piwik no script img

Papieratlas 2019 vorgestelltRecyceln statt Regenwald roden

Der „Papieratlas 2019“ zeigt: Behörden und Unis nutzen immer mehr wiederverwendeten Rohstoff. Trotzdem ist Deutschland das Welt-Papier-Land.

Müll, der wiederverwendet werden kann: Recyceltes Papier spart bis zu 60 Prozent Wasser Foto: dpa

Berlin taz | Schulen, Universitäten und städtische Behörden nutzen immer mehr recyceltes Papier. Das ist das Ergebnis des am Dienstag vorgestellten „Papieratlas 2019“, den die Initiative Pro Recyclingpapier (IPR) herausgegeben hat. Dahinter verbirgt sich ein Wettbewerb, bei dem Städte, Universitäten und Landkreise ausgezeichnet werden.

Die IPR verleiht den Preis in drei Kategorien: die Erstplatzierten, die „Aufsteiger des Jahres“ sowie die Mehrfachsieger, die auffällig seien, weil sie „konstant auf höchstem Niveau“ recyceltes Papier nutzen. Beim Städtewettbewerb lag Oldenburg vorn: Wie in 15 anderen Städten liegt der Anteil des Recyclingpapiers dort bei 100 Prozent.

Oldenburg zeichnet sich laut IPR dadurch aus, dass Bürger:innen Recyclingpapier auch in Bereichen wie öffentlichen Schulen oder externem Schriftverkehr nutzen. Der Kreis Ahrweiler steigerte seinen Verbrauch von Recyclingpapier um 100 Prozent und ist „Aufsteiger des Jahres“ bei den Landkreisen. Die recyclingfreundlichste Hochschule ist die Technische Universität Karlsruhe.

Den „Papieratlas“ gibt es seit 2008. Er zeigt, welches Papier deutsche Kommunen und Hochschulen nutzen. Damit will die IPR motivieren, öfter Recyclingpapier zu nutzen. 180 Kommunen und Hochschulen nahmen 2019 teil, laut IPR so viel wie noch nie.

Deutschland ist größter Papierverbraucher

102 Städte nutzen durchschnittlich 89 Prozent Recyclingpapier mit dem Siegel „Blauer Engel“, so die IPR. Das liege über der bisherigen Bestmarke und spare Ressourcen: 530 Millionen Liter Wasser und 110 Millionen Kilowattstunden Energie.

240 Kilogramm Papier verbrauche jede*r Deutsche pro Jahr – Weltrekord. Über eine Millionen Tonnen Zellstoff würden deswegen aus Brasilien importiert

Die Bundesumweltministerin und Schirmherrin des Projekts, Svenja Schulze (SPD), wies darauf hin, dass in Deutschland der Papierverbrauch steigt: „Man meint, das sei durch die Digitalisierung nicht so. Dabei verbrauchen wir mehr Papier als vor zwanzig Jahren.“

Deutschland sei mit 240,3 Kilogramm pro Jahr und Kopf der weltweit größte Papierverbraucher. Der meiste Zellstoff werde aus Brasilien importiert. Pro Jahr seien es über eine Million Tonnen. Schulze rief auf, Recyclingpapier zu nutzen: „Dafür muss kein Baum gefällt, kein Regenwald niedergebrannt und kein Tier aus seinem natürlichen Lebensraum vertrieben werden“, sagte sie.

„Wenn Papier, dann Papier mit dem ‚Blauen Engel‘.“ Das sei das anspruchsvollste Siegel für Nachhaltigkeit bei der Papierherstellung. Im „Papieratlas“ wird das Siegel mit einbezogen: Recyclingpapier gilt dort nur als solches, wenn es das Siegel „Blauer Engel“ trägt.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • "Dafür muss kein Baum gefällt, kein Regenwald niedergebrannt ....“,



    Ggf. mal Frau Schulze darauf hinweisen, dass wenn Bäume verbrannt werden das mit dem Papier aus Asche halt auch schwierig wird, so rein emotional-argumentativ.

    • @Tom Farmer:

      Die tropischen Plantagen für Bäume zur Zellstoffproduktion (die dort schon nach ca. 7 Jahren wieder geerntet werden) werden erst angelegt nachdem die ursprüngliche Vegetation gerodet ist. Wenn das vorher Regenwald war, wird der meist niedergebrannt, weil gemischtes Holz für den industriellen Prozess unpraktisch ist, und die Zellstofffabriken in vielen Fällen erst gebaut werden, wenn genug Plantagenholz verfügbar ist.

      Aber auch Recyclingpapier ist aus Holz, ein gewisser Frischfaserinput in den Kreislauf ist unvermeidlich.

  • Nicht weniger ist mehr, sondern umgekehrt wirkt die kapitalistische Wirtschafttslogik. Nur nicht an die "papierfreies Büro" Propaganda bei der PC Vermarktung Mitte der 80er denken!