Dortmunder Bahnhofsumbau: Endstation des Größenwahns
Er riecht nach Fäkalien und Pommesfett, Kinderwagenschiebende oder rollstuhlfahrende Menschen können nur vereinzelte Gleise ohne Hilfe erreichen. Außerdem ist der Dortmunder Hauptbahnhof nicht feuersicher und blau-orange gekachelt. Dass das kein guter Zustand für einen der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte von NRW ist, war Stadt, Land und Bahn schon vor zehn Jahren klar. Heute ist der Bahnhof noch genauso orange wie 1997 – und noch kaputter.
KOMMENTAR VON MIRIAM BUNJES
An mangelndem Förderwillen liegt das nicht. 130 Millionen Euro aus den sonst immer so leeren Staatskassen hatten Land und Bund der Stadt Dortmund zugesagt. Dafür kann man viele Kacheln abschlagen. Statt einer Renovierung musste es aber ein Prestigeobjekt werden, die Vision einer modernen Weltstadt, die schließlich zur Fußballweltmeisterschaft die ganze Welt empfangen sollte: 36.000 Quadratmeter Einkaufsfläche, 25.000 Quadratmeter Freizeitangebot, Türme, Dächer – insgesamt so viel Beton, dass damit das Westfalenstadion 15 Meter hoch gefüllt werden könnte, prahlte der Dortmunder Oberbürgermeister.
Diesem Größenwahn haben die 125.000 Dortmunder Hauptbahnhofsbenutzer den Schrotthaufen zu verdanken, den sie täglich durchqueren. Für die Stadtfürsten haben natürlich Bahn und Investor Sonae Schuld.
Und die haben tatsächlich ein Lehrstück in ineffizienter Bürokratie hingelegt: Die Bahn wollte sich schon 2002 aus dem Projekt zurück ziehen, hat entsprechend taktiert und alle möglichen rechtlichen Einwände einmal ausprobiert. Und der Investor hat dann noch unfassbare sechs Jahre für einen Kostenvoranschlag gebraucht. Das Planungsdesaster war bei einem derartigen Mammutprojekt programmiert. Doch OB Langemeyer konnte sich viel zu lange nicht von seiner Seifenblase verabschieden. Jetzt werden wahrscheinlich sogar noch die Kulturhauptstadt-Touristen 2010 durch stinkend-orange Gänge gehen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen