piwik no script img

Bradley Manning sagt ausGrausame und unmenschliche Haft

Der US-Soldat Bradley Manning soll Tausende Geheimdokumente an die Internet-Plattform Wikileaks weitergereicht haben. Jetzt kam er erstmals selbst zu Wort.

Der Gefangene Bradley Manning wird dem Gericht vorgeführt Bild: dapd

WASHINGTON taz | Es war die erste Aussage des ehemaligen Aufklärungsexperten Manning, seit er im Mai 2010 im Irak verhaftet worden war. Der junge Gefreite, der beschuldigt wird, Tausende geheime Datensätze an die Organisation Wikileaks weitergegeben zu haben, sprach diese Woche in Fort Meade in einer vorgerichtlichen Anhörung.

Das Hearing, das an diesem Wochenende weitergeht, soll klären, ob er schon vor einer Verurteilung durch die Tortur in der Haft bestraft worden ist.

„Zum Glück bin ich klein“, sagte Bradley Manning am Donnerstag. Ausführlich beschrieb der 24-jährige Gefreite seine Haftbedingungen im Kerker einer Basis der Marines: die 1,80 mal 2,40 Meter winzige Zelle, in der er während neun Monaten isoliert war; das Verbot, Sport zu treiben; die 20-minütigen „Ausgänge“ pro Tag, bei denen er an Händen und Füßen gefesselt war; seine Rund-um-die-Uhr-Beobachtung und das mehrfache nächtliche Wecken durch Gefängniswächter; und das Anstehen zum Appell in unbekleidetem Zustand.

Mehrere internationale Organisationen, darunter Amnesty International, und mehrere Friedensnobelpreisträger haben in seinem Fall von „Folter“ gesprochen. Doch es ist unwahrscheinlich, dass die US-Militärgerichtsbarkeit zugibt, dass Manning misshandelt worden ist. Sollte es dazu kommen, würde es die Lage des Angeklagten grundsätzlich ändern.

Vorerst ist Manning in 22 Punkten angeklagt. Der schwerwiegendste davon lautet „Hilfe für den Feind“. In dem Prozess, der im kommenden Februar beginnen soll, könnte Manning deshalb zu „lebenslänglich“ verurteilt werden. Manning selbst bekennt sich inzwischen in acht Punkten für schuldig – darunter die Übergabe von militärischen und diplomatischen Geheimdokumenten.

Am Donnerstag hat Verteidiger David Coombs auf dem Fußboden des Gerichtsraums die Umrisse der Zelle abgeklebt. Der 1,58 Meter große Gefreite Manning antwortet mehr als sechs Stunden auf Fragen.

„Begeht“ seine ehemalige Zelle. Beschreibt, wie er nach mehreren angsterfüllten Wochen in Camp Arifjan in Kuwait zunächst „froh“ war, als er in die USA gebracht wurde. Und wie er in Quantico immer weiterer Utensilien beraubt wurde.

Offiziell hielten Mannings Wärter ihn für „suizidgefährdet“. Als er Anfang 2011 zu einem Wärter gesagt hatte, wenn er sich tatsächlich umbringen wollte, könnte er das auch mit Slips und Badeschlappen tun, wurden ihm in der folgenden Nacht auch Unterwäsche und Bettwäsche abgenommen. Manning hatte es sarkastisch gemeint. Seine Wärter nahmen es ernst.

Zwei Militärpsychiater, Captain William Hoctor und Captain Kevin Moore, die Manning untersucht haben, erklären in Fort Meade, dass seine Haftbedingungen nicht gerechtfertigt waren. Ihre Empfehlungen wurden ignoriert. Captain Hoctor kritisiert, dass in Quantico noch langsamer auf seinen fachmännischen Rat reagiert würde als in Guantánamo.

Bei dem Hearing in Fort Meade bringt Manning, wenn er die Überreaktionen der Marines schildert, das Publikum im Saal mehrfach zum Lachen. Nach Berichten von Augenzeugen wirkt er keineswegs so destabilisiert, wie ihn die US-Militärs monatelang beschrieben haben. Er spricht souverän über sich selbst und witzelt darüber, dass sein einziges Amüsement während der monatelangen Isolation der Blick in den Spiegel war.

Welche Konsequenzen es für seinen Prozess haben wird, dass Manning sich in acht Punkten für schuldig bekannt hat, ist unklar. In Fort Meade reagiert Militärrichterin Denise Lind mit dem Hinweis, dass er für diese Straftatbestände bis zu 16 Jahre Gefängnis bekommen kann.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • H
    Hans

    @Stimme der Demokratie:

    Haben Sie Hintergründe zu Ihrer Propaganda?

    Wem hat Manning denn eigentlich geschadet, außer dem Image der USA. Gab es dadurch mehr verzeichnete Anschläge auf das amerikanische Militär? Von welcher Freiheit frage ich mich auch, spricht hier die Stimme der Demokratie hier?

  • SD
    @Stimme der Demokratie

    Ihr Argument ist schon klar. Derjenige der die Lebensart und Weise der USA in Frage stellt, ist ein Antisemit oder Terrorist.

     

    Welches Land hat eine staatstragende Paranoia?

    "Pentagon will Hunderte Spione ins Ausland schicken"

    http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-12/usa-militaergeheimdienst-ausbau

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Was bitte sollte denn jemanden erwarten, der die Sicherheit seines Landes, seiner Kammeraden und seiner Bürger verraten hat? Natürlich ist er für alle Freiheits- und Zivilisationshasser ein Held.

  • K
    Kubark

    Was soll die Welt von einem Land welches sich durch einen unvergleichlichen Gründungsvölkermord auszeichnet, genau diese Tradition konsequent weiterführt, erwarten?

    Aus Hitlerdeutschland wurde das Kubark Buch weiter entwickelt.

    Inzwischen wurde die Musik der Sesamstraße als Waffe/Folter in Guantanamo eingesetzt.

    "Greatest Hits von Guantanamo": Metallica, Bruce Springsteen, Eminem und der Titelsong der "Sesamstraße"

    http://www.stern.de/politik/ausland/musik-als-folter-die-greatest-hits-von-guantanamo-648547.html

     

    In Kentucky garantiert der Allmächtige die innere Sicherheit. Wer das anzweifelt, dem droht Gefängnis. Ein Murat Kurnaz wurde ebenso gefoltert.

     

    Was soll von solch einem Folterstaat der auch noch Menschen aus fremden Ländern heimlich entführt, erwartet werden?

    Nichts bzw. nur das Schlimmste.

    Und Deutschland unterstützt Folterstaaten und entwickelt sich selbst immer weiter in die Richtung.

  • M
    mischka75

    Manning kann in den Spiegel schauen. Ob seine Richter das können?

  • T
    trampshining

    Bradley Manning ist ein Held und die US war nie ein Rechtsstaat. In fast allen Ländern der Welt sind Regierungen die Ausführenden des globalen, kriminellen Bankensyndikats, Mittäter in Kriegen und der Ausbeutung der Bevölkerung.

     

    WAR IS A RACKET.

    Krieg ist ein erpresserischer Schwindel und sehr profitabel, bei dem der Profit in Dollars und Toten errechnet wird.

     

    US-Major General Smedley Butler, 1933

  • MH
    Markus Hoffmann

    "„Begeht“ seine ehemalige Zelle. Beschreibt, wie er nach mehreren angsterfüllten Wochen in Camp Arifjan in Kuwait zunächst „froh“ war, als er in die USA gebracht wurde. Und wie er in Quantico immer weiterer Utensilien beraubt wurde." Bitte in ganzen Sätzen Schreiben, wir sind hier nicht bei SPRINGER! Ernsthaft.

  • K
    Kitty

    Illegale Bestrafung ?

    Dies ist eine sehr ungenaue Bezeichnung für einen nicht unerheblichen vorfall .

    Menschenrechtsverletzungen in Us-Amerikanischen Gefängnissen fördern den Internationalen Terrorismus ,sie gefährden somit unsere Sicherheit .

    Jetzt dürfen andere Bradley Manning als Helden verheren .

  • H
    Hummel

    @Bernd Goldammer

     

    Ich glaube nicht, dass die USA irgendwann angefangen haben in Richtung Unrechtsstaat zu verkommen, vielmehr haben sie es geschafft seit zweihundert Jahren relativ konstant zu bleiben. Vor zweihundert Jahren waren sie enorm fortschrittlich, heute erscheinen viele Gesetze und Prozesse archaisch. Zu sagen, seit den Sechzigern ginge es mit dem Recht in den USA bergab ist allein schon aufgrund der wachsenden Gleichberechtigung von Afroamerikanern falsch - und diese begann doch erst in den sechzigern.

  • UM
    Ullrich Mies

    Die organisierten Kriminellen sitzen heute weltweit in den Regierungen und arbeiten systematisch gegen die Interessen der Menschheit - auf allen Gebieten.

  • S
    Schulz

    Das Foto sieht so wie Ausnahmeerscheinung aus.

    Sind die Zufueherer... zum Gericht lebenserhaltend?

    Eher bedrohend.

    Bei so einem Zwerg wie Manning fuehlen die sich so unsicher?

    Wie geht es dem Militaer?

    Welche Spielchen mit welchen... Mitteln?

  • BG
    Bernd Goldammer

    Die USA sind seit den sechziger Jahren, Stück für Stück, zu einem Unrechtsstaat verkommen. Bewiesen ist: Sogar Kriege sind mit Lug und Trug vom Zaun gebrochen worden, ohne das die Verantwortlichen je zur Rechenschaft gezogen worden wären. Auch der Irak und Libyen wurden völkerrechtswidrig überfallen. Bradley Manning hat durch sein mutiges Verhalten schwere Kriegsverbrechen der USA im Irak aufgedeckt. Eine Heldentat, für die er höchste Solidarität in der ganzen Welt erfahren müsste. Er hat klar nach der US-Verfassung gehandelt, indem er Widerstand gegen den kriegerischen Verfassungsbruch geleistet hat. Das dies nicht ausreichend gewürdigt wird, sagt auch sehr viel über uns. Daran, wie die US-Administration schon seit Jahren mit ihm umgeht, ist klar zu erkennen: Die USA sind ein Unrechtsstaat.

  • UM
    Ulli Müller

    Es ist immer schlimm wieveiel Macht die Verbrecher über und gegen die wahren Helden der Menschheit ausüben können.

    Wann werden die Menschen endlich erkenen, dass alle, die mit Krieg und Kriegsplanung und auch ihre Voten dafür, die wirklichen und größten Verbrecher auf Erden sind!