Reform des Arbeitslosengelds: Leyen rechnet sich Hartz IV passend
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ermittelt Schwarz-Gelb die Hartz-IV-Sätze neu. Der Wohlfahrtsverband befürchtet "Manipulation".
BERLIN taz/dadp | Die Hartz-IV-Sätze werden momentan neu ermittelt - doch möglicherweise haben die Langzeitarbeitslosen nichts davon. Am Ende könnte wieder der alte Satz herauskommen, der für einen Erwachsenen derzeit 359 Euro monatlich beträgt. Wie die Süddeutsche Zeitung am Mittwoch berichtete, erwägt die Regierung offenbar, die statistischen Grundlagen für die Hartz-IV-Berechnungen gezielt zu verändern, damit die Sätze nicht steigen.
Die Hartz-IV-Sätze werden auf der Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) berechnet, die das Statistische Bundesamt alle fünf Jahre erhebt. Dazu werden 60.000 Haushalte in Deutschland befragt. Die jüngsten Daten stammen von 2008, doch weil die Auswertung Jahre dauert, liegt die Statistik erst jetzt komplett vor.
Bisher wurden die Hartz-IV-Sätze ermittelt, indem die Lebenshaltungskosten der ärmsten 20 Prozent der Bevölkerung betrachtet wurden - wobei die Langzeitarbeitslosen schon vorher herausgerechnet wurden. Von diesen Durchschnittswerten wurden dann noch Abschläge vorgenommen, um die Hartz-IV-Sätze festzulegen. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, arbeitet das Arbeitsministerium jetzt an diversen Modellrechnungen, zu denen auch eine Variante gehöre, in denen als Referenzgruppe nur noch die ärmsten 15 Prozent herangezogen werden.
"Damit würde der Hartz-IV-Regelsatz verkleinert", kritisiert Rudolf Martens vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. "Mit dieser Manipulation lässt sich die Berechnung an die politischen Vorgaben anpassen."
Die Regierung äußerte sich am Mittwoch nicht zu ihren diversen Modellen, sondern wird ihre Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze in zwei Schritten präsentieren. Am Montag wird zunächst die Rechenmethode vorgelegt. Eine Woche später, am 27. September, folgen dann die genauen Sätze, wie aus Koalitionskreisen zu erfahren war.
Die Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze war nötig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht im Februar moniert hatte, dass sie völlig intransparent berechnet wurden. Vor allem diverse Abschläge, etwa bei Transportkosten oder Strom, konnte das Gericht nicht nachvollziehen. Auch die Berechnung der Kinder-Sätze wurde verworfen, die derzeit je nach Alter bei 215 oder 251 Euro liegen.
Martens geht davon aus, dass die Hartz-IV-Sätze eigentlich 400 bis 420 Euro für einen Erwachsenen betragen müssten. Sollte die Regierung nun die Berechnungsgrundlagen ändern, ist für ihn "ein erneuter Gang vor das Bundesverfassungsgericht der logische Weg".
Die Regierung kümmert sich jedoch nicht nur um das harte Geld, sondern auch um die Symbolik. Die Grundsicherung für Arbeitslose - im Volksmund schlicht Hartz IV - soll womöglich einen neuen Namen bekommen. Die genaue Bezeichnung stehe aber noch nicht fest, erklärte das Arbeitsministerium. UH
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