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Belegungsstopp für Haasenburg GmbH„Unter verschärfter Beobachtung“

Brandenburgs Jugendministerin hat einen Belegungsstopp für die Haasenburg-Heime angeordnet. Drei Mitarbeiter erhielten ein vorläufiges Beschäftigungsverbot.

Hat auf die Vorwürfe gegen die Haasenburg GmbH reagiert: Brandenburgs Bildungsministerin, Martina Münch (SPD). Bild: dpa

BERLIN taz | Jugendministerin Martina Münch (SPD) zieht erste Konsequenzen aus der Affäre um Missstände in Einrichtungen der Haasenburg GmbH. Vor dem Hintergrund der andauerden Beschwerden von ehemaligen Kindern und Jugendlichen, die in der Haasenburg GmbH interniert waren, hat das brandenburgische Bildungsministerium nun einen Belegungsstopp für die Firma erlassen.

Demnach könne es die Ministerin „derzeit nicht verantworten, weitere Kinder und Jugendliche dort unterzubringen“. Sie sagte weiter, um das Kindeswohl in den Heimen zu sichern, stehe „die Haasenburg GmbH derzeit unter verschärfter Beobachtung.“

Darüber hinaus teilte das Ministerium mit, dass derzeit drei Mitarbeiter im Verdacht stünden , „zumindest zwei Jugendliche körperlich und seelisch misshandelt zu haben.“ Diese Vorwürfe könnten „derzeit nicht ausgeräumt werden“, so Münch. Die entsprechenden Mitarbeiter dürften vorerst nicht mehr in den Heimen der Firma arbeiten.

Der Vorsitzende des brandenburgischen Jugendausschusses, Torsten Krause (Die Linke), sagte der taz, er begrüße die Entscheidung der Ministerin. Schutzwürdig seien aber auch alle Kinder, die aktuell in den Einrichtungen der Haasenburg betreut würden. „Sie sollten bis zur Klärung der Vorwürfe alternativ untergebracht werden“, forderte Krause gegenüber der taz.

„Keine Vorverurteilung“

Der Sprecher des Brandenburgischen Bildungsministeriums, Stephan Breiding, sagte der taz: „Die jetzige Entscheidung soll keine Vorverurteilung der Haasenburg sein“. Noch am Dienstagnachmittag hatte der zuständige Hamburger Sozialsenat verlautbaren lassen, die Behörde könne Presseberichte nicht bestätigen, dass es „aktuell zu Übergriffen des Personals gegen Hamburger Minderjährige gekommen sei“.

Die Behörde hatte sich dabei auf Jugendliche berufen, die erst kürzlich aus der Haaseburg GmbH geflohen waren, mit der Begründung dort brutal behandelt worden zu sein. Die drei Jungen hatten ihre Aussage in Hamburg vor mehreren Zeugen gemacht. Nach taz-Informationen haben auch alle drei Jungen von Mißhandlungen berichtet.

Der Landessprecher der Linken in Hamburg, Bela Rogalla, zeigte sich daher irritiert über die Aussage des Senats. Er sagte der taz: „Wenn der Senat nun behauptet, Berichte der Medien ließen sich nicht bestätigen, ist dies absurd“.

Auch der Anwalt der Kinder, Rudolf von Bracken, betonte gegenüber der taz, die „drei Jugendlichen haben übereinstimmend berichtet, von einem Widerspruch weiß ich nichts“. Was die Jugendlichen gesagt hätten, sei schlüssig und ernsthaft gewesen. Der Anwalt betonte, er habe mit „Gegenwind gerechnet“.

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11 Kommentare

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  • I
    irmi

    So etwas wie diese Seelenbrecher Häuser können entstehen, wenn man alles privatisiert.

    Der Staat will Verantwortung abgeben vor allem die finanzielle Verantwortung. Das betrifft nicht nur Jugendheime.

     

    materielle Privatisierung,funktionale Privatisierung, formelle Privatisierung. Gesamt ist es staatl. Verschlankung der Staatsausgaben z.B. Post und Bahn, teilw. Autobahnen,

     

    Wasserversorgung, Strom, Gas. Was ist das Ergebnis, kaum noch bezahlbar außer für Politiker und Reiche.

    Ach nein, die Reichen werden vom Staat dabei noch geschützt, während der "einfache" Bürger die Kosten zahlen muss.

     

    Im Zuge der Europäisierung verlangte man Einsparungen der EU Länder die in Zahlungsschwierigkeiten sind, staatl. Einrichtungen zu privatisieren. Gut, bringt für den Moment etwas Geld in die Staatskassen, aber die Bürger zahlen die Zeche dafür. Dies geht durch alle Bereiche. Was bleibt ist hohe Arbeitslosigkeit, enorme Armut, den Verlust haben die "kleinen" Bürger, nicht die Politiker dort oder die Reichen.

     

    Und wer zahlt bei uns auch noch die Zeche für die Talfahrt gewisser EU Problemländer ? Genau auch das zahlt der deutsche Steuerzahler.

  • S
    Schrittweise

    ich denke ich bedanke mich einmal bei der taz - die dauernde ernsthafte Kampagne hat Wirkung und Reaktionen.

     

    Nein, ein vorläufiges Beschäftigungsverbot gegen drei Mitarbeiter ist kein Bauernopfer.

     

    Es ist ein Teil einer Kette von Maßnahmen, an deren Ende hoffentlich die Schließung des oder der Heime steht.

     

    Aber richtig: es gibt in den Jugendämtern auch Leute, die davon überzeugt sind, dass diesen Jugendlichen der Willen gebrochen werden muss und sie haben dafür Gesetze und Gutachter wie Bernzen.

     

    Das geht aber nicht alles auf einen Schlag

  • RB
    Rainer B.

    Das reicht absolut nicht! Hier will man doch nur Luft rausnehmen und weiter vertuschen. Das riecht einfach stark nach Arschrettung.

     

    Nicht die Probleme der Jugendlichen stehen hierbei im Vordergrund, sondern die Probleme des Betreibers und der politsch Verantwortlichen will man möglichst geräuschlos im Status quo versanden lassen.

     

    Dran bleiben!

  • E
    Elli/Brandenburg

    Bauernopfer nennt man das dann wohl!Bleibt zu hoffen, dass es nicht dabei bleibt.Die Verantwortung für die päd.Arbeit und dafür zu sorgen,dass Mitarbeiter ihre Position den Jugendlichen gegenüber nicht mißbrauchen,liegt dann wohl bei Leitung,Geschäftsführung und nicht zuletzt auch beim Landesjugendamt, wenn es immer wieder zu Vorwürfen, Anzeigen usw. kommt.Welches Interesse bestand, diese Anzeigen, Vorwürfe nicht konsequent zu verfolgen, sondern eher noch die Mitarbeiter mundtot zu machen? Wem ist damit gedient? Bei dem enorm hohen Kostensatz müsste ein gut ausgebildetes, aus verschiedenen Proffessionen bestehendes Team mit ausreichend Mitarbeitern für die Jugendlichen zur Verfügung stehen. Denn dann ist es auch möglich mit diesen "schwierigen" Kid´s zu arbeiten, die nun mal da sind.Wo war also die Kontrolle? Was ist mit dem vielen Geld passiert?Den einzelnen Miarbeiter zu beurlauben, dient wohl eher der Beruhigung der Öffentlichkeit. Aber irgendwie wundert das nicht, ist es inzwischen doch auch politischer Alttag in allen Bereich.

  • R
    routier

    Vieleicht sollte man die Geschichte der DDR auch mal so gründlich aufarbeiten, um zu sehen wer wozu geeignet ist.

    Im Osten geht leider nur die Sonne auf, sonst nichts.

    ciao

  • SG
    Schmidt Georg

    für alle, die nicht mit dem System vertraut sind, ein Beispiel: Schulbusse, bei uns werden die Schulkinder mit öffentlichen Bussen transportiert, sag ich mal, diese Busse sind zu Stosszeiten gnadenlos übrfüllt, teilweise können nicht alle Kinder mitfahren-jetzt gibt es beim Schulamt eine/n Bearbeiter/in, die schreibt man an, die antwortet, dass man den Busverkehr einem privaten Unternehmer übergeben hat, man wird sich aber drum kümmern-dann bekommt man eine Nachricht, dass alles ok ist, die Busse sind zwar überbelegt, aber im Tagesdurchschnitt stehen genügend Busse zur Verfügung, die Kinder müssten nur, statt um 8Uhr eben den Bus um 7Uhr nehmen, die hätten noch ausreichend Platz-also-die Kommune übergibt eine Aufgabe an einem privaten Unternehmer und ist alle Sorgen los !

    Im Falle Hassenburg kann man noch anfügen, dass man horrende Steuergelder ausgibt ( ist ja nicht das eigene) nur um die Kinder vom Hals zu haben!

  • A
    alex

    Wieso heißt es hier nicht drei Mitarbeiter/innen?

  • SG
    Schmidt Georg
  • Y
    Yep

    Der eigentliche Skandal ist doch, dass Kinderheime überhaupt in privater, gewinnorientierter und dann auch noch mit "beschränkter Haftung" ausgestatteter Hand sind. Das kann auf Dauer niemals gut gehen.

  • T
    T.V.

    Vielleicht sollte man das Bildungsministerium auch mal "verschärft beobachten". Mancher Staub scheint ja etliche Jahrzehnte alt zu sein.

  • T
    TeeJay

    Sind die denn völlig bescheuert? Was hilft es den Kindern, wenn 3 Mitarbeiter entlassen werden. Die Fäden werden da doch wo ganz anders gezogen. Entlassen worden wären sie auch, wenn sie den Anweisungen nicht Folge geleistet hätten. Die Problemlösung in diesem Land ist mehr als skurril.