Bau des Berliner Flughafens: Feuer und Rauch sprechen dagegen
Entrauchung, Sprinkleranlage, Schließsystem: Die Brandschutzprobleme am Flughafen sind gewaltig und vielfältig. Die Kosten könnten weiter steigen.
BERLIN taz | Heiß und nebulös geht es derzeit im Terminal des Flughafens Berlin-Brandenburg zu: Mitarbeiter lassen erhitzten künstlichen Nebel aufsteigen, um die Brandschutzanlage zu testen. Eigentlich wollten sie damit bis Ende Februar zeigen, dass der Rauch wie gewollt abzieht und die gesamte Anlage nun endlich funktioniert.
Doch schon jetzt, Anfang Januar, ist klar: Daraus wird nichts. Die Brandschutzanlage bleibt das Problem am Pannen-Flughafen, der Eröffnungstermin 27. Oktober 2013 ist deshalb nicht zu halten. Frühestens 2014 könnte der Flughafen ausreichend sicher für den Brandfall gesichert sein.
Zu vielfältig sind bisher die Probleme: So machen Abweichungen von der Baugenehmigung in der Gepäckausgabehalle zusätzliche Schutztüren notwendig; ansonsten könnte sich Rauch von einem Geschoss ins andere ausbreiten. Im Bereich der Abfluggates muss die Anlage so umgestaltet werden, dass der Rauch aus jedem Geschoss einzeln und nicht, wie eigentlich geplant, geschossübergreifend abziehen kann.
1996, bei Gründung der Projektplanungsgesellschaft für den neuen Flughafen Berlin-Schönefeld, wurde festgehalten, dass der Airport 2006/2007 in Betrieb geht.
1999 war man sich dann sicher: Der Flughafen kann im Jahr 2007 starten. 2000 sagte Berlins damaliger Regierungschef Diepgen: „Die Eröffnung im Herbst 2007 ist realistisch und erreichbar.“
2002 hieß es dann, die Eröffnung sei für 2008 oder 2009 geplant.
2003 glaubten die Verantwortlichen: 2010 wird das Projekt fertig.
Im September 2006 begann endlich der Bau. Nun war man sich sicher, dass der Airport gewiss zum 30. Oktober 2011 eröffnet wird.
Anfang 2011 ist der Bau ein Jahr im Rückstand. Deshalb neuer Eröffnungstermin: 3. Juni 2012.
Anfang Mai 2012 stellt sich heraus, dass die Brandschutzanlage nicht funktioniert. Neuer Termin wird nun der 17. März 2013.
Doch auch dieser Tag ist nicht zu halten. Im September 2012 wurde bekannt, dass die Eröffnung auf Oktober 2013 verlegt werden muss.
Im Dezember 2012 funktioniert das Brandschutzsystem immer noch nicht. Deshalb muss die Eröffnung von BER am 7. Januar 2013 erneut verschoben werden. Ein neuer Termin steht noch nicht fest. Spekuliert wird über Frühjahr oder Herbst 2014 oder auch erst mit dem Jahr 2015. (klh)
Probleme bereiteten auch die Sprinkleranlage sowie das automatische Schließsystem. Weder der seit 2005 amtierende Flughafen-Chef Rainer Schwarz noch der Mitte 2012 eilig verpflichtete Technik-Geschäftsführer Horst Amann vermochten die Beseitigung all dieser Mängel ausreichend schnell auf den Weg zu bringen.
Die „Achillesferse“ des Projekts
Aber nicht die einzelnen Bestandteile des Brandschutzsystems, sondern deren Zusammenspiel sind wohl hauptverantwortlich für die abermalige Verschiebung, meint der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes für Technischen Brandschutz, Wolfram Krause: „Der Brandschutz ist stets die Achillesferse eines solchen Projekts, da sich immer erst am Schluss der Bauarbeiten herausstellt, ob alles zusammen funktioniert.“ Folglich trügen die Generalplanungsfirmen des Projekts die Verantwortung. Die hatten die Verantwortlichen schon nach der Verschiebung im vergangenen Mai gefeuert.
Dass ihre Überforderung öffentlich bekannt wurde, das ist dem Landrat des brandenburgischen Landkreises Dahme-Spreewald, Stephan Loge, zu verdanken: Der Flughafen liegt in seinem Landkreis, er verweigerte schon im vergangenen Jahr die Genehmigung für die fehlerhafte Brandschutzanlage. Loges Nein sei keine Selbstverständlichkeit gewesen, sagt Brandschutzexperte Krause: „Früher haben das die Verantwortlichen bei solchen Projekten oft lockerer gesehen und Kompromisse gemacht, richtig funktionieren mussten die Brandschutzanlagen dann oft erst im laufenden Betrieb.“ Dabei sei gerade bei Neubauten die Gefahr für Brände besonders hoch.
Neue Klagen wegen Schallschutz
Indessen ist der Brandschutz nicht das einzige Problem: Ein Großteil der 1,2 Milliarden Euro Mehrkosten, die die Anteilseigner Berlin, Brandenburg und der Bund erst kürzlich lockermachten, entfällt auf den Schallschutz: Ein Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zwang den Flughafen zu massiven Nachbesserungen seiner Planungen.
Und nicht einmal diese gehen Anwohnern weit genug: Sie haben neue Klagen eingereicht, die für weitere Kostensteigerungen sorgen könnten, ebenso wie die Verlängerung der Bauarbeiten durch die Verschiebung der Eröffnung. Schon jetzt liegen die Gesamtkosten für den Flughafen bei 4,3 Milliarden Euro. Das ist doppelt so viel wie anfangs kalkuliert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert