine Qualifikation müssen, böte sich an, dass der europäische Fußballverband neun (nur neun!) Mitgliedsverbände gründet, etwa Katalonien, Korsika, Nordzypern, Transnistrien, das Baskenland, Abchasien, Grönland, Palästina & Gaza sowie, meinetwegen, die Ostukraine.

Dann gäbe es viel mehr Tage TV-übertragunsmäßig zu füllen: Es wäre eine Lust, dass die fußballistische Berieselung nicht aus künstlichen Gründen aufhört.

Die These, dass dann das Niveau des Turniers endgültig im Eimer wäre, ist irrig. Champions-League-Vereine spielen mit höheren Gagen, aber spannend sind national gesinnte Turniere nicht minder. Beim Fußball gibt es nämlich keine – außer der gefühlten – Maßeinheit für guten, sehr guten oder überirdischen Fußball. Nur solchen, bei dem ein Team gewinnt und das andere verliert. Also: „The winner takes it all“. Solch einen Modus brauchen wir, erst recht an Sonntagen. Spielfreie Tage? Überflüssig!

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Jan Feddersen
Redakteur für besondere Aufgaben
Einst: Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin,und des taz Talks, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders des Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. RB Leipzig-Fan, aktuell auch noch Bayer-Leverkusen-affin. Und er ist seit 2011 mit dem in Hamburg lebenden Historiker Rainer Nicolaysen in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, seit 2018 mit ihm verheiratet. Lebensmotto: Da geht noch was!
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5 Kommentare

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  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    "An dieser ewigen Nörgelei ob der Leistungen des DFB gegen die Ukraine, vor allem gegen Polen."

     

    An der Leistung der deutschen Mannschaft gegen Polen gibt es nicht viel auszusetzen. Polen war ein ebenbürtiger Gegener der sehr gut gespielt hat. Aber anstatt dies anzuerkennen muss stattdessen die Leistung des deutschen Teams herabgespielt werden. Typische Überheblichkeit deutscher Fans!

  • Wallonien, Donbass, Berg-Karabach... da gibts schon noch ein paar weitere mögliche Verbände.

    Die Niederlande haben es auch bei 32 Mannschaften noch schwer genug, die Quali zu überstehen, hier sollte man besser nicht weiter abspalten ;-)

  • Es stimmt, dass es hinsichtlich des Austragungsmodus im Grunde keine Alternative zu 16 oder 32 Teilnehmern einer Endrunde gibt - wenn man komische Drittplazierungsregeln vermeiden und beim letzten Gruppenphasenspiel auf Gleichzeitigkeit setzen muß ("Schande von Gijon"). Alles zwischen 16 und 32 Teilnehmern hat irgendwelche Nachteile.

     

    Es stimmt auch (und war eigentlich auch nie strittig), dass die Endrunde die große Fußballbühne ist im Unterschied zu den aufgeblähten Quali-Runden - und das man tatsächlich dort möglichst viele "Kleine" sehen *sollte*, schon deshalb, weil man sie sonst eben (zu) wenig wahrnimmt. Es wäre für die Teams gut, es wäre für die aktiven Fans (gerade der "Kleinen") gut (wenn man die Ultra- und Hool-Exporte ihrer Ligenprobleme in den Griff kriegen kann) und es ist für den Austragenden touristisch und vom Bildwerk her gut und damit auch für fernzusehenden Turnierbetrachter. Es *gibt* allerdings Nationalteams (mit weiter Auslegung von "national"), die die erforderliche Qualitätshöhe nicht überspringen können - auch nicht auf Dauer und nach intensiver Förderung (Beispiel: Gibraltar und viele andere).

     

    Vielleicht sollte man angesichts des Überangebots im Bereich Vereinsfußballturniere ganz auf Quali-Runden über die Jahre zu verzichten und das Ganze in einem Gesamtturnierrahmen alle vier Jahre in einem Block abarbeiten. Man könnte eine Prä-Ausscheidungsrunde der "vergleichbaren Kleinen" vor die die Gruppenphase schalten, die dann in eine Gruppenphase mit 32 mündet. Da wäre touristisch auch so etwas wie ein Sommerkarneval für die paar Tage Vorauswahl verbindbar.

  • "Palästina & Gaza"? Atlas verlegt?

  • 3G
    30404 (Profil gelöscht)

    Ein Herz für Holland.