CCC-Kongress zu Überwachung beginnt: "Liebesaffäre" mit Diktatoren
In seiner Eröffnungsrede kritisiert Netzexperte Morozov die Nähe von Technologie-Unternehmen und autoritären Regimes. Auf dem Kongress diskutieren Hacker und Netzaktivisten über Krieg im Netz.
BERLIN dpa | Mit dem Verkauf von Spionage-Software unterstützen westliche Staaten nach Ansicht des Netzexperten Evgeny Morozov die Repressionen autoritärer Regime. Die Hersteller von Überwachungs-Systemen scheuten nicht den Verkauf an Länder wie Syrien oder Iran, sagte er am Dienstag beim Jahreskongress des Chaos Computer Clubs (CCC) in Berlin (28C3).
Der größte Hackerverein in Europa diskutiert bis Freitag über Netzpolitik, Datenschutz und Überwachungstechnologie und stellt technische Systeme wie Handys und Websites, aber auch Industrieanlagen auf den Prüfstand.
Diktatoren und westliche Technologie-Unternehmen hätten eine "heimliche Liebesaffäre", sagte Morozov in der Eröffnungsrede des Kongresses. Morozov verglich die Programme mit Waffen: Ein Exportverbot funktioniere nur, wenn es global gelte, sagte der Weißrusse, der an der amerikanischen Stanford-Universität forscht. Er plädierte für eine Außenpolitik, die den Einsatz von Überwachungs-Software berücksichtigt.
Der CCC sieht sich selbst in einer wichtigen gesellschaftlichen Rolle. CCC-Sprecher Frank Rieger betonte die exponentiell wachsende Bedeutung von Technologie in der heutigen Zeit. Die Aktivitäten der Hacker-Community seien daher nicht nur eine Spielerei - "wir sind im Zentrum der gesellschaftlichen Entwicklung".
Im rechtlichen Graubereich
Staatliche Spionage-Software wird auf dem Kongress auch weiter eine Rolle spielen. Der CCC hatte in den vergangenen Monaten mehrere Versionen des in Deutschland eingesetzten Staatstrojaners analysiert und war zum Schluss gekommen, dass diese gesetzeswidrige Funktionen enthielten. Der Club werde einen Forderungskatalog für den Umgang mit staatlicher Schnüffel-Software aufstellen, sagte CCC-Sprecherin Constanze Kurz im Vorfeld des Kongresses.
Das Motto des CCC-Kongresses lautet "Behind enemy lines" (Hinter feindlichen Linien). Es beziehe sich auf die zunehmende Diskussion über "Cyberwar", erklärt CCC-Sprecherin Kurz - also die Fortsetzung kriegerischer Auseinandersetzungen mit Hilfe des Internets. Zudem spiele es darauf an, dass viele Hacker sich in einem rechtlichen Graubereich bewegten.
Die Tickets für den Kongress waren bereits im Vorfeld ausverkauft, es gibt nur noch kleine Kontingente für Tagesbesucher. Ein großer Teil der 100 Vorträge wird aber per Livestream im Internet zu sehen sein, sofern die Verbindung steht. Zudem organisieren Hackergruppen in 26 deutschen Städten Live-Übertragungen. Im Netz tauschen sich die Kongressbesucher unter dem Schlagwort (Hashtag) "28C3" aus.
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