Bündnis „Bahn für alle“: Bahncard soll bleiben
Aktivisten warnen vor einer Privatisierung und kritisieren die Debatte um die Bahncard. Sie befürchten, dass flexibles Fahren eingeschränkt wird.
BERLIN taz | Das bahnkritische Bündnis „Bahn für alle“ warnt die Bundesregierung davor, die auf Eis gelegten Pläne zur Privatisierung des bundeseigenen Mobilitätsunternehmens wieder zu verfolgen. Geplant sei offenbar, noch in diesem Jahr 24,9 Prozent der Transportsparte der Bahn zu verkaufen oder über einen Aktientausch an einen privaten Investor zu geben, warnte Bündnis-Experte Carl Waßmuth am Montag.
„Eine solche Option hätte erneut den erbitterten Widerstand aller an einer nachhaltigen Mobilitätspolitik und Klimaschutzpolitik interessierten Organisationen zur Folge.“ Das Vorhaben würde erneut zu kapitalmarktfixierten Fehlentscheidungen bei der Bahn führen – mit einer Vernachlässigung von Netz und Fahrzeugpark.
Das Bündnis kritisiert zudem die Debatte über die Weiterentwicklung der Bahncard, einer beliebten Rabattkarte, die auch bei großer Nachfrage preisreduziertes Reisen ermöglicht. „Geplant ist nicht eine Weiterentwicklung, sondern die Aushöhlung und faktische Abschaffung der Mobilitätskarte Bahncard 50 zugunsten der Rabattmarke Bahncard 25 und den verwirrenden Sonderpreisaktionen“, sagte Winfried Wolf, Verkehrsexperte und Mitbegründer des bahnkritischen Bündnisses.
Auch beim ersten Anlauf zur Bahnprivatisierung sei die Reform des Preissystems ein wichtiger Baustein mit fatalen Folgen gewesen. „Fahrgäste sollten umerzogen werden, um die Auslastung zu verbessern“, fürchtet Wolf. Die Einfachheit und Flexibilität des Bahnfahrens sollten beschnitten werden, und erst breiter Widerstand habe diese Pläne stoppen können. „Wer einen Neuaufguss solcher Rezepte versucht, wird erneut scheitern und die Marktposition der Bahn schwächen.“
Vorbild Schweiz
Bahnexperte Heiner Monheim forderte eine Verkehrswende in Deutschland. „Dazu brauchen wir ein einfaches Tarifsystem, das möglichst viele Dauerkunden bindet und die komplette Mobilitätskette einbezieht.“ Eine Bahncard 50 oder Bahn100 für alle muss das Ziel sein, nach dem Vorbild von „Generalabo“ und „Halbtaxabo“ in der Schweiz.
„Dann kommt es zu massenhaftem Umsteigen von der Straße auf die Schiene.“ Wer stattdessen nur auf Großprojekte wie Stuttgart 21 setze und sich mehr im Ausland als in Deutschland engagiere, mache ein Umlenken unmöglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“