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Bewaffnete Kriminalität in MexikoMiliz gegen Mafia gegen Militär

Die mexikanische Regierung schickt Sicherheitskräfte nach Michoacán. So sollen die Kämpfe zwischen Bürgerwehren und Drogenkartellen beendet werden.

Angehörige einer Bürgerwehr in Apatzingán. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Kämpfe zwischen Bürgermilizen und der Mafia im mexikanischen Bundesstaat Michoacán haben einen neuen Höhenpunkt erreicht. Autonome Selbstverteidigungsgruppen nahmen in den letzten Tagen mehrere Städte ein, die bislang vom Tempelritter-Kartell kontrolliert wurden.

Damit kontrollieren die als Bürgerwehren gegen die Gewalt der Drogenkartelle gegründeten Milizen 33 Gemeinden und kesseln die als Mafia-Zentrum geltende Kreisstadt Apatzingán weiter ein. Um die Gebiete zurückzugewinnen, hat Innenminister Miguel Ángel Osorio Chong am Montag weitere Soldaten und Bundespolizisten in die Region geschickt.

Seit einem Jahr organisieren Bürgerinnen sowie Bürger in Michoacán und dem anliegenden Bundesstaat Guerrero zunehmend unabhängige bewaffnete Einheiten. Damit wehren sie sich gegen Entführungen, Erpressungen und Morde, für die sie die Tempelritter verantwortlich machen – das derzeit in Michoacan stärkste Kartell.

Angesichts der Tatenlosigkeit lokaler Polizeikräfte und Politiker, die häufig mit den Kriminellen zusammenarbeiten, legen sich die Milizen mit den Kartellen an. Mit Pickups und Sturmgewehren patrouillieren sie durch die Dörfer, immer wieder gibt es Tote. „Wir wollen weder Polizisten noch Kommandanten sein“, erklärt Estanislao Beltrán, einer der Anführer der Gruppen. „Unser Interesse ist es, unsere Familien zu schützen und dem organisierten Verbrechen ein Ende setzen.“

Linke kritisieren Bürgerwehren

Die Bundesregierung hat in den letzten sechs Monaten 2.500 Sicherheitskräfte in die Region mobilisiert. Allerdings mit fragwürdigem Erfolg: Die Gewalt hat noch zugenommen. Gegenüber den Milizen fährt die Regierung einen ambivalenten Kurs. Zwar kündigte Innenminister Osorio Chong am Montag eine Entwaffnung der Bürgerwehren an, wenige Tage zuvor bestätigte er aber, man habe mit einem Anführer Gespräche geführt. Ziel sei es gewesen, dass sich die Milizen Regeln unterordnen und „den Sicherheitskräften helfen“.

Bislang ist schwer auszumachen, wer wem hilft. Während am Sonntag etwa 400 Bewaffnete auf 30 Pickups in die Kleinstadt Nueva Italia eindrangen, kreiste ein Hubschrauber der Armee über dem Geschehen. Bei Kämpfen im November stellten sich die Soldaten sogar hinter die Milizen, allerdings ohne direkt einzugreifen. Für die Regierung seien die bewaffneten Gruppen „ein funktionales Werkzeug bei der Bekämpfung der Tempelritter“, meint der Sicherheitsexperte Alejandro Hope. So könne sie die Macht des Kartells eindämmen, ohne das Leben eigener Leute aufs Spiel zu setzen.

Viele Linke blicken kritisch auf die Milizen. So weist der Kommentator Luis Hernández Navarro auf die Gefahr einer Paramilitarisierung hin. Anders als in Guerrero, wo die autonomen Polizeikräfte einen linken und indigenen Hintergrund hätten, würden einige Gruppen in Michoacán mit der Mafia zusammenarbeiten. Das behaupten auch die Tempelritter. Sie werfen den Bürgerwehren vor, mit dem gegnerischen Kartell „Nuevo Generación Jalisco“ unter einer Decke zu stecken.

Bei ihrer Offensive stießen die Milizen auch auf Widerstand. Unbekannte blockierten die Straßen mit brennenden Fahrzeugen. Rathäuser, Geschäfte und eine Bibliothek wurden angegriffen. Doch die Milizen wollen ihren Vormarsch auf die 100.000-Einwohner-Stadt Apatzingán fortsetzen. Sie würden den Dörfern die Hilfe nicht entziehen, um die sie gebeten hätten, heißt es in einer Stellungnahme im Netz. Mit der Regierung werde man erst sprechen, so Anführer Beltrán, wenn die Chefs der Tempelritter im Gefängnis sitzen.

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8 Kommentare

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  • Mexiko steht ein staatlicher Modernisierungsprozess wie in Georgien unter Saakaschwili noch bevor. Solange die mexikanische Regierung nicht ihren eigenen Augias-Stall ausmistet, wird sie das Mafia-Problem nicht lösen können. Solange wird es auch berechtigte Gegenwehr der Bürgermilizen geben. Und solange hat Milizführer Beltrán recht, skeptisch zu sein.

  • JB
    Juan Barricador

    Das ist auch das Ergebnis der PAN Regierungen, die erst buergerkriegaehnliche Zustaende hervorrgerufen und dabei die Macht der Kartelle nur halbherzig bekaempft hat. Wer weiss denn wirklich, wer in diesem Land hinter wem steht? Grundsaetzlich ist der Drogenhandel zu profitabel, um wirklich konsequent gegen ihn vorgehen zu koennen. Alle meine Bekannten hier rauchen das Mota pur, weil der Tabak zum mischen zu teuer waere und in jeder Kinderdisko wird einem das weisse Pulver quasi geschenkt. Die enorme Preisspanne zwischen Mex und USA ist doch erst der Grund fuer die Uebermacht der Sinaloenser und des Golfkartells. Viele der bewaffneten Autodefensores stecken irgendwie mit drin. Die Waffen haben sie auf jeden Fall nicht vom Wochenmarkt...

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Bürgermilizen gegen die Drogenmafia. Eigentlich gut, daß die Bürger nicht mehr nur die Opfer spielen. Aber es handelt sich bei den Tempelrittern wohl eher um eine schwache Organisation.

     

    Außerdem zeigt die Aktion, daß der Staat langsam aber sicher vollkommen die Kontrolle verliert.

  • F
    FatalImpact

    Wenn die Medien nicht ganz so sensationsgeil wären, hätte man sich schon längst darauf geeinigt, die Gesichter der Menschen der Bürgerwehren unkenntlich zu machen, um deren Familien zu schützen und diesen BürgerInnen die

    Integration ins normale Leben nicht zu verunmöglichen.

    Die Mafiosi bildet Ihr doch auch nur ab, wenn sie bereits gefaßt sind!

    Wieso schützen die Medien die Mafiosi mehr als die Bürgerwehren?

    Paradox total.

  • T
    TyrannenmordistOk

    Das korrupte Militär soll sich hüten die Waffen gegen die Bürgerwehren zu richten.

    Es darf die Bürgerwehren evakuieren, sofern sie kooperieren, anderenfalls

    handeln die Bürgerwehren auf eigene Gefahr.

    Eine bewaffnete Konfrontation des Militärs mit den Bürgerwehren kann einen Bürgerkrieg provozieren.

    Dann hätte die Mafia total gesiegt und den Grundstein für eine

    neue Staatenentstehung gelegt unter mafiöser Vorherschaft.

    Dieses Militär soll die Waffen den Bürgerwehren übergeben und sich zurückziehen!

  • @ Redaktion,

     

    mal ein paar Ergänzungen:

     

    Für Zivilisten ist der Besitz von Schusswaffen in Mexiko verboten.

     

    Spart Euch irgendwelche "Kaliberdiskussionen", die enden nämlich leider immer in bizarren Feststellungen wenn man ohne Sachkunde dazu schreibt.

     

    Glück auf!

     

    Karl

    • @KarlM:

      @Karlm:

       

      Drogenhandel und Mord ist in Mexiko wahrscheinlich auch verboten.

       

      Aber was soll man machen, wenn der Staat versagt oder mit dem Verbrechen zusammenarbeitet?

      • @Carsten Stoppel:

        Das war auch kein Vorwurf!

         

        Ganz im Gegenteil! Das Geschäft mit der Idee der Schaffung eine staatlichen Gewaltmonopols war ja "Bürger tauschen Selbstjustiz, nicht Selbstverteidigung wie mancher Bessermensch meint, gegen eine zentral organisierte Struktur die dafür ein gewisse Maß an Sicherheit bietet."

        Der mex. Staat hat seinen Teil des Vertrages nicht erfüllt, dann müssen eben die Bürger wieder selbst ran!

         

        Glück auf!

         

        Karl