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Debatte über den Atomausstieg„Kreuzzug gegen die Solarenergie“

Die Opposition wirft der Regierung beim Erneuerbare-Energien-Gesetz Inkonsequenz im Hinblick auf den Atomausstieg vor. Greenpeace protestiert mit einer Lichtinstallation.

Ist der Meinung, dass es sich bei der von der Regierung vorgeschlagenen Nouvelle des EEGs um ein „Solar-Ausstiegsgesetz“ handelt: Linke-Politiker Gregor Gysi. Bild: dpa

Berlin dpa | Die Kürzung der Solarförderung um bis zu 30 Prozent ist für die Opposition ein Beleg, dass es die schwarz-gelbe Koalition mit dem Atomausstieg nicht mehr ernst meint. „Wer keine Überzeugung hat, der hat auch kein Plan“, sagte SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber am Freitag bei der Beratung des neuen Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Bundestag.

Er sprach von einem „Kreuzzug gegen die Solarenergie“. Nach Meinung der Grünen wollen viele bei Union und FDP eine Abkehr vom Atomausstieg. Union und FDP verteidigten die Kürzungen, es gelte die Verbraucher nicht über Gebühr zu belasten.

Kelber sagte, es gebe überall ein Hü und Hott, nicht nur bei der Solarförderung. So sei das Anreizprogramm für eine Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien im Wärmebereich gekürzt, ausgeweitet und nun wieder gekürzt worden. „Wer soll in diesem Chaos von Schwarz-Gelb überhaupt noch investieren?“

Die Bundesregierung wies solche Kritik zurück. „Die Empörungskurve der Opposition kennt keine Grenzen“, sagte die Parlamentarische Umwelt-Staatssekretärin Katherina Reiche (CDU). Trotz mehrfacher Kürzungen seien immer neue Rekorde beim Solarzubau erreicht worden.

Massiver Kostendruck durch chinesische Firmen

„Das EEG ist eben kein Absatzsicherungsgesetz“, betonte Reiche mit Blick auf die deutsche Branche. Der Wettbewerb sei „hammerhart“, gerade wegen der massiven Kostendrucks durch chinesische Firmen. „Wenn wir schnell Klarheit schaffen, schaffen wir Ruhe im Markt und Planungssicherheit für Installateure.“ Die Kürzungen sollen ab April gelten, bis Ende März will der Bundestag endgültig entscheiden.

Der FDP-Politiker Michael Kauch sagte, eine zu hohe Solarförderung gehe zu Lasten etwa von Alleinerziehenden und Geringverdienern, denn diese zahlten über den Strompreis die Fördergelder für die Besitzer von Solaranlagen auf dem Hausdach mit. Nur jede sechste Kilowattstunde Ökostrom stamme aus Solaranlagen. „Die FDP steht zum Ausbau der Solarenergie.“ Es gelte aber eine Überhitzung zu vermeiden, zudem kämen die Stromnetze bei einem zu schnellen und starken Ausbau an ihre Grenzen.

Linken-Fraktionschef Gregor Gysi sagte, seit 2008 sei die Förderung für Solarstrom bereits halbiert worden. „Warum reicht ihnen das nicht?“ Union und FDP handelten im Sinne „der fossil-nuklearen Energiewirtschaft“. Ihr Vorschlag sei nichts anderes als ein „Solar-Ausstiegsgesetz.“ Um mit der chinesischen Konkurrenz mithalten zu können, müsse die Bundesregierung zinsgünstige Kredite für die deutsche Solarbranche auflegen, damit diese investieren könne.

ZDF: 60 Prozent finden Förderkürzung falsch

Der Grünen-Politiker Hans-Josef Fell betonte: „Je billiger der Solarstrom wird, desto weniger wollen sie zubauen. Was ist das für eine Industriepolitik?“ Union und FDP wollten in Wahrheit zurück zur Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke. Die Umweltschützer von Greenpeace demonstrierten mit einer Lichtinstallation am Reichstag gegen die Kürzungspläne. Laut ZDF-Politbarometer halten 60 Prozent die Förderkürzung für falsch.

Trotz der Kürzungen könnte der Ausbauboom nach Auffassung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) auch in diesem Jahr weiter gehen. „Nach unseren Schätzungen wird sich die Summe auf 8000 Megawatt (MW) belaufen“, sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Im vergangenen Jahr war mit 7500 MW ein neuer Rekordwert erreicht worden.

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6 Kommentare

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  • WT
    Werner Thoma

    Schwarz/Gelbe Koalition sind die heimlichen Bremser der Energiewende!

     

    Diese Regierung betreibt die Energiewende

    nur halbherzig, ohne Herzblut und mit verdecktem Visier.

     

    Symptomatisch für diese Grundstimmung sind Leute wie Atom-(Michael)

    Fuchs von der CDU (so sein interner Spitzname!)

    immer wenn Schwierigkeiten mit der Energiewende auftauchen

    (und die gibt es bei so einem Megaprojekt zuhauf) springen

    er und seine Spießgesellen (z.B. Rösler),

    aus ihren Lobby-Schützengräben und versuchen

    die Atomenergie und Kohle KW´s

    wieder ins Spiel zu bringen.

    Es wird höchste Zeit, dass der Bürger erkennt:

    Mit dieser Regierung ist die Energiewende nicht zu schaffen!

     

    Mit sonnigen Grüßen

    Werner Thoma

  • Z
    Zafolo

    Eines muss man ganz klar sehen: Die Atommafia besteht nicht nur aus Stromkonzernen, sondern auch aus einigen wenigen industriellen Dinosauriern, die für billigen Strom alles machen würden - auch über unsere verstrahlte Leichen gehen. Diese Industrien sind es nämlich, welche von dem "billigem" Atomstrom überhaupt profitiert haben. Die Privatverbraucher waren es mit Sicherheit nicht, denn Ökostrom für den Haushalt ist kaum teurer als Atomstrom.

     

    Mit anderen Worten wir haben diese Industrien viele Jahre mit dem Einsatz unseres Lebens, einer massiven Gefährdung des Landes und vieler vieler Zukünftigen Generationen subventioniert.

     

    Zur Solarförderung: Bis vor ein paar Jahren hieß es, Photovoltaik sei unrealistisch teuer. Jetzt ist sie angeblich 'zu billig'. Es ist auch noch nicht lange her, dass die letzte deutsche Fertigung mit Forschung dicht gemacht wurde. Welch eine vorausschauende Industriepolitik!

     

    Die Realitöt ist nicht, dass Solarstrom zu teuer ist oder uns ein temporärer Überschuß schadet. Die Realität ist, dass die Ölförderung in absehbarer Zukunft zurück geht und wir jedes Kilowatt brauchen werden - die heutigen Preise sind irrelevant, wenn man sich überlegt was ein zwanzigprozentiger Förderrückgang beim Öl bewirken kann und wie gefragt dann Strom für Wärmepumpen sein wird, Da spielt der Preis für Photovoltaik gar keine Rolle mehr. Und Kernenergie ist dann übrigens auch deswegen keine Option mehr, weil eine Verknappung von Uran schon heute abzusehen ist.

     

     

    Mit Abwrackprämien kann man diese Realität ganz sicher nicht bewältigen. Aber diese Regierung klammert sich an die Fossil-nukleare Industrie und die Autolobby, als gäbe es kein Morgen, und verkauft unser aller Zukunft für ein Linsengericht. Die Technik und das Wissen, es besser zu machen, haben wir.

  • CH
    Cornelia Holtmann

    Die deutsche Solarindustrie - einst die weltweit führende - hat ihre Weltmarktstellung schon lange verloren, deutsche Unternehmen schließen oder werden aufgekauft.

     

    Dies ist die Folge der großzügigen Solarförderung durch den deutschen Staat. Die Solarfirmen sahen nämlich nicht mehr die Notwendigkeit, weiter zu forschen. Mit den alten Anlagen ließ sich ja genug Geld verdienen.

     

    Umweltfreundlich und auf Dauer durchsetzbar sind aber nur die leistungsstärkeren Neuentwicklungen, die mittlerweile bereits nach Deutschland importiert werden.

     

    "Gut gemeint" ist oft das Gegenteil von "gut gemacht".

  • S
    Solateur

    Werte Frau Reiche,

    Planungssicherheit haben Sie und ihre Atomfreunde Rösler und Röttgen für mich geschaffen: Ich habe einen Termin beim Arbeitsamt und den Rest des Jahres frei. Mit mir 50 weitere selbstständige Monteure, viele mit Kindern, allein in meiner Firma. Nach der Ankündigung, die größte deutsche Erfolgsgeschichte nach dem Wirtschaftswunder zugunsten einer strahlenden Zukunft einfach wegzuschmeissen, wurden ALLE für dieses Jahr angesetzten Projekte gecancelt. Da steckte eine Menge Arbeit und viel Geld drin. Dafür, daß Sie das wichtigste Projekt des 21. Jahrhunderts, diese Generationenaufgabe des Umbaus des Energiesektors, von dem direkt abhängt, wie unser und das Leben unserer Kinder und Enkel aussieht, für auch noch herbeigelogene Einsparungen für unnötig erklären, sollten Sie samt der schwarz-gelben Bagage mit Fackeln und Heugabeln aus den Bundestag gejagt werden!

  • W
    Waage

    Kreuzzug hin oder her: auf einen groben Klotz scheint wohl ein grober Keil zu gehören. Ich hoffe die Opposition betreibt daher mit ihren Abwehreflexen nur Theaterdonner.

     

    Sollte die Sonderkürzung komplett verwässert oder gar ganz blockiert werden dürfte das wohl in den nächsten 5 Jahren der letzte "Sieg" der PV-Branche gewesen sein.

     

    Und hört doch auf die armen Modulhersteller vorzuschieben und auf die Tränendrüse zu drücken. Ihr Elend ist zum großen Teil selbst verschuldet. Wo ist das viele Geld von 2010 denn geblieben?

     

    Will man die Besten der deutschen Modulhersteller fit für die Zukunft machen dann über direkte Liquiditätshilfen zur Modernisierung und nicht durch unnötige Überförderung.

     

    Der PV- Ausbau MUSS diese Jahr in die Nähe des Ausbaukorridors gebracht werden. Jedem Häuschen seine Solaranlage aber Großanlagen müssen in Zukunft gezielt nur da zugebaut werden wo Netzkapazitäten sind oder wo deren Ausbau energiewirtschaftlich sinnvoll ist.

     

    Alles außer den kleinen Hausanlagen MUSS bereits kurzfristig deutlich unter das Förderniveau der Offshore-Windkraft gedrückt werden.

     

    Zielrichtung MUSS das Erreichen der Augenhöhe in der Förderung der mittleren Anlagen mit der Onshore-Windkraft bereits in den nächsten Jahren sein. Großanlagen werden dieses Niveau auf Dauer sogar unterbieten müssen (und können!) damit noch Geld fürs Speichern da ist.

     

    DAS TUT WEH ABER ES NUTZT JA ALLES NIX!

    (Ohne offensive Förderkürzung keine offensive Argumentation!)

  • S
    Solaris

    Die FDP wettert gegen Solarförderung mit dem Argument, diese würde vorwiegend Alleinerziehender oder Geringverdiener belasten. Obwohl die Fördersätze für Offshore-Windkraft etwa in der selben Höhe wie die Solarvergütung liegen. Offshore-Förderung nutzt allerdings vorwiegend den Energiekonzernen.

     

    Drängt sich da nicht der Verdacht auf, dass es der FDP weniger um Alleinerziehende geht als um Energiekonzerne?