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AfDler im Verfassungsschutz in SachsenRechter Funktionär wird versetzt

Ein Verfassungsschützer, der auch Mitglied der AfD ist, verharmloste im Fernsehen eine rechtsextreme Gruppe. Nun soll er woanders arbeiten.

Der Verfassungschutz läuft privat mit: Gemeinsamer Aufmarsch von AfD, Pegida und Neonazis in Chemnitz Anfang September Foto: ap

Der sächsische AfD-Funktionär Hendrik Seidel arbeitet nicht mehr beim Landesamt für Verfassungsschutz (VS). Der Mitarbeiter sei „zunächst befristet in eine andere Behörde versetzt“ worden, teilte das Landesamt aus Dresden mit. Seidel ist zugleich Leiter des AfD-Landesfachausschusses 5, der zuständig ist für die Erarbeitung von Konzepten im Bereich Innere Sicherheit, Justiz und Datenschutz. Seine Beschäftigung beim Verfassungsschutz steht seit Jahren in der Kritik.

Im September hatte das ARD-Politikmagazin „Panorama“ Seidel interviewt: Vor laufender Kamera erklärte der Mann mit Glatze und Brille, es gebe keinen Widerspruch zwischen seinem politischen Engagement und seiner beruflicher Tätigkeit. Am 1. September sei er auch privat beim sogenannten „Trauermarsch“ der AfD in Chemnitz gewesen, bei der auch zahlreiche Neonazis mitmarschierten. Rechtsextreme habe er bloß vereinzelt gesehen, sagte Seidel und bedauerte, dem Pegida-Gründer Lutz Bachmann vor Ort nicht „Guten Tag“ gesagt zu haben.

Er widersprach zudem den Einschätzungen des Bundesamtes und des sächsischen Verfassungsschutzer zur „Identitären Bewegung“. Die Ämter stufen die Identitären als rechtsextrem ein. Seidel sagte aber, die Identitären würden lediglich „intelligente Aktionsformen betreiben“.

Vor knapp drei Jahren war das AfD-Mitglied schon der Linken Landtagsabgeordneten Kerstin Köditz aufgefallen. Bei der Vorstellung für einen Listenplatz zu Landtagswahl 2014 in Weinböhla versuchte Seidel mit seiner beruflichen Tätigkeit ein politisches Mandat zu erringen. Köditz bat 2015 den Präsidenten des Verfassungsschutzes um ein Gespräch.

Der taz sagte damals ein Sprecher des Amtes: „Wir geben grundsätzlich keine Auskunft zu personenbezogen Anfragen zu unseren Mitarbeitern und benachbarten Behörden“. Auch Köditz hörte von Mayer-Plath, dass „solche Fälle nicht ‚mit Außenstehenden‘ erörtert“ werden. Die Abgeordnete ist in der Parlamentarischen Kontrollkommission, die auch die Arbeit des Verfassungsschutzes kontrollieren soll.

Nach aktuellen Angaben ist ein ermahnendes Gespräch mit Seidel geführt worden. Der Mitgründer des AfD-Kreisverbandes Mittelsachsen soll auf seinem Dienstrechner seine Bewerbung für eine Landtagskandidatur geschrieben haben. Die Ausführungen zu den Identitären sind nun offenbar der Hauptgrund für die Versetzung, berichtet „Panorama“. Aus datenschutzrechtlichen Gründen dürfe das Amt keine weiteren Informationen mitteilen, hieß es.

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11 Kommentare

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  • ich empfehle die Situationsbeschreibung in diesem Artikel von Claudia Krieg:



    www.akweb.de/ak_s/ak642/44.htm



    Leichte Sprache: Ostdeutschland



    Diskussion Die Verständigungsversuche zur Lage nach Chemnitz kommen zu spät.

    Am Abend des 22. scheint dann mit dem Podiumsbeitrag von Vincent Bababoutilabo von der Initiative Schwarze Deutsche (ISD) eine Verständnislücke auf. Was gerade geschehe, mache ihn »fassungslos«. Rechtsstaat und Medien schweigen nicht etwa nur angesichts dessen, was geschieht, nein, sie agieren, als gäbe es all das Engagement so vieler Vereine nicht: die Arbeit zur Aufklärung des NSU-Terrors und zur Verstrickung staatlicher Behörden, das Bemühen um Demokratieförderung und politische Bildung, den Kampf gegen Rassismus und für Menschenrechte. In Sachsen und in vielen Regionen Ostdeutschlands ist aber genau dies politischer Alltag.

  • Man sollte einmal einem s.g. "Sachsen- und/oder Verfassungsschutz-Sumpf" nicht so großkotzig gegenüberstehen.



    Der AfD wird mittlerweile mehrheitlich von der Seite derer, die sich als Einkommensverlierer (dazu gehört auch Stagnation) bezeichnen können zugesprochen (vgl. Michael Hartmann).



    Zu diesen Verlierern gehören ebenso weite Teile des öffentlichen Dienstes. Dort heißen bekanntlich nicht alle "Maaßen" oder erhalten eine B 9 oder B 11.

    • 9G
      91672 (Profil gelöscht)
      @Gerhard Krause:

      Gut, dann versuchen wir mal, dem 'Sachsen- und/oder Verfassungsschutzsumpf' positiv gegenüberzustehen. Der Einkommensverlierer Seidel musste gleich 3 Jobs annehmen, um über die Runden zu kommen: Verfassungsschützer, AfD-Funktionär und V-Mann im Bereich Pegida, Identitäre und AfD.



      Mit Ihrem Denkansatz bekommt man auch gleich ein besseres Verständnis dafür, warum in Sachsen die verschiedenen Bereiche von Polizei bis Politik, Verfassungsschutz bis Justiz weitgehend optimiert und zusammen gelegt wurden. Und in Ihrer Freizeit müssen die Herrschaften auch noch das Demonstrieren übernehmen, daß die Touristen den guten Eindruck mit nach Hause nehmen, daß sich was tut im Freistaat.



      Alles ein Einkommensproblem.

      • @91672 (Profil gelöscht):

        Die AfD bleibt, zumindest derzeit, ein aufgrund bestehender sozialer Krise aufgepumpter "Zweckverein". Forschungen wie die von Michael Hartmann sollten eine Lehre sein, den Neoliberalismus zu überwinden.



        Und wenn Sie sich, lieber Herr Dr. Superschlau, ein spezielles Zellgeflecht, Ihr Seidel, als repräsentativ auserwählen, um (Wollten Sie dies in etwa sagen?) Teile des öff. Dienstes in Sachsen mit einem rechten Label zu versehen, dann bleiben Sie doch bitte nicht so streng in den von Ihnen genannten Einzelfall, sondern streuen Sie Ihre Anschuldigungen wenigstens über mehrere Betroffene.



        Die stellen wir dann "soziologisch" korrekt der Gesamtzahl der Angehörigen der von Ihnen genannten Behörden, oder, falls dies nicht möglich ist, eben des gesamten öff. Dienstes in Sachsen gegenüber.

        • 9G
          91672 (Profil gelöscht)
          @Gerhard Krause:

          Ich habe mich ganz neutral zum Inhalt des taz-Artikels geäußert (steht unter Ihrem jetzigen Beitrag).



          Dann kamen Sie mit Ihrem Rundumschlag über die armen Verlierer und Stagnierer, die jeden rechten Krawall in Sachsen rechtfertigen sollten. Und dann habe ich mich mal zur Probe auf Ihre Seite gestellt und jetzt ist es wieder nicht recht, großer Herr Oberlehrer.



          Vielleicht habe ich das mit den vielen Rechten in Sachsen auch nur geträumt und es stimmt überhaupt nicht.

          • @91672 (Profil gelöscht):

            1. Mir reicht "Lehrer", im Buddismus macht das schon 'was her.



            2. "Sie" sollten, siehe mein Eingangsstatement, "dem" in Sachsen nur nicht, Zitat, großkotzig gegenüberstehen. Wären Sie hermeneutisch beschlagen, könnten Sie erkennen, dass in meinem von Ihnen aufgegriffenen Satz die Grundeinstellung abstrakt von der Rechtfertigung ist.



            3. Mit Bezug zu 2. machen Sie den Fehler der meisten Studenten - Sie packen (eigenen) Sachverhalt zum Sachverhalt hinzu. Da bin ich empfindlich, als säße ich mit dem Hinterteil auf einer schmerzenden Warze.



            4. Sie sind durchgefallen.

            • 9G
              91672 (Profil gelöscht)
              @Gerhard Krause:

              Sie sollten noch an ihrer Interpunktion arbeiten, auch die Kennzeichnung von Zitaten ist nicht optimal, sich mehr mit dem Artikelinhalt der Zeitung beschäftigen, zu der sie Blogbeiträge schreiben, Ihren akademischen Kram weglassen oder wenigstens unter ihr Hinterteil packen und sich dann auch mal mit den sächsischen Eigenheiten befassen.



              Vielleicht können Sie den Pegidisten mal einen Vortrag über Buddhismus halten und die Frage stellen, ob es besser ist, in sich zu gehen und nachzudenken oder Tag für Tag rumzupöbeln und lauter haßerfüllten Stuss rumzuschreien.

  • 9G
    91672 (Profil gelöscht)

    Dieser von der CSU so hochgelobte und geschätzte Herr Maaßen braucht doch sicher in seinem neuen Job noch einen hochqualifizierten Mitarbeiter, der sich mit den Verhältnissen im rechtsgerichteten Freistaat gut auskennt. Und vielleicht könnte der sächsische Verfassungsschutz den Herrn Höcke einstellen, um den Verlust wieder auszugleichen (AfD-Alternative für Dresden).

  • Persönlicher Assistent des Sonderberaters im Innenministerium.

  • Wetten Dass: Der Herr landet bestimmt in der Ausländerbehörde....

  • “(…) Das ist der Sachsen-Sumpf. (…) Und es gibt eben bis in das Ministerium – und auch in anderen Ministerien in Dresden – diese Grundhaltung. Bitte vergessen Sie nicht, was wir durch den NSU-Terror wissen: Dort war auch Sachsen die Hochburg (…) und das Rückzugsgebiet in Zwickau und Chemnitz. Diese Netzwerke wurden nicht aufgearbeitet (…).“ (Auszug aus einem Interview mit Thomas Wüppesahl v. 30.08.18; Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten, Hamburger Signal, e.V)

    de.indymedia.org/node/23914