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Kommentar Russisches MilitärmanöverKulisse der Omnipotenz

Klaus-Helge Donath
Kommentar von Klaus-Helge Donath

Das Manöver „Sapad 2017“ ist ein PR-Erfolg. Die Bedrohung ist aber unbedingt ernstzunehmen – wenn auch nicht unmittelbar.

Ein weißrussisches Militärfahrzeug in Weißrussland Foto: Vayar Military Agency/dpa

S chon im Vorfeld des Manövers „Sapad 2017“ jagte Russland dem Westen gehörige Angst ein. Vom größten Manöver seit Ende des Kalten Kriegs ist inzwischen die Rede. Fast könnte der Eindruck entstehen, Hunderttausend Soldaten stünden Gewehr bei Fuß an der Westgrenze.

Diese Vermutungen und Ängste beruhen nicht auf russischen Quellen. Moskau tut unterdessen nichts, um dem entgegenzuwirken. Im Gegenteil überlässt es den Westen seinen Fantasien.

So war das Manöver, noch bevor es angefangen hat, bereits ein genialer PR-Erfolg. Russland wird so wahrgenommen, wie sich der Kreml präsentiert – omnipotent und omnipräsent.

Und Europa fühlt sich unwohl. Aus Sicht des Kremls, der sich zum Hort traditioneller Werte erklärt, ist dieses Unwohlsein ein Zeichen west­licher Verweichlichung und mangelnder Wehrhaftigkeit. Nicht zuletzt bedeutet das im russischen Verständnis auch ein Moment des Sittenverfalls. Überdies weiß der Kreml, dass die Aufmerksamkeit nach Großübungen schnell schwindet. Russlands Truppen schlagen nicht zu, solange die Welt zuschaut. Auch auf der Krim und in Georgien verging nach den Manövern erst einige Zeit.

Moskau lebt vom Aufmerksamkeitsdefizit des Westens, der die Bedrohung gern verdrängt

Moskau lebt vom Überraschungsmoment und vom Aufmerksamkeitsdefizit im Westen. Die Bedrohung wird dort gerne verdrängt. Nicht die Militärs neigen dazu – Öffentlichkeit und Politik laufen Gefahr, sich Illusionen über den Nachbarn hinzugeben.

Die Bedrohung ist aber unbedingt ernst zu nehmen, wenn auch nicht unmittelbar. Das russische Herrschaftssystem wird immer unberechenbarer. Woher wollen wir wissen, ob ein Kremlchef unter innenpolitischem Druck nicht eines Tages zum militärischen Befreiungsschlag ausholt? Ausgeschlossen ist es nicht, auch wenn er sich nicht gegen die Nato richten dürfte. Schließlich wurde die Krim vor nicht allzu langer Zeit „heimgeholt“, um Dampf aus dem heimischen Kessel zu lassen.

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Klaus-Helge Donath
Auslandskorrespondent Russland
Jahrgang 1956, Osteuroparedakteur taz, Korrespondent Moskau und GUS 1990, Studium FU Berlin und Essex/GB Politik, Philosophie, Politische Psychologie.
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6 Kommentare

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  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    Interessante Doppelmoreal. Bei jedem noch so kleinem NATO-Manöver tobt hier die Kritik (und sachliche Kritik mag gegenüber der NATO durchaus gerechfertigt sein). Aber bei einem russischen Großmanöver herrscht Stille und Schweigen. Dabei gibt es auch Genügend gute Gründe dieses russische Manöver und die russische Politik zu kritisieren. Das was Rußland hier betreibt ist genau das selbe gefährliche Spiel wie es die NATO treibt. Keinen Deut besser. Wer A sagt, muss auch B sagen. Wer die USA und die NATO kritsiert, muss auch Rußland und sein Militärregime kritisieren. Ansonsten ist es Heuchelei!

  • "Das russische Herrschaftssystem wird immer unberechenbarer."

     

    Falsch!

     

    Russische Politik setzt sich für russische Interessen ein. Das ist Politik.

     

    "Länder haben keine Freunde. Länder haben Interessen" sagte Charles deGaulle einmal.

     

    Werter Herr Donath:

    Nennt sich auch Realität!

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @Jens Frisch:

      ""Länder haben keine Freunde. Länder haben Interessen"

       

      Und in Ihren Augen ist das also bei der russischen Großmachtsdiktatur gut und nur bei der us-amerikanischen Imprialdiktatur böse?

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @Jens Frisch:

      "Russische Politik setzt sich für russische Interessen ein. Das ist Politik."

       

      Und ganz nach Clausewitz ist Krieg die Fortführung der Politik mit anderen Mitteln. Dem zufolge ist die militärische Annektion der Krimm (zu Mal unter Verletzung der Haager Landkriegsordnung) und die russische Beteiligung am Krieg in der Ostukraine auch nur die logische Fortsetzung der russischen Interssenpolitik. Schöner wie Sie habe ich noch niemanden den russischen Euphemismus formulieren sehen...

  • Lieber Herr Donath,

    ich befinde mich derzeit nicht in Russland, war vor langer Zeit zuletzt dort, und lese gerade deshalb gerne faktenbasierte Informationen von Korrespondenten - bevorzugt natürlich in "meinem" Medium, der taz.

    Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie daher Ihren Kommentar beispielsweise durch Quellen ergänzen würden. Ansonsten würde Ihr Beitrag besser in die ZEIT-Rubrik "fünf vor Acht" passen, was kein Kompliment ist.

  • Das Manöver erfüllt dennoch seinen Zweck. Wir neigen dazu Krieg nur dann als gegeben anzusehen, wenn die Kanonen knallen. Aber der Einsatz von Waffen ist nur ein Mittel zum Zweck, denn das Ziel des Krieges ist es den Willen des Gegners zu brechen um ihm den eigenen Willen aufzuwiegen. Die Annexion der Krim ist also ein kriegerischer Akt, der zu seiner Vollendung allerdings voraussetzt, dass wir das Ergebnis akzeptieren. Dies oder die Intervention Russlands in der Ostukraine zu akzeptieren führt im Endergebnis genau dazu, dass Russland bekommt, was ihm nicht zusteht.