Deutsche Flüchtlingspolitik: Bundesländer sollen abschieben
Kanzleramtschef Altmaier fordert Bundesländer zu schnelleren Abschiebungen auf. Merkel will Flüchtlingsabkommen mit Libyen nach Türkei-Vorbild.
Die Bundesregierung dringt seit längerem darauf, dass abgelehnte Asylbewerber zügiger abgeschoben werden. Bei der Umsetzung durch die Bundesländer gibt es aber Probleme. Zum Teil weigern sich Herkunftsländer, jemanden wieder aufzunehmen – sie erkennen ihn nicht als ihren Staatsangehörigen an, weil bestimmte Dokumente fehlen. Es gibt aber auch rechtliche Hürden: So gilt zum Beispiel ein Abschiebeverbot, wenn dem Betroffenen im Heimatland Folter oder die Todesstrafe drohen.
Nach Syrien und dem Irak stammten die meisten Asylsuchenden in den vergangenen Monaten aus Afghanistan. Die dortige Regierung verkündet Fortschritte bei einem Abkommen mit Deutschland zur Rückführung von Flüchtlingen. Ein Entwurf werde in den kommenden Tagen der deutschen Botschaft in Kabul vorgelegt, sagte Flüchtlingsminister Said Hussain Alemi Balkhi der Deutschen Presse-Agentur. Bald könnten Verhandlungen beginnen. Bis das Abkommen unterzeichnet sei, werde Afghanistan keine Abschiebungen dulden.
Nach der Schließung der Balkanroute ist die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge in Deutschland drastisch gesunken. Im März wurden nur noch 20.608 Asylsuchende im sogenannten EASY-System registriert, wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag mitteilte. Im Februar waren es noch gut 60.000 gewesen, im Januar etwa 90.000.
Deutschland sollte nach Auffassung der Grünen-Vorsitzenden Simone Peter die freigewordenen Kapazitäten in seinen Erstaufnahmeeinrichtungen zur Entlastung Griechenlands nutzen. So könnte Deutschland die Plätze, die durch den Rückgang des Flüchtlingszustroms nicht belegt sind, zum Beispiel für Menschen bereitstellen, „die unter unwürdigsten Bedingungen an der mazedonisch-griechischen Grenze in Idomeni hausen“, sagte Peter der Neuen Osnabrücker Zeitung. Diese Hilfe täte Griechenland zum jetzigen Zeitpunkt gut, da es noch keine ordentlichen Unterkünfte und Asylverfahren vorweisen könne.
In der Ägäis zwischen der Türkei und Griechenland gab es am Samstag erstmals seit Wochen wieder Todesopfer unter den Flüchtlingen bei der Überfahrt. Mindestens fünf Menschen kamen nordöstlich der Insel Samos ums Leben, als ihr Schlauchboot bei starkem Wind und hohen Wellen kenterte, wie der Fernsehsender Skai berichtete.
Merkel will Verabredungen mit Nachbarstaaten
Nach dem Abkommen mit der Türkei zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen strebt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine ähnliche Einigung mit Libyen an. „Wir haben jetzt vor uns die Aufgabe, mit Libyen eine solche Kooperation hinzukriegen“, sagte die CDU-Chefin am Freitag vor Delegierten der Berliner Landes-CDU. Um die EU-Außengrenzen zu schützen, gebe es keinen anderen Weg, als Verabredungen mit Nachbarstaaten zu treffen.
„Wir haben seit wenigen Tagen eine Einheitsregierung, die endlich in Tripolis angekommen ist“, sagte Merkel mit Blick auf die von den Vereinten Nationen vermittelte Übergangsregierung in dem Bürgerkriegsland. „Und von der Frage, ob es uns gelingt, mit Libyen auch vernünftige Vereinbarungen zu treffen, wird abhängen, wie es uns gelingt, die Flüchtlingsroute nach Italien zu ordnen und zu steuern, wie wir es mit der Türkei gemacht haben.“
In den vergangenen Monaten sei es Deutschland und der EU gelungen, der Türkei, Jordanien und dem Libanon bei der Versorgung syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge stärker unter die Arme zu greifen. „Es ist besser, die Menschen haben ein auskömmliches Leben in der Nähe ihrer Heimat, als dass alle zu uns kommen und wir die gesamte Integration leisten müssen“, sagte Merkel. Sie wolle zudem den afrikanischen Ländern helfen, ihren Jugendlichen Perspektiven im Heimatland zu geben.
Zuvor hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gesagt, dass er mit einem großen Andrang von Flüchtlingen aus Afrika rechne. Die von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) genannte Zahl von bis zu 200.000 Afrikanern aus Staaten südlich der Sahara, die in Libyen auf ihre Überfahrt nach Europa warten, halte er noch „eher für zu niedrig begriffen“, sagte de Maizière in Berlin.
Seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi vor fünf Jahren regiert in Libyen das Chaos. Wegen seiner Nähe zu Italien hat sich das Land zu einer der wichtigsten Durchgangstationen für Afrikaner und Araber entwickelt, die aus ihren Heimat vor Gewalt oder Armut nach Europa fliehen.
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