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Das erste GrundsatzprogrammEin Fundament für die Linkspartei

Die Linke verabschiedet nach langer Zeit ein Programm. Die Gräben zwischen Fundis und Reformern sind tief, doch an diesem Tag ist man sich einig, die wahre SPD zu sein.

Selbstinszenierung als Ur-Sozialdemokraten: Linke Parteiführung beim Lesen aus dem SPD-Programm von 1891. Bild: dpa

ERFURT taz | Bevor es in die Nachmittagsrunde geht bei diesem Parteitag, bevor im Dreiminutentakt die Delegierten ans Mikrofon treten können, bevor also bis spät in die Nacht über "Demokratie und Finanzkrise", "Krisen des Kapitalismus" und "Linke Reformprojekte" diskutiert und abgestimmt wird, sollen jetzt alle bitte noch mal zuhören. "Szenische Lesung Erfurter Programm" lautet der Tagesordnungspunkt direkt nach der Mittagspause.

Fanfarenmusik erklingt, ein Paukenschlag – und vorn auf der Bühne, vor dem riesigen Die-Linke-Schriftzug, reihen sich 17 Promidelegierte auf und lesen Satz für Satz das Erfurter Programm vom Blatt. Ganz links steht Oskar Lafontaine, ganz rechts Gregor Gysi, zwischen ihnen Leute wie Dieter Dehm, Sahra Wagenknecht, Jan Korte, Bodo Ramelow und Gesine Lötzsch. Satz für Satz geht das, ein paar Minuten lang.

Es ist natürlich kein Zufall, dass die Regie diesen 120 Jahre alten Text auf die Tagesordnung gesetzt hat. Denn die Partei, die sich gut vier Jahre nach ihrer Fusion aus PDS und WASG an diesem Wochenende endlich ein Programm gibt, versteht sich als eigentliche Vertreterin der sozialistischen Idee im 21. Jahrhundert.

Ihr Erfurter Programm hatte die SPD 1891 ebenfalls in dieser Stadt verabschiedet. Damals war es Ausdruck des Triumphes über staatliche Unterdrückung und gesellschaftliche Ausgrenzung der Arbeiterschaft im Kaiserreich. Luc Jochimsen, kulturpolitische Sprecherin der Partei, erklärt die Performance so: Dieser Text sei "das gemeinsame Fundament der Linken".

Tiefe Gräben

Ein Fundament versuchen sich nun auch die Genossinnen und Genossen in der Erfurter Messe zu geben. 570 Delegierte beraten das ganze Wochenende lang, wie sich die Partei zu verfassen gedenkt. Zum Programmentwurf liegen rund 1.400 Änderungsanträge vor. Die Spaltung in Ost und West, die Gräben zwischen dem fundamentalistischen und dem Reformerflügel innerhalb der Partei sind tief, dennoch, an diesem Wochenende nehmen sich alle zusammen – es geht darum, Geschlossenheit zu zeigen.

Das gilt auch für die offene Führungsfrage. Bei ihr geht es sowohl um die schwachen Vorsitzenden Klaus Ernst und Gesine Lötzsch als auch um die Diskussion um den Platz neben Gregor Gysi in der Fraktionsspitze. Bei beiden Personalentscheidungen fällt immer wieder und immer fordernder der Name Sahra Wagenknecht. Die einstige Ultrakommunistin schlägt formal versöhnliche Töne an, inhaltlich hingegen wärmt sie die Herzen der Frontalopposition.

Auch Oskar Lafontaine ist nach Erfurt gereist. Der Mann, der seit 2009 eigentlich nur noch die Linksfraktion im Saarbrücker Landtag führt, sitzt in der ersten Reihe. Vor Beginn des Parteitages schwor er die Genossinnen und Genossen noch einmal darauf ein, bloß keine Personaldebatte zuzulassen. Im Vordergrund müsse das wichtigste politische Thema stehen: "die Bewältigung der internationalen Finanzkrise". Die Linke sei die einzige Partei, die seriöse Vorschläge zu deren Überwindung macht.

Spätestens kommende Woche ist es wohl aber vorbei mit der Ruhe. Dann wird sich entscheiden, ob Gregor Gysi in der Fraktionsspitze eine Frau an seiner Seite duldet. Vielleicht: Sahra Wagenknecht.

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5 Kommentare

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  • U
    Ulibandung

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    Na toll, das Heil in einem 120 Jahre altem Document zu suchen scheint die Hilflosigkeit der Linken auf aktuell-politische Themen einzugehen zu bekraeftigen. Liberalisierung harter Drogen scheint das All-Heil-Rezept fuer Jungwahler zu sein.

    Ab in die Pathologie, ihr Sozisaurus

  • W
    Webmarxist

    Luc Jochimsen hat Recht . Denn die Linke kämpft genau für die Ziele wie im Erfurter Programm von 1891 der SPD. Gegen Staatliche Unterdrückung. Aber nicht so wie in der DDR. Dort wurde Sie unterdrückt.Dass darf nicht nochmal geschehen. Sondern sie will einen Sozialismus, wo Sozialismus und Freiheit existieren, ohnne Staatliche Unterdrückung.

  • H
    Hasso

    Bevor die Konservativen von den Linken Rat annehmen, gehen sie lieber lachend in den Untergang. Man braucht ja nicht alles zu übernehmen. Aber was das Wichtigste ist weiß man ja schon lange. Man macht es nur nicht. Aus welchem Grund? Hat man Angst vor seiner eigenen Courage. Wer uns den Mist eingebrockt hat, der soll in auch wieder ausbaden. Denn was da geschehen ist, das ist hausgemacht. Wenn die da oben stets von der Globalisierung reden, dann heißt das doch nichts anderes, dass man erst mal abwartet, was die restliche Welt macht.So kann man doch auf Dauer keine Politik machen.Einer muss immer da sein, der mit Veränderungen beginnt.Was daraus entsteht,wenn man das nicht macht, das hat man nach dem Aussitzen Kohls gesehen;das hat uns die Schröder-Politik eingebrockt. Jetzt macht Merkel,den gleichen Mist.Müssten sie selber so büßen wie das Volk, dann würden sie eine andere Politik machen.

  • R
    runzbart

    "Dann wird sich entscheiden, ob Gregor Gysi in der Fraktionsspitze eine Frau an seiner Seite duldet."

     

    nicht nur diese ein-themen-berichterstattung über die piratenpartei, nun wird auch noch über die linke derselbe stuss verzapft.

    wer sich als erbe der echten spd und dann wohl auch der uspd sieht und sich damit zu rosa luxemburg und clara zetkin bekennt, der hätte es als chauvi schwer diese inneren widersprüche mit sich selbst auszumachen.

    gregor gysi wäre dann jedenfalls ein sehr guter schauspieler, denn er erweckt nicht den eindruck ein chauvinistischer oder autoritärer mensch zu sein, der neben sich niemanden und erst recht keine frau duldet.

  • W
    Weinberg

    Man sollte das Ergebnis des Programm-Parteitages der Linkspartei abwarten und auf das Kaffeesatz-Lesen á la taz verzichten.

     

    Bei der SPD ist man gewohnt, dass sie stets LINKS blinkt um dann ganz schnell nach RECHTS abzubiegen. Die Grünen (als der Ex- und Möchtegern-Koalitionspartner der SPD) haben sich inzwischen dieser Verfahrensweise bestens angepasst.

     

    Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass die Linkspartei künftig ebenfalls einen solchen Kurs einschlägt. Die Kuschelpolitik der Berliner Linkspartei mit Schlafwagenschaffner/Ex-Senator Wolf an der Spitze werden für die Linkspartei eine Lehre sein.