Brandrodungen in Indonesien: Motoren brummen, Wälder brennen
In Indonesien toben die schlimmsten Waldbrände seit Jahren. Laut Umweltschützern sind 117 Firmen dafür verantwortlich. Sie brauchen Platz für Palmölplantagen.
BERLIN taz | Nach den schlimmsten Waldbränden in Indonesien seit 16 Jahren haben indonesische Aktivisten dem Umweltministerium in Jakarta eine Liste mit 117 Firmen übergeben, die für die Feuer verantwortlich sein sollten. In dem Protestschreiben, das der taz vorliegt, zählen die Umweltschützer in der betroffenen Provinz Riau unter anderem über 230 Feuerherde in Konzessionsgebieten für Palmölplantagen auf.
Der Staat schaue den Brandrodungen untätig zu, von denen Plantagenunternehmer der Region profitierten, so die Umweltschützer.
Aus der indonesischen Provinz Riau waren in den vergangenen Tagen 20.000 Fälle von Atembeschwerden gemeldet worden. Jakarta bekam auch die Verstimmung der Nachbarn Singapur und Malaysia zu spüren bekommen, die tagelang unter dicken Rauchschwaden gelitten hatten. „Indonesien bekämpft die Waldbrände entschlossen“, verlautbarte die Regierung.
Doch das dürfte sich in der Praxis als schwierig erweisen. Einem Bericht des Umweltportals Mongabay zufolge verdächtigt das Umweltministerium acht malaysische Firmen, die in Riau operierten. Die bislang 14 verhafteten mutmaßlichen Brandstifter sind aber allesamt Bauern aus der Region, denen man bislang keine Verbindungen zu Holz- oder Palmöl-Unternehmen nachweisen konnte.
Indonesien ist der weltweit größte Palmölhersteller. Neben der Verwendung von Palmöl in Nahrungsmitteln und Kosmetik treibt hier auch die Verwendung für Biokraftstoffen in Europa die Nachfrage an. „Es ist ein Skandal, dass die Europäische Union von Arterhalt und Menschenrechten redet und diese mit der Festschreibung von Biokraftstoffbeimischung mit Füßen tritt“, sagt Reinhard Behrend, Vorsitzender von Rettet den Regenwald.
Damit beuge sich Brüssel nur der Lobbyarbeit der Palmölproduzenten. „1,9 Millionen Tonnen Palmöl wurden dem Dieselkraftstoff im vergangenen Jahr bereits EU-weit beigemischt“, so die Organisation in einer Online-Petition. Dafür benötigte Palmölplantagen umfassten eine Fläche von 700.000 Hektar, für die Regenwald zerstört würde. Das entspricht etwa der Hälfte der Fläche Schelswig-Holsteins.
Offener Brief an EU-Parlament
Die EU überarbeitet derzeit ihre Richtlinien für Biokraftstoffe. „Es ist Zeit, eine verfehlte Politik zu korrigieren“, forderten am 17. Juni 112 Nichtregierungsorganisationen in einem offenen Brief an das EU-Parlament. In Entscheidungen über Biokraftstoffe müsse auch die Umwandlung von Flächen, die zur Nahrungsmittelproduktion dienten, zu Produktionsflächen für Biokraftstoffe einbezogen werden.
„Europas steigende Nachfrage nach Biodiesel verstärkt Landraub und steigende Nahrungsmittelpreise und verschärft Armut und Hunger bei Bevölkerungsgruppen, die ohnehin schon die Schwächsten sind.“, so die Unterzeichner des Briefes.
Der Industrieausschuss des EU-Parlaments sieht das offenbar anders. Dort sprach man sich am in der vergangenen Woche nicht nur für die Beimischung von 6,5 Prozent Nahrungsmittel-basierter Biokraftstoffe aus, sondern auch gegen die Einbeziehung der Folgen indirekter Landnutzung. Am 10. Juli tagt der in der Sache federführende Umweltausschuss zum Thema Biokraftstoffe. Am 10. September erfolgt die Abstimmung im Parlament.
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